33. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1903

ist die öffentliche Ausübung der neuen Lehre noch unterblieben, ja am 11. Februar dieses Jahres erließ der Rat noch ein Dekret, in welchem bei strenger Strafe jede religiöse Neuerung verboten ward. „Doch“, sagt Preuenhuber, „es wurde ob diesem Raths Edict nicht gar vest gehalten“.) Schon 1545 begann der Pfarrer Wolfgang Waldner, Konventual des Klosters Garsten, in seinen Predigten gegen Bräuche und Zeremonien der katholischen Kirche öffentlich zu sprechen. Wenn auch vorläufig noch keine Änderung im Gottesdienste vorgenommen wurde, so war doch dies Vorgehen Waldners der Anfang zur Festsetzung des Protestantismus in Steyr. Der Burggraf Hans Hoffmann, der übrigens später selbst zum Protestantismus übertrat, ließ 1547 dem Rat eine Warnung zugehen; in diesem Schreiben gibt er unter anderm den Steyrern zu bedenken, „daß die Stadt Steyer dermassen, und vor all andern, Ihro Königl. Majestät Erb-Lande und Städte, am Königl. Hof und sonsten berüchtigt sey, daß unter allen keine, darinnen Ihrer Majestät ausgegangenen Generalien und Befehlen, die Kirchen-Ordnungen betreffend, weniger nachgelebet, sondern ohne alle Scheu dargegen gehandelt und unverschämt offentlich getrieben werde“.) Aber obwohl es damals nach der Niederlage der Schmalkaldner 1547 um die protestantische Sache übel genug stand, wurde doch der Warnung kein Gehör geschenkt. 1548 heiratete der Pfarrer Wolfgang Waldner, ein Ereignis, welches, wie Preuenhuber sagt, „ein unerhörter neuer Handel in Steyr war; als er vor seine geistlichen Obern nach Passau zitiert wurde, entzog er sich dem seiner wartenden Schicksale durch die Flucht nach Augsburg.) An seine Stelle trat der ehemalige Kaplan Laurenz Twenger, Konventual des Klosters Garsten. Auch er war der neuen Lehre zugetan und führte um 1554 den Gottesdienst nach der Augsburger Konfession öffentlich in der Pfarrkirche ein. 1557 wurde auf sein Betreiben zum erstenmale die Abhaltung der Fronleichnamsprozession unterlassen und als der Burggraf acht Tage nachher dieselbe erzwang, stellten sich nur wenig Leute und von den Zünften fast niemand ein.1) Wann die lutherische Lateinschule in Steyr gegründet worden ist, läßt sich mangels genauer Nachrichten nicht bestimmt sagen; doch dürfte sie im Jahre 1541, als der Rat das Edikt gegen die religiösen Neuerungen erließ, noch nicht bestanden haben. 5) Preuenhuber berichtet uns, daß 1558 der erste lateinische Rektor Andreas Küttner, welcher der protestantischen Religion zugetan war und lange Jahre der Schule vorgestanden, gestorben sei. Sein Grabmal auf dem Friedhofe bei der Pfarrkirche trug folgende Inschrift:) Sistite qui in cursum, pueri lacrimisque rigate hunc tumulum, quoniam membra Cidonis habet, qui teneras mentes multos formavit in annos artibusque ingenuis, et pietate Dei, Illi ac et merito, nomen posthumo, vivat, et in numero stet pia turba tuo. Hie liegt, ihr Knaben, Gott zur Ehr, Der Euch gab etwa Zucht und Lehr. Andreas Küttner, dem Gott gnad, Durch den, der ihn erlöset hat. 1) Preuenhuber 261. 2) Preuenhuber, S. 266. 3) Preuenhuber, S. 267. 4) Preuenhuber, S. 272. 5) Nach den eingehenden Untersuchungen Jaekels über die Vorgeschichte des Frei¬ städter Gymnasiums in dem Jahresberichte 1886, ferner in desselben Abhandlung: „Zur Geschichte der lateinischen Schulmeister in Freistadt“ (III. Heft der Beiträge der österr. Gruppe der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte, Wien 1900) läßt sich die Gründung der Lateinschule in Freistadt auf 1543 oder 1544 ansetzen. So wohl auch in Steyr. 6) Preuenhuber, S. 273.

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