36. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1906

fordlicht, das Aufgehen der blassen Sonne und mitten drin d"r kleine Knabo, der nil rührender Sorge sein vertranenSYolles Schwesterchen vor dom Erfrieren bewahrt. lns einigen aufgeschnappten Regeln seiner Matter stellt er sieb ein ganz kluges lottungswerk zosammon, ,rthrend das kleine Mldcben mit unbedingtem Glauben an len Bruder geduldig und hingebungsvoll immer wieder dorcb den Schnee stapft. Es ~bt nicht viel Lieberes in der Weltliteratur als diese• Kinderpaar. So ist Stiller der oigentlicbsle Dichter der Natur geworden. Niemals war er lfodedicbter, aber er wird alle Modt1n iiberleben. Denn wann immer es Leoto gtben ,ird, die, von dem Getriebe der Welt angeekelt, sich in die Einsamkeit zoröckziehen rollen, - und es ist keine Aussicht vorhanden, daß es jemals solche Menscbtrn nicht rtehr geben sollte, - immer werden sie sich an Stifter erbauen und in seinen Werkon ine Quelle reinsten Entzückens finden. Man bat ihn bei Lebr.oilen verehrt, man bat bm in Linz und in Oberplan Denkmäler, am Pli!ckenstoiner See einen Obelisken rrichtot, aber das allerschönste Denkmal, das können ihm die Menschen nicht stellen ; laa bat er sieb selbst gegründet in den Hon:en der Menschen, das Denkmal oines )ichters, den man noch lange in Deutschland im ewigen, grünen Waldesschatten lesen rird, wenn man, nac.b einem Worte Stifters, der törichten Raufhändel unserer Zeit oüde geworden sein wird. II- Friedrich Eral:cn (1806-1871). Die Romantik war eiuo derart mächtige Zoitstrvmung, daß sie auch Geister in b.ren Bannkreis zu ziehen vermochte, die im Innersten ibrf'.s Henens eigentlich recht 1öcbtorne Alltagsmenschen waren, die die romantiAche-n Bestrebungen anfangs ablehnten ,nd sich nur widerwillig gefangen gaben. Am stArkston ist dieser innere Widerstreit liderstrebender KrAlle in jenor Gmppo von Literaten zu bemerken, die man daa ,Junge )eutscbland" zu nennen pfl ~gt. Ihr goistiger Führer, Ht,i nricb Heine, nrspottete nerst die Gegnrr der Romanlik, dann die Romantik und schließlich sich selbst als ltrcn letzten abgedankten Fabelkl!nig. Diese jungen Deutschen sahon in der Romantik rohl den guten Korn, waren aber in ihrem ahgrundtiefl'II Philistt•rium nicht fähig, oro holden Torheiten mitzumachen. Und so ist es gewiß kein Zufall, daß die amhaftestcn Taten der Jung-Dfotschen nicht auf pootischem Gebinte lagen, sondern uf praktische Dinge gerichtet waren. Und in mannigfacher Weise steht diesen eigm- rtigen LeaWn der Dichter nahe, dessen hundertsten Gtibnrtstag wir am 2. April ·efeiort babon. Friedrich Halm hieß mit seinem wirklichen Namen Eligins Franz Josef Freiherr on Möncb-Bellinghausen und wurde am 2. April 1806 als Sohn einos Beamten in :rakao geboren. Wio es bei vielen Dichtern dor Fall i~t 1 war aucb auf don Knaben er Einfluß der Mutter gnlller als der des Vaters, der gleich den Vätern Grillparzers, fo{'tbes und Scliillt•rs an den dichterischen Leistungen seines SohneR geringen Anteil ahm. Schon im Jahre 1811 kam Eligius nach Wien und bald danach als Zögling ach Melk. Iu Melk war es rramentlich sein Klassenvorstand, dor Dichter Michael :nk von der Burg, der auf den Knabun lebhalleaten Eindmck machte und aoch auf eine dichl;,risch•n Anfänge entscheidenden Einfluß nahm. Im Jahr. 1816 b, •1.og er das Schottengymnaaiom in Wien und sodann die ln iversitAt; gleichzeitig mit ihm studierten in Wien die Dichter Seidl, Leuau, Baoern- ,ld , Herloßsohn und einige Jünglinge, die auf andern Gebieten berühmt geworden ind. Nach Beendigung seiner Universitätszeit wurde er 1826 als Konzrpla-Beamter ach Lin1. übersetzt und vermählte sieb unmittelbar danach mit der Baronin Sofie chloissnigg; iwei J abre später kam er wieder nach Wjen , wo er l 840 zum :{'gicrungsrate ernannt wurde. \Vien wies damals eine stattliche Ueihe \'l)ß Dichtern

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