39. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1909

— 7 — zu verwerten. Es wurde 1902 eine Gesellschaft, die Atmospheric Products Company, mit einem Kapital von einer Million Dollars gegründet, der das Verdienst gebührt, zuerst einen wirklich ernst zu nehmenden Versuch gemacht zu haben, das Problem der Stickstoffverbrennung einer Lösung zuzuführen. Die Company mußte jedoch ihren Betrieb seit Sommer 1904 einstellen, da die von ihr verwendeten Apparate den großen Anforderungen nicht genügten. Bradley und Lovejoy gehen von dem Stand ­ punkt aus, daß zur Erzielung guter Ausbeuten die Verwendung hochgespannten (10.000 Volt) Gleichstromes erforderlich ist. Da es schwierig ist, solche Entladungen dauernd im Gang zu erhalten und in ihnen größere Mengen von Energie zum Aus ­ gleich zu bringen, so gaben sie ihrem Apparat die Form von ineinander rotierenden Trommeln, welche mit viel Platinelektroden besetzt waren, bei deren Annäherung, beziehungsweise Entfernung, sich fortwährend Funkenstrecken bildeten und wieder abge ­ rissen wurden. Das Verfahren hatte, wie gesagt, keinen Erfolg, weil die Apparate im Vergleich zu ihrer Leistung zu kostspielig waren. Die sehr günstigen Resultate, welche Lovejoy und Bradley mit ihrer Vorrichtung für die Erzeugung sehr dünner Bögen erzielten, sind durch den komplizierten und unzweck ­ mäßigen Bau der Apparate illusorisch gemacht worden. Durch die Anordnung Christian Birkelands, Professors der Physik an der Universität in Christiania, und des norwegischen Diplom-Ingenieurs S. Eyde. ist das Problem der Stickstoffverbrennung seiner technischen Verwirklichung sehr nahe gebracht worden. Da über dieses Ver ­ fahren bisher sehr wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, will ich dasselbe kurz schildern. Verfahren von Birkeland und Eyde. Professor Birkeland beobachtete bei Gelegenheit anderer Untersuchungen aufs neue eine Tatsache, die schon den älteren Physikern bekannt war, daß nämlich der Flammenbogen eines nicht zu hoch gespannten Wechselstromes sich scheibenförmig ausbreitet, wenn er sich in einem magnetischen Feld befindet. Die in dem mag ­ netischen Feld wirkenden Kräfte haben das Bestreben, die fortwährend entstehenden Flammen auszublasen. Der sonst kurze heiße Lichtbogen löst sich in eine Anzahl von nach zwei Richtungen sich teilenden Flammen auf, wodurch das Auge den Eindruck einer leuchtenden Scheibe gewinnt, die auf den magnetischen Kraftlinien senkrecht steht. Diese vom magnetischen Feld in der umgebenden Luft zerpeitschten Flammen besitzen ganz besonders die Fälligkeit, einerseits hohe Temperatur, anderseits große Abkühlungsgeschwindigkeit, also die Haupterfordernisse für die Stick- stoffverbronnung zu bieten. Es ist das Verdienst der Herren Birkeland und Eyde, welch letzterer die Leitung der zu diesem Zweck gegründeten Gesellschaft übernahm, die dieser Beobachtung entstammende Idee einer technischen Gewinnung von Salpeter ­ säure und Nitraten der Verwirklichung zugeführt zu haben. Die konstruktive Aus ­ gestaltung des Birkelandschen Phänomens zu einem brauchbaren Apparate für Luft- verhrennung und vor allem der chemische Ausbau der neuen Erfindung geschah durch Eyde, dem dabei eine Anzahl von geschulten Ingenieuren und Chemikern zur Seite stand. Die Wechselstrom-Hochspannungsflamme wird in mit Kupfer gepanzerte Öfen aus feuerfestem Ton eingeschlossen, durch welche ein kräftiger Luftstrom geblasen wird. Der Ofen ist so eingebaut, daß er sich gerade zwischen den Polen eines starken durch Gleichstrom erregten Elektromagneten befindet, die Elektroden sind sich so nahe gerückt, daß Kurzschluß entstehen würde, wenn nicht die magnetischen Kraftlinien den nötigen Widerstand liervorbringen würden. Die kupfernen Elektroden sind hohl und werden durch Wasser fortwährend gekühlt. Die bisher gebräuchliche Ofenform wurde später etwas abgeändert und erhielt das Aussehen einer Dose, wodurch der Ofen eleganter wurde.

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