Diesmal lief die Sache noch glimpflich ab, da nur einige Ausweisungen stattfanden; doch gestanden die Beschuldigten, daß sie von dem ehemaligen Schloßprediger Reinerus Haller von Amersfort in Holland, der sogar in der letzten Zeit aus Sieben¬ bürgen an sie Schriften geschickt, verleitet und in ihrer Meinung bestärkt worden seien. Brunner vermag es nicht über sich zu gewinnen, jenen Haller einen „verleugnet Mamaluckh, toll und Irrig Schwirmer“ zu schelten und es ihm zur Last zu legen, daß, seit er allhie sein gifft ausgegossen, nicht allein der Lieben Christlichen Jugent, Sunder auch der gantzen kirchen in gemein grosser und Jemerlicher schaden und abbruch ist zugefüget worden, und ist nit die geringste ursach, darumb auch das liebe Almusen, so zur Unterhaltung der Armen auff der Schuel möchte nach jeder guetwilligkheit gereichet werden, in grosse Abnehmung khumen ist In der Denkschrift vom 8. Oktober 1567 gibt Brunner dem Magistrate den Rat, von den Prädikanten die Leute ermahnen zu lassen, daß sie ihre Kinder fleißig in die Lateinische Schule schicken sollen. Diese Bemühungen scheinen Erfolg gehabt zu haben, denn am 9. März 1569 meldet Brunner, daß „sich die Jugent bald widrum gemehret und von vilen Orten Knaben hieher geschickt worden. Wohl mag die Pest, welche 1569 bis 1571 in Steyr wütete, und die darauffolgende Wasserkatastrophe vom Juli 1572 den Besuch der Lateinschule vorübergehend ungünstig beeinflußt haben; doch meldet Preuenhuber zum Jahre 1575 von „grosser Frequenz allhie studierender Jugend“ Die Herhaltung der Disziplin und Ordnung scheint auch zu den Zeiten unserer Vorfahren keine leichte Sache gewesen zu sein. So klagt Brunner 1567 über „die liebe, obwoll strenge und ungezäme Jugent, so nennt sich 1570 Christoph Fraidler, „Teutscher Schuelhalter“ zu Steyr, einen „alten schwachen man, Alls der Ich an mainer Rede, demgleichen an meinem gesicht und plödigkhait maines khopfs, schon in das 35. Jar mit getümel und geschray der Strengen Jugent nit wenig Erlitten Große Schwierigkeiten machte die Unterhaltung der armen fremden Schüler. Auch die Bezeichnung „außlendische Astanten“ wird für sie gebraucht. Die Lage dieser armen Schüler war eine recht traurige. So schreibt Brunner am 4. September 1567 an den Magistrat: „Letztlich so hat es mit den armen zulauffenden schülern ein sehr grosse ungelegenheit, sintemal sie nit allein an teglicher Narung grossen Mangel haben sunder auch keines einigen pfennig, das allergeringest damit zu erkauffen, durch das gantze Jar zu erwarten“. An andern Schulen, sowie in früheren Zeiten auch in Steyr, sei es Brauch, daß die Kleinen täglich von Haus zu Haus um Suppe und anderes betteln gehen und „den majoribus, deren man sunsten zu der Music bedarf, eine gewisse summa gelts praesentieren müssen“ Brunner möchte diesen Brauch hier wieder eingeführt wissen, wenn er sich auch der Schwierigkeiten vollauf bewußt ist. Er klagt, daß man „an vielen vermöglichen Orten gar unbeschadener weiß die armen schüler abfertiget. Mues gleichwoll der warhait und billigkhait nach auch bekennen, das aus etlichen Häusern, deren aber gar wenig sölliches Allmusen gar zu reichlich geraichet wirt, ungeacht das sie offt und villmals ohn mein vorwissen von der unverstendigen Jugent, die ja der gewissen Krippen nachgehet; überloffen und beschwärt werden. Der Ewig Barmherzig Gott wöll solchen Irr wohltaten hie zeitlich und dort Ewig Mildigklichen belonen“. Alle Freitage gingen die größeren Schüler von Haus zu Haus singen. Wahr scheinlich handelte es sich hier wie in Freistadt um das Absingen des sogenannten „Tenebrae“ und „Ingressus Pilatus“, worunter Stellen aus der Passion des Johannes zu verstehen sind. *) Preuenhuber, S. 283. 2) Bittschrift Christoph Fraidlers an den Bürgermeister Sebastian Püschinger, 1570. Archiv der Stadt Steyr. 3) Jaekel, Zur Geschichte der lateinischen Schulmeister... S. 88.
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