32 gürtel aufbaut. Darüber lagern in unzähligen Bänken die lichtgrau gefärbten Dach¬ steinkalke, welche ein Einfallen nach Süden zeigen und im Norden mit scharfer Kante plötzlich und schroff abbrechen. Gleich über dem Schutzhause beginnt die Krummholzregion, welche in den Runsen noch tiefer hinabsteigt, von zahlreichen Streifen grüner Matten durchzogen wird und als Kühplan und Kühkar bis zum Schneefeld (1800 m) reicht. Nachdem wir ange¬ sichts der kühn aufragenden Spitzmauer die Krummholzregion durchstreift und der Flora unsere Aufmerksamkeit zugewendet haben, beginnt die Wanderung über das „Schnee¬ feld“. Es ist dies ein permanentes Firnfeld, das sich trichterförmig in einem Felsen¬ zirkus des Priel emporzicht zu dessen Schutthalden, über welche der steilansteigende Weg zur Ostwand des „Brotfall“ und durch die Brotfallscharte auf den breiten Rücken des Priel führt, wo man mit einem Male die unabsehbaren Steinwüsten des Feuertales mit den zahllosen Schneetrichtern, Schluchten, Schlünden, sageartig gezahnten Rippen und weißgrauen Steinkuppen, kurz die Karrenfelder im Dachsteinkalk des Toten Gebirges erblickt. Über tief zerklüftete und gespaltene Gesteine und über Felsblöcke des Rückens führt der Weg zur alten Pyramide, wo die Spitze mit dem Priel¬ kreuz auftaucht. Ein kurzer aber an großartigen Tiefblicken reicher Gang über den Grat bringt uns auf die höchste Zinne (2514 m) weit umher. Auch in dieser Felsen¬ wüste ist das Pflanzenleben nicht erloschen. Wo immer in einer Spalte der Wind etwas Erde zusammengeweht hat, haben sich gegen Sturm und Wetter abgehärtete Pflanzenbürger angesiedelt. Überwältigend ist der Ausblick auf der Prielspitze. Geyer (Zeitschrift des D. u. O. Alpenvereines, J. 1887, p. 419) sagt: „Fast unermeßlich eröffnen sich nach allen Seiten die Fernen, besonders nach Norden, hinaus über die lachenden Gefilde von Oberösterreich bis zu den blauenden Höhenzügen des Böhmerwaldes. Im grellen Gegensatz dazu taucht im Westen, Süden und Osten das ganze Gipfelmeer der Alpen¬ kette vom Zillertal bis zum Schneeberge, bald leuchtend im Firnkleide, bald in den dunklen Tinten des schneefreien Urgebirges, bald in den grell leuchtenden, kantigen und zackigen Gestalten der Kalkone, innerhalb welcher in ruhiger Majestät das Dach¬ steingebirge mit seinen Gletscher als Glanzpunkt der Rundschau aufragt. In nächster Nähe dagegen breitet sich eine trostlose Steinöde aus, wogen die Kuppen und Mulden des Toten Gebirges heran und herauf gegen ihren Beherrscher, dunkler schattiert in den tiefen Stufen, dann in grauen, monotonen, nur durch grelle Schlagschatten unterbrochenen Stellen, in deren Gewirr das Auge vergebens Höhen und Tiefen zu unter¬ scheiden sucht, endlich aber in schartigen verwitterten Steinschneiden und glitzernden Schneefeldern auslaufend auf unseren hohen Standpunkt“. Im Toten Gebirge selbst kann man beobachten, daß von einem zentralen Teil, dessen höchster Punkt der Große Priel ist, zwei Flügel ausgehen, ein nach Süden und ein nach Westen verlaufender, welche den schroffen Ost- und Westrand des Gebirges bilden. An den Großen Priel reihen sich nach Süden an: Die Spitzmauer (2446 m), der Hochkasten (2378 m), der Kleine Hochkasten (2347 m), der Hebenkas (2234 m), der Mitterberg (2219 m), der Kraxenberg (2197 m), der Brieglersberg (2118 m), die Gamsspitze (2001 m) und der Salzsteig (1684 m). Im westlichen Flügel erheben sich: Rotschier (2257 m), Rabenstein (2095 m), Woising (2061 m), Augstkogel (2008 m) und Hohe Schrott bei Ischl (1783 m). Zwischen diesen beiden Flügeln liegt die unabsehbare alpine Wüste des Toten Gebirges mit ihren wellenförmigen Erhebungen, seichten tellerförmigen Mulden, tiefen Rinnen, scharfen Rippen, brunnenartigen Schlünden, Löchern, Kesseln, Schneefeldern, isoliert aufragenden Kuppen, Steinklippen und ihren Hochgebirgsseen, bis sie sich zum Kammer-, Toplitz- und Grundlsee abdacht. Das ganze Tote Gebirge ist in zwei Gebirgsstöcke gegliedert, in die Gruppe des Großen Priels und in jene des Warscheneck, welche nur durch den schmalen Sattel am „Salzsteig“ zusammenhängen. In diesem Umfange erscheint das Tote Ge-
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