39. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1909
Die technische flusnütjung des Luft-Stickstoffes. Von Dr. Ernst Geinsperger. o o o Der ungeahnte Aufschwung der technischen Wissenschaften im XIX. Jahrhundert und Hand in Hand damit die großartigen Fortschritte der Praxis führten zu Erfolgen, die alles auf technischem Gebiete bisher geschaffene übertreffen. Das neueste Problem der chemischen Technik, dessen Lösung ausschließlich dem XX. Jahrhundert angehört, die Stickstoffverbrennung, war eine Frage von so großer wirtschaftlicher Bedeutung, daß es wohl von Interesse ist, über die in ihren Details wenig bekannte Erfindung das Wichtigste mitzuteilen. Überführung des Luft-Stickstoffes in Stickstoffverbindungen durch verschiedene Einflüsse. Es ist zu verwundern, daß inan an die Verwertung des Luft - Stickstoffes nicht schon lange dachte, denn die Tatsache, daß beim Durchschlagen von Funken einer Elektrisiermaschine durch Luft ein»* chemische Reaktion vor sich geht, ist schon lange bekannt. Im Jahre 1785 beobachtet»* Cavendish, daß Wasserstoff, w«*mi er in überschüssiger Luft verbrannt wird, Wasser liefert, in dem geringe Mengen Salpetor- säur»* nachweisbar sind. Etwas später, 1786, fand derselbe Gelehrte und fast gleich zeitig Priestley, daß sieh der ganze Stickstoff eines Lultvolnms verbrennen läßt, wenn ihm genügend Sauerstoff und elektrische Energie zugefnhrt wird. Der Apparat, dessen sich Cavendish bei seinen Versuch«*« bediente, bestand aus zwei Bechem, die mit Qu»*cksilber gefüllt waren, das t»*ilweise auch die Schenkel d»*s verbind»*mb*n Hebers füllt. Man brachte das Qn»*cksilber in den Gläsern mit den Polen einer El«*ktrisi«*r- maschim* in Verbindung und ließ Fmik«n durch das Quecksilber und die eingeschlossem* Luft durchschlagen. Wurde über das Quecksilber in den Heber «*twas blau»? Lackmuslösnng gebracht, so n"t»*t»* sich dieselbe bald, wurde Ätzkali eingefnlirt, so entstand K NG,. Niemand dachte damals daran, daß dies»* Beobachtungen die Gnindlag»* für die Lösung des Stickstoftprobloms, der Gewinnung von Stickstoffderivat»-n ans der atmo- sphärischen Luft, bild»*n werd»*n. Wie wenig man die Bedeutung der Stickstoff- Verbindungen zu würdigen wußte, geht daraus h»*rvor, daß man im Jahn* 1825 die <*rst»* nach Europa gebrachte Schiffsladung von Salp»*t« r ins M»*er versenkte. weil man damit nichts anznfangen wußte. Es ist nun das groß»* Verdienst Liebigs, die Ernährung der Lebewesen unserem Verständnis näher gebracht zu haben. Salpeter säure und Ammoniak gewannen eine ganz, andere Bedeutung, seitdem man erkannt hatte, welch wichtig»* Roll«* beide im Lebensprozeß spielen. Wir wissen, daß das als Abbauprodukt der Salp»>t» ‘ rsäur<* auftretende Ammoniak, das sich immer vorfindet, wenn stickstoffhaltige organische Stoff«* verwesen, durch Organismen wieder in Salpetersäure zunnkverwan«l« ‘ lt werden kann. Im Rogenwasser kommen stets klein«* Mengen von Ammoniak vor, di«* t«*ilweise ans organischem Sticktoff stammen können, 1*
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