36. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1906

- 16 einen starken Erfolg gehabt, bei demselben Volke, das Kleists .Hermannscblacbt" ausge,iscbt hat. Aber der Erfolg des • Fechters" ist nicht nachhaltig gewesen und so ist der Tadel umso berechtigter als bei dem ,Sohn der Wildnis". Ein Kunst- richter (Richard Meyer) nennt das Stück Halms größte Sünde und sagt, daß in diesem Stücke das Thema vom neo zu erweckenden Gemeingefühl der Deutschen in einem G!adiatoronspiel mißbraucht wird, und Barteis nennt es .sensationell und ohne wahren historischen Sinn•. Dem gegenüber ist aber doch zu betonen, daß das Stück infolge der guten Charakteristik und der edl•n Sprache zu den besseren Scbi\pfnngen der deutschen Bühne gehurt, während allerdings der von Schlossar behauptete patriotische Sinn sehr zweifelhaft und die Begeisterung etwas frostig ist. Daß dio Begabung Halms, sich mit den bochston Gütern des Lebens spielerisch zu befassen, ihn auf das Lustspiel hinweist, dürfte ans dem Gesagten klar sein; denn das Lustspiel sucht ja eben sl"ine Aufgabe darin, daß es nicht erschüttern, sondern bloß leicht bewegen will. Und außerdem kam Halm auch seine Knust, ans glit.ernden Worten wirksame Dialoge zu machen, bei dieser Dichtungsgattung zustatten. Uud so bat er uns denn tatsAchlicb ein Lustspiel hinterlassen, das, wenngleich auch ibm die Schwächen Halmscber llarstellnngsweise anhaften, dennoch zu den besseren Schöpfungen dieser Gattung gehört, zumal, da das dentscho Lustspiel so spärlich gesät ist, daß man mit Wonigom zufrieden sein muß. Das ist ,, \Vildfeuer". Kann • Wildfeuer• auch nicht den allerersten Scbilpfungen, nicht etwa der „Minna" oder dem „Zerbrochenen Krug" an die Seite gestellt werden, so überragt es doch turmhoch dio zahlr•ichen Schwanke Bauernfelds und Benedix, die fiUscblicb als .Lustspiele" über die Biihne gingen. Der Stoff ist vermutlich nicht ausschließlich Halms geistiges Eigentum. Eine Novelle in Wielands ,Henmeron•, sowie ein 1847 in Wien aufgeführtes Lustspiel ,Der Erbgraf" enthalten das Motiv, daß ein Mädchen, um eines gewissen Erbteils nicht vorlnslig zu geben, als Knabe aufgezogen wird; allein Halm hat dieses Motiv in einer Weise geändert, die durchaus zu Bedenken Anlaß gibt. Der Dichter führt uns als Helden der Dichtung Rene von Lomenie vor, der eigenUicb ein Mädchen ist. Während bei den oben erwähnten Dichtungen die Heldin natörlicb Mitwisserin des Geheimnisses ist, bleibt Ren~ in Unkenntnis seines wahren Geschlechtes. Dieser Knabe verliebt sich non in seinen Waffenmeister Pierre, der wieder eigentlich sein enterbter Vetter ist. Dies gibt nun Anlaß zu einer Reibe seelisch sehr fesselnder und geistreich durchgeführter Szenen, die aber durch die Unm,1glicbhit der Voraussetzungen gestört würden, wenn das Stück f.rnst genommen wtirden wollte. In einem LDBlspiel ist es aber anders. Denn gerade di,ses kecke Überspringen tatsächlicher Unmöglichkeiten verleibt dem Lustspiel eine mArchenbafte Leichtigkeit, eine knospende Frische, die an die Zauberpossen Raimunds ~rinnurt, bei dem ja auch aus onmüglichen Voraossetiongen köstliche Lust.spielwirkong<ln ent.spril'Ben. -Auch an Kleists .Kllthcbon• muß man dabei denken. Ks ist dahor begroißich, daß das Publikum das Stück noch beute gerne siebt und daß es seit seiner ersten Aufführung (184.3) an Beifall nichts eingebüßt bat. Die übrigen namhafteren Stücke Halms, ,,Sampiero" (1844), ,,Eine Kl'inigin" (1847), • Verbot und Befehl" (1848), zeigen die Schwachen des Dichters in erhöhtem Maße bei geringeren Vorzügen. Nur das letzte Stück .Begum Sowrn• (1863) zeigt wiflder scbUnero Ansätze, ohne es aber in irgend einer Bedeutung zu bringen. Neben dem Drama war Halm auch auf dem Gebiete der Novelle tätig, wie fa•t alle dramatischen Dichter ; denn die Novelle ist ja mit dem Drama wesensverwandt. Wie Kleist, 'fieck, Otto l,udwig und manche andere Dramatiker auf dem Gebiete der Novelle erreichten, wozu ihre drawatiscbe Kraf, noch nicht ausreichte, so hat Ruch Halm einige vortreffliche Novellen geschrit,beu, die selbst von den Gegnern als \'Ur• treffliche Arbeiten anerkannt werden müssen i darnnt-or sind namentlich „Die Marzipan• liese" und „Drui Hans an Jer Ycrom,brücku" ausgezeichnet.

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