33. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1903

sei hier auf die trefflichen Ausführungen Dr. Konrad Schiffmanns hingewiesen, welcher uns über die Landschaftsschule Aufschlüsse gibt.1) 1524 hatte Luther seine Flugschrift „An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“ in die deutschen Lande hinausgehen lassen. Er hatte darin sowohl um der Religion als um des weltlichen Regimentes willen eine gelehrte Bildung, insbesondere in Latein, Griechisch und Hebräisch und im Wort Gottes dringend empfohlen. Wie so oft fiel auch damals dem sanften, stillen Melanchthon die Ausführung der Gedanken Luthers zu. Mit emsigem Eifer verfaßte er Grammatiken und Ausgaben der Klassiker, welche die mittelalterlichen Lateinlehrbücher Donat und Alexander sehr rasch verdrängten. Aus den Schulakten können wir nur entnehmen, daß im „Wort Gottes“, Latein, Griechisch und in der Musik unterrichtet wurde. Wie viel Klassen es an unserer Lateinschule gab, ist nirgends klar ausgesprochen. Brunner spricht in einer Gedenkschrift vom 19. März 1567 davon, daß er „drei collegas besolden und verköstigen müsse. Dazu kam noch der Kantor, der seinen Mittagstisch im Pfarrhause hatte. Später, 1609, wird außer dem Rektor noch ein Konrektor genannt. Es ist mithin nicht unmöglich, daß die Steyrer Lateinschule wie die Linzer Landschaftsschule zuletzt fünf Klassen zählte. Bestimmte Angaben über die Zahl der Schüler werden nirgends gemacht; doch ersieht man aus den Denkschriften Brunners, daß dieselbe schwankend war. So sagt Brunner in der Gedenkschrift vom 4. September 15672), daß die Ursache seines Gesuches um Enthebung von seiner Stelle nicht so sehr seine Kränklichkeit gewesen sei, sondern die „principalis causa eben diese in meinem hertzen sich befunden, daß ich den abbruch, verderben und untergang unserer schuel mit schmertzen angesehen“. Über die Ursachen dieser Abnahme spricht sich Brunner anfangs nicht klar aus; nur so viel ist ersichtlich, daß zur Zeit seiner schweren Krankheit viele Schüler die Anstalt verlassen haben. „Auch meine liebste und fürnemste discipulos, an denen vast meine grösste freud gelegen, hab ich verlieren müssen, sintemal sie eben derselbigen Zeit meiner Auffrichtung und widerholung wenig hoffnung haben hinen, und nicht gar unbillich, einer für den andern, merere gelegenheit zum Studieren gesucht, will schweigen anderer vrsachen, derenthalben vast alle meine privat und kostknaben eine gemaine glockhen, dise schuel zu verlassen, und an andere Ort sich zu begeben, ebenderselbigen Zeit meiner schwachheit, gegossen haben.“ Ferner klagt er in derselben Schrift, „daß die liebe Jugent bey so clar schei¬ nendem Liecht deß heiligen Evangelii von dem Studieren wird abgehalten und der gemeine Man so schimpfflich und spötlich von gueten und notwendigen künsten und Sprachen redet und judicieret. Im Grunde genommen dürften wohl konfessionelle Streitigkeiten, welche die damals ganz von dem protestantischen Ministeriums) abhängige Schule auch betroffen haben mögen, zu dem schlechten Schulbesuch mit bei¬ getragen haben. Fällt doch gerade in das Jahr 1567 der, wie Preuenhuber sagt, „ungelegene und vast ärgerliche Handel zwischen dem Schloßprediger M. Gotter aus Erfurt und dem Stadtprediger Basilius Kammerhofer, die von den Kanzeln weidlich gegeneinander loszogen und in vielen wichtigen Glaubenslehren verschiedener Meinung waren. Um die Verwirrung vollzumachen, traten neuerlich Wiedertäufer auf. Es bildete sich eine Gemeinde bei einem Schuster auf dem Daxberg und eine andere bei einem Schneider in Stein unweit Gleink. *) Das Schulwesen im Lande ob der Enns bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. 59. Jahresbericht des Museums Francisco Carolinum in Linz. 2) Stadtarchiv. 3) Das ist der zeitgenössische Ausdruck für das Kollegium der protestantischen Geistlichen. 4) Preuenhuber, S. 282.

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