39. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1909

— 8 — Es waren beträchtliche Energiemengen nötig, um das Verfahren praktisch durch ­ zuführen und die Dimensionen der Öfen, sowie die erforderlichen Kräfte wurden fortwährend gesteigert. In der Versuchsstation in Cbristiania war ein Ofen Tag und Nacht in Betrieb, der nicht weniger als 80 Kilowatt verbrauchte. Die zum Ausgleich kommenden Kräfte wurden noch fortwährend gesteigert, bis man endlich eine Grenze erreicht zu haben glaubte, über die hinaus ein rationelles Arbeiten nicht mehr möglich war. Die gegenwärtig im Betrieb befindlichen Oefen werden mit einem Energieaufwand von 500 — 700 Kilowatt betrieben, die Flammenscheibe erreicht einen Durchmesser von 2 m. Der Vorzug des Birkeland-Eydeschen Ofens besteht vor allem darin, daß bei einfacher Konstruktion die Verarbeitung großer Mengen elektrischer Energie gelingt, wodurch die Rentabilität der Anlage gesichert erscheint. In Norwegen, das von der Natur so reich mit Energiequellen gesegnet ist, wo von schroffen, steilen Gebirgen große Wasserfälle nioderstürzen, sind die ersten Versuchsanlagen zur technischen Verwertung der bisherigen Beobachtungen errichtet worden. Die Versuchsstation in Ankerlökken bei Christianis wurde aufgelassen und nun zwecks weiteren Studiums der neuen Erfindung eine neue größere Fabrik bei Arendal errichtet. Hier arbeiten Ingenieure und Chemiker fleißig an der Verbesserung der Betriebseinrichtungeu; der Birkeland - Eyde Ofen mußte zahlreiche Aenderungen durchmachen, so gab man z. B. der Flamme in letzter Zeit eine horizontale Anordnung. Nachdem die Versuchsstationen zur Zufriedenheit arbeiteten, wurde der erste technische Betrieb in dem Städtchen Notodden im Hitterdal erbaut, wo die Birkeland- Eyde-Oefen in vertikaler Anordnung mit einer Stromstärke von 5000 Volt betrieben werden. Die Wasserläufe des Hitterdals erweitern sich bei Notodden zu einem See, der durch eine Reihe von schiffbaren Uebergängen mit dein Shien-Fjord und dadurch mit dem Meere in Verbindung steht. Die erzeugten Waren können so auf dem billigen Wasserwege überallhin verschickt werden. In der Nähe von Notodden bildet der gewaltige Tin-Elf den Tinfos, dessen 20.000 PS gegenwärtig teilweise im Dienste der Gewinnung von Salpetersäure stehen, während 4 km weiter oben der Tin-Elf dm Svölgfos bildet. Dieser gewaltige Wasserfall, an dessen Nutzbarmachung eifrig gearbeitet wird, liefert 30.000 PS, welche ebenfalls für die Gewinnung von Salpeter ­ säure ausgenützt werden sollen. Noch größere Wasserkräfte stehen der Gesellschaft, die sich zur Ausnützung der beschriebenen Erfindung gebildet hat, in Südnorwegen zur Verfügung. Dort stürzt der aus dem See Mjosvand kommende Maanelf in vier Absätzen über 500 m tief hinab und liefert eine konstante Kraft von über 300.000 PS. Bei Ausbeutung dieser enormen Energiemengen, die pro PS und Jahr auf etwa 12 Mark zu stehen kommen, ist es möglich, Salpeter zu einem Preise zu erzeugen, der die Konkurrenz mit dem Chilesalpeter wohl aushält. Die Ausbeuten an Salpetersäure betragen, wie durch viele und genaue Messungen, die übereinstimmende Resultate ergeben haben, festgestellt wurde, zwischen 500 und 600 kg wasserfreie Salpetersäure pro Kilowattjahr. Von nicht geringerer Bedeutung als die technischen Einrichtungen zur Ver ­ brennung des Luftstickstoffes sind die chemischen Vorkehrungen, die zur Ueberführung des verbrannten Stickstoffes in Salpetersäure und zur Absorption der letzteren getroffen worden sind. Die Gase werden aus den Öfen zunächst in ein gemeinsames Rohr geleitet und werden bei dieser Gelegenheit sehr rasch abgekühlt ; die beim Austritt aus den Öfen herrschende Temperatur bewirkt jedoch keine Aendurung der einmal erreichten Stickoxydkonzentration. Um möglichst rationell zu arbeiten, werden die Gase ent ­ weder zur Dampferzeugung oder zur Konzentration der nach der Absorption erhaltenen Lösung verwendet. Dabei fällt die Temperatur der Gase um 400 0 und beträgt infolge weiterer Abkühlung in eigenen Vorrichtungen schließlich nur mehr 50°. Zur Ueber ­ führung des NO in NO« läßt man die Gase nun in zwei große Oxydationsbehälter

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