33. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1903

Sonst ist uns von Küttner nur wenig bekannt; einiges erfahren wir über ihn aus einem Klagebriefe seines Amtsnachfolgers Thomas Brunner oder Pegaeus, wie er sich nach der Sitte der Zeit gräzisiert nannte. Wir kommen an geeigneter Stelle noch darauf zurück. Über Magister Thomas Brunner (auch die Schreibung Pruner kommt vor) und über die Schulzustände seiner Zeit sind wir etwas besser unterrichtet. Er war aus Landshut in Bayern gebürtig und, wie Preuenhuber sagt, ein „discipulus Melanchthonis hatte also in Wittenberg studiert und wird gerühmt als ein „in seiner Kunst und Instruierung der Jugend berühmter Mann“ In seine Amtstätigkeit fällt die Verlegung der Lateinschule in das ehemalige Dominikanerkloster auf dem Grünmarkt. Am 18. März 1522 hatte einer jener furcht¬ baren Brände gewütet, an denen die Stadtgeschichte Steyrs so reich ist. Auch die im Bau befindliche Stadtpfarrkirche, das Dominikanerkloster, mehrere Stadttürme und Basteien und gegen 55 Bürgershäuser waren dem Feuer zum Opfer gefallen.2) Aus Mangel an Geld hatten die Dominikaner Kirche und Kloster nicht mehr aufgebaut; da übergab 1559 Kaiser Ferdinand I. dem Rate auf eigenes Ansuchen die Brandstätte zum Wiederaufbau, um darauf ein Spital und eine Schule zu gründen. Auch sollten die Steyrer einen Priester zur Abhaltung des katholischen Gottesdienstes besolden und gegebenenfalls gegen Rückzahlung der Kosten dem Dominikanerorden alles wieder zurückstellen. Die Steyrer bauten nun Kirche und Kloster wieder auf, richteten aber den lutherischen Gottesdienst ein und verwendeten die Klosterräume zur Unterbringung ihrer lateinischen Schule.) Damals wurde auch die Spitalkirche von den Protestanten mit Beschlag belegt und ein eigener Prediger dort angestellt. Neben der Lateinischen bestand aber auch eine sogenannte „Teutsche Schule, in welcher Katechismus, Lesen, Schreiben und Rechnen in deutscher Sprache gelehrt wurde. Sie ist also mit unserer heutigen Volksschule zu vergleichen. Wann sie gegründet wurde und wo sie untergebracht war, ist nicht ersichtlich; doch da wir aus einem Bittgesuche des „teutschen Schulhalters“ Wolfgang Perger aus dem Jahre 15704) von seiner mehr als 40 jährigen Dienstzeit an hiesiger Schule erfahren, muß letztere vor 1530 schon bestanden haben. Aus einem späteren Bittgesuche des bisherigen Schulgehilfen Basilius Thierfelder vom Jahre 15895) geht ferner mit Deutlichkeit hervor, daß es um diese Zeit zwei deutsche Schulen in Steyr gegeben hat. Wir werden auf die Verhältnisse dieser Schulen noch öfter zu sprechen kommen. Über die Zustände, welche in der Lateinischen Schule herrschten, erfahren wir manches aus den im Stadtarchive aufbewahrten Bitt- und Gedenkschriften des Rektors Thomas Brunner, die freilich nur dem Zeitraum von 1563 bis 1569 entstammen. Wie auch anderorten, sind diese Schreiben voll von Klagen über die schlechte unsichere Besoldung der Lehrer und über den mangelhaften Zustand der Schule selbst. Über Lehrplan, Stundenzahl und dergleichen erfahren wir aus den Schulakten nichts. Doch haben wir allen Grund zur Vermutung, daß die Steyrer Lateinschule ebenso organisiert gewesen sei wie die übrigen süd- und mitteldeutschen Schulen dieser Art, welche zumeist ihre Anregungen und viele ihrer Lehrer aus Wittenberg, also aus der unmittelbaren Nähe Melanchthons, empfingen. Höchst wahrscheinlich war die Einrichtung unserer Lateinschule ähnlich der der sogenannten Landschaftsschule in Linz, mit welcher ja, wie uns Preuenhuber versichert, die Steyrer Schule gewetteifert hat.*) Es *) Preuenhuber, S. 273. 2) Preuenhuber, S. 218. 3) Preuenhuber, S. 273. 4) Im Steyrer Stadtarchiv. 5) Steyrer Stadtarchiv. 6) Preuenhuber, S. 337. und eine solche schöne Lateinische Schul, in stattlicher Frequenz, sowohl von einheimischen als sonderlich fremden Knaben, Edel und Unedel, anrichteten, dass sie dem Landschaffts-Gymnasio zu Lintz nichts bevor gabe.

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