36. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1906

17 der grollen Anzahl von Bernfsstaatsm!nnem, saßen darin Gelehrte wie Jakob Grimm, der Philo•oph Ignaz Dölling,,r, der Ri•loriker Baomer, Gemnn• und der Turnvater Jahn, dann der alle Freiheitssänger Amdt, Uhland und so Yiele andere bedeutende Männer, Neben Ubland auf der Linken ••8 Anastasiu• Griin . Bekanntlich folgte aber auf diese ~lanzvolle Versammlung bald der Rdckechlag, und damit iog ,ricl, auch Anaetasios Grün bald von der politischen Welt ioriick; wie Walter ,on der Vogelweide sehnte ,och er sieb nach Roho und Frieden. Nur brauchte er nicht em um ein Lehen in oitten wie jener; er zog sich nach Grai zuriet und blieb dort bi• ans Lebensende. Sein sieb1.igster Gebnrletag W11rde im .Jahre 1876 feetlidi begang,,n, allein schon im Herbste desselben Jahree t!larb er. Anaetasius Grün begann als Lyriker mit 4em Jage11dwerke .matter der Liebe•, d1ts er 1880 noch unter seinem adeligen Namen reröft'entlichte. Diese Lieder unter- 1cheiden sieh noeh nitht w...ntlich von andern derartigen SeMp{ttngen, sind aber voll zarter Empfindungen und in einer aosgeieiehneteo metrischen Form Tiefe G9danken iberlloten sehon hier diOBe Dicbtongsn, wunderbare Bilder und Allegorfon Bießen wie Perlen aus dem Monde dOB Dichtere. Unmittelbar nach di.,.em Erstlings- werke tut der Dieht.er mit seinem grobrtigen hiotori•chen Heldengediehte hener, dem er den Namen ,Der 1<,tzte Ritter" gab. Mit dem ,Leuten Ritter• hd der Dichter eines der wenigen hisloris<Mn Epen ~schatren, da• wir in dent•cher Sprache kennen. Es ist auch •ehr begreiflich, daß die Gesehichte mit ihren starren Tatsachen und anscheinend unbegrllndeten Znsammen- oAngen ein Btoft' ist, den man geradezu als ltonstwidrig bezeichnen md. Namentlich enthält die G.,.chieble zu Tiel Llillgen, die, zwischen die wirklich fesselnden Ettignisse ,ich ein•cbiebeud, den Zosamlll9Dbong zerrei!en. So haben denn die Dichter l11 dem Auskunftsmittel gegritren, ~hichtliche Ereignisae, soferne lrie fesselnd lriod, unter A.usscheidong der langweiligen Teile wie Perlen attf einen Kram: attfureihen; allerding-s ,erdient ein solches Gedicht nicht mehr don Namen Epos and dOBhalb bat sowohl HerJer eeinen ,Cid" wie auch Awaslasi118 Griln •einffll .Letzten Ritter" als .Romanien- <ran•• beieichnet. Jeder Dichter, der dieoes Anskttnftsmittel nrochm!hta, mnete an d•m Gegensatze poetischer Ffille und histori•cher Dilrn •cheitam, wie Hamerling in :1einem .König ,.-oo Sion•. Das Gedicht von Anastasi118 Griin enth!lt also nicht die Mckenlo•e Darstellung des Leben• des leut.en Rittero, eondem bloß henorragende Begebenheiten aus dem roichbeweglen Dasein des Kaisers Maximilian. Der Slot!' mnDte den Dichter reiien, denn er enthielt alle Bestandteile, die für Anastasius Oriln Aniiehungolcraft hatten. Eretene war Maximilian ein Ahnherr des Habsburgemanse•, und österreichi•che Dichter des Vormärz besangen gerne die früheren Habsburger, so besang Ladislan• Pyrker ,Rudolf •on Habsburg" und Karl den V., Zedlitz in seinen Totenkr!nzen eine ganze Reihe •on Habsbnrgern, auch Grillp&rzer hat ja zwei Habsbnrgerdramen geschrieben, ~an• abgesehen von den zahlreichen kleineren poetischen Huldigungen, die dem Stamm- oause dargebraeht worden. Zweitens war Xaximiliau selbst ein Dichter und hat sein eigene• Leben in dem Epos ·•Thenerdank" und dem Roman „WeiOkttnig" geschildert. Drittens war Maximilian ein Ritter und in Anastasius Griin mttBte die romantisch<! Vorliebe fiir das Rittertum wach wonlen. Aber das we•enUiche an der Gestalt Maximilians war fiir Anastasius Grdn, dall Maximilian der letzte Ritter war, dd er in einer Zeit lebte, in der die neue Zeit mit ihrem neuen Gedankeninhalt mit Gewalt oereinbracb, g-erade wie im österreichischen VormArz. Die•• berauschend schllne Zeit !es sechzehnten Jahrhnnderts hat ja auf so viele Dichter befmchtend gewirkt, von IJoethee „Götz ,on Berliehingen" angefangen bis zum „Florian Geyer" Gerhard IIauptmann•. Es war eine Zeit, in der ein neues Leben aus dom Schutt des Mittol- olters stieg, ein Zeitalter, von dem mrich ,on Hutten sagte: ,,0 J ahrbundert, es ist eine Freude zu lebefl, denn die Geister sind wach!" Und ähnliche Gedanken mochten auch Anastaeins Griin bewegt haben, der ja in manchen Punkten dem gewaltigen 8

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