37. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1907

— 9 — Ai and Az der Bilder in die optischen Achsen der beiden Mikroskope einstellt (Justieren der Platten), wodurch wir ein stereoskopisches Raumbild erhalten, welches die Landschaft so wiedergibt, als ob wir dieselbe mit parallel gestellten Augenachsen und dem erweiterten Augenabstand Oi Oa betrachten würden. Bei der Ausführung der Messung verschiebt man zunächst das Plattenpaar gemeinsam — nämlich um x — derart, daß der zu bestimmende Terrainpunkt P an die linke Marke, welche sich in der optischen Achse des Mikroskopes befindet, zu liegen kommt. Sodann wird das rechte Bild mit der Schraube M derart verschoben — nämlich um die stereoskopische Parallaxe d — daß sich die Raummarke in gleicher scheinbarer Entfernung mit dem Raumpunkt P befindet. Auf diese Weise läßt sich aus der Stellung der beiden Schrauben M und m die Parallaxe jedes Punktes ablesen, und zwar kann die Genauigkeit dieser Ablesung infolge der Mikroskopvergrößerung bis auf im« gesteigert werden. Die spezifischen Vorzüge des Stereo - Komparators ergeben sich ans der Natur der stereoskopischen Meßmethode. In erster Linie kommt der Vorteil in Betracht, welcher in der durch das Sehen mit beiden Augen gewonnenen unmittelbaren Vor ­ stellung der Raum Verteilung entfernter Gegenstände begründet ist. Dadurch wird die für die Ausmessung und Vergleichung der Objekte auf verschiedenen Platten erforder ­ liche Zeit und Arbeit, insbesondere in Bezug auf die außerordentlich erleichterte Identifizierung gleicher Raumpunkte auf den Vergleichsplatten, auf ein Minimum reduziert. Ein weiterer Vorteil liegt darin, daß sich Plattenfehler und andere in Betracht kommende Störungen im stereoskopischen Gesichtsfelde sofort erkennen lassen. * ) Endlich ist die stereoskopische Meßmethode hinsichtlich ihrer Genauigkeit dem monokularen Einstellungsverfahren mittelst Fadenkreuzes oder Doppelfadens mindestens ebenbürtig, in der Mehrzahl der Fälle aber überlegen. Letzteres trifft insbesondere für Objekte mit mehr oder weniger scharfen Konturen zu, wie Nebelflecke, Kometen u. dgl., welche sich stereoskopisch fast ebenso sicher räumlich erfassen lassen, wie scharf markierte Punkte. Die stereoskopische Meßmethode eignet sich daher nicht nur für die Herstellung genauer topographischer Pläne, für die Konstruktion von Höhenkurven, Profilen und Modellen, für die Vermessung von Küsten und unzugänglicher Punkte im Hochgebirge, für die Herstellung von Plänen nach telestereoskopischen Luftballonaufnahmen, für die Revision von Baulichkeiten zum Zwecke des schnellen Auffindens etwaiger Senkungen, Verschiebungen und Ablösungen einzelner Teile usw., sondern auch für die messenden Untersuchungen der Astronomie, Metronomie, Meteorologie und Geologie. IV. Aenderung der Aufnahmebedingungen. Die im Stereo-Komparator beobachteten stereoskopischen Effekte sind nur in den seltensten Fällen identisch mit den wahren Tiefenunterschieden der räumlich verteilten Punkte in der Wirklichkeit. Das stereoskopische Verfahren gewährt in allen Fällen nur das bequeme und zuverlässige Hilfsmittel für eine schnelle Auffindung und Er ­ mittlung der diesen Effekten zugrunde liegenden Bildpunktverrückungen , aber die Deutung dieser Verschiebungen bleibt in jedem einzelnen Falle einer besonderen Unter ­ suchung vorbehalten. f • a Die eingangs abgeleitete Kardinalformel e = — r- d gilt — wie bereits erwähnt wurde — nur dann, wenn die Kameraachsen bei der Aufnahme gegenseitig parallel liegen und beide senkrecht zur Standlinie gerichtet sind. Denn nur in dieser „Norm al Stellung “ liegen die Bildebenen, d. h. die photo ­ graphischen Platten, in einer Ebene. ♦) a. a. 0. S. 31.

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