39. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1909

— 10 — Wenn auch manche der gehegten Erwartungen, die sich an das Problem der Stickstoff-Verbrennung knüpfen, nicht in Erfüllung gehen werden, so läßt sich doch mit Bestimmtheit behaupten, daß mit dem allmählichen Schwinden der natürlichen Salpeterlager einerseits, bei dein großen Bedarf an gebundenem Stickstoff anderseits, die Herstellung von künstlichen Nitraten zu wesentlich billigeren Preisen erst führen wird, sobald die Lager in Chile erschöpft sind. Heute kann man von großen Preisunter ­ schieden zwischen natürlichem und künstlichem Salpeter noch nicht sprechen, obwohl die Salpeterpreise in fortwährendem Steigen begriffen sind, was wohl zum Teil auf höhere Betriebskosten zurückzuführen ist. Es kosteten z. B. 100 kg Salpeter: 1895 14'85 Mark 1900 ............................................... 16 10 „ 1902 ............................. 16'20 „ 1904 ............................................... 19 10 „ 1906 ............................................... 22-25 B Auf die Kostenfrage näher einzugehen, würde zu weit führen, und möchte ich nur darauf hinweisen, daß diesbezüglich bereits Schätzungen von hervorragenden Fachleuten vorliegen. Das Bestreben der Forscher und Ingenieure ist darauf gerichtet, an Kraftkosten zu sparen, das heißt, größere Ausbeuten an Stickstoff zu erzielen. Es fiägt sich, wie dies zu erreichen wäre. Mit der Temperatur noch höher zu gehen als Birkeland und Eyde (ca. 3600°), hat keinen Zweck, da infolge der Unmöglichkeit, genügend rasch abzukühlcn, die höhere Stickoxydkonzentration auf die gegenwärtig erzielte Grenze fallen würde. Vielleicht ließe sich aber ein Ersparnis durch Ver ­ wertung der beträchtlichen Wärmemengen erzielen, die den Gasen zur Erhitzung auf die Rcaktionstemperatur zugeführt werden müssen. Gelegentlich wurde bereits über diese Sache gesprochen. Eine sehr wichtige Frage ist die nach der weiteren Verwertung des in den Öfen gebildeten Stickoxydes, beziehungsweise Stickstoffdioxydes. Es ist klar, daß die bestehenden Fabriken trachten, ihr Produkt selbst weiter zu verarbeiten und das Naheliegendste ist in dieser Beziehung ja die Ueberführung in Salpetersäure und Nitrate. O. Witt hält es für leicht, den verbrannten Stickstoff in die Form von Nitriten überzuführen. Es wäre dann nicht mehr nötig, diese von der Farben ­ industrio in großer Menge benötigten Stoffe durch Reduktion des Chilesalperters mit Blei, wie jetzt gebräuchlich, sondern durch direkte Synthese aus der Luft darzustellen. Die beiden wichtigsten Verbrennungsarton, durch welche die Stickstoff-Verbrennung ihre eigentliche große Bedeutung gewinnt, ist jedenfalls die Darstellung von Salpeter ­ säure einerseits, von Nitraten anderseits. Die letzteren finden zu ihrem weitaus größten Teil Anwendung als Düngemittel, was daraus hervorgeht, daß Deutschland von den 500.000 t Chilesalpeter, die im letzten Jahre importiert wurden, nur 100.000 für industrielle Zwecke verbraucht. Mit Rücksicht auf den großen Wert, welchen künstliche Nitrate für die Land ­ wirtschaft hätten, legte man der Beobachtung, daß dieselben, wenn nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden, stets nitrithältig sind, zu große Bedeutung bei. Man war der Ansicht, daß Nitrite ausgesprochene Pflanzengifte seien und suchte dieselben zu Nitraten zu oxydieren. Angestellte Düngeversuche haben bewiesen, daß von einer giftigen Wirkung nicht gesprochen werden kann, jedenfalls nicht bei unseren Kultur ­ pflanzen ; diesen Nachweis erbrachte v. Lepe). Das Verfahren von Birkeland und Eyde erlaubt es übrigens, ein vollständig nitritfreies Produkt herzustellen. Eine Absorption durch verdünnte Natronlauge oder Soda, also Darstellung von Natriumnitrat, wird sicher nicht in gar zu großem Mallstab durchgeführt werden. Dort, wo es sich um Düngezwecke handelt, wird man natürlich schon des Preises wegen das billigere Kalksalz vorziohen. Was die Herstellung von Kalziumnitrat anlangt, so ist diese Art der Bindung der Salpetersäure für Zwecke der Landwirt ­

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