Zur Geschichte der lutherischen Stadtschulen in Steyr. Von Professor Dr. Alfred Hackel. Die Gründung neuer Schulen in Steyr hängt innig mit der Reformation zusammen. Wie allerorten in Deutschland und Österreich hat das Auftreten Luthers und die stille, aber desto erfolgreichere Tätigkeit Melanchthons, der mit Recht den Titel „Praeceptor Germania“ führt, auch in unserer Stadt einen namhaften Aufschwung des Schulwesens hervorgerufen. Dieser Aufschwung äußert sich insbesondere in der Errichtung einer Lateinschule, welche wir als Vorläuferin des modernen Gymnasiums betrachten dürfen. Vor allem andern ist wohl zu merken, daß die Steyrer in vergangenen Zeiten für religiöse Neuerungen sehr zugänglich waren. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hatten die Waldenser in der Stadt und deren Umgebung großen Anhang gefunden. 1396 und 1397 wurden nach langen Untersuchungen gegen hundert Waldenser im Kraxental verbrannt.1) Auch die Sekte der Wiedertäufer hatte in den Zwanzigerjahren des 16. Jahrhunderts sich in Steyr festgesetzt. Der vielberufene Wanderapostel Johannes Hut hatte im Hause des Bürgers Veit Pfefferl auf dem Grünmarkt Predigten gehalten; doch die scharfen Strafmandate Ferdinands I. hatten eine strenge Untersuchung und 1528 die Hinrichtung von dreizehn Wiedertäufern zur Folge gehabt. Aber selbst nach dieser Tragödie kamen im Laufe des 16. Jahrhunderts noch öfter Rückfälle in die alten Irrtümer vor. Kein Wunder, daß auch Luthers Lehre unter den reichgewordenen und selbstbewußten Bürgern rasch Eingang fand. Für den Reichtum mancher Bürger gibt hinreichend die Tatsache Zeugnis, daß Kaiser Maximilian I., der sich gerne in Steyr aufhielt, in mehreren Fällen die Heirat reicher Bürgerstöchter mit Hofbediensteten erzwingen wollte. 2) Zahlreiche Adelige bewarben sich um Bürgerstöchter; „daherwie Preuenhuber sagt, „die teuflische Hoffart so groß, daß sie nicht gern hören noch wissen wollen, ja sich es fast für eine Schande, Schmach und Injurie halten, wann man sie dessen erinnert, daß ihre Vorelter Burger zu Steyr gewesen“ 1525 und 1526 predigte zur Fastenzeit ein Franziskaner P. Calixtus und griff unter großem Beifalle der Bürgerschaft verschiedene kirchliche Bräuche an. Als er aber vor das geistliche Gericht nach Passau zitiert wurde, zog er es vor, zu verschwinden.) Auch Michael Forster, Konventual von Garsten und Stadtpfarrer zu Steyr, verkündigte bedenkliche Lehren; er wurde zur Niederlegung seines Amtes aufgefordert, blieb aber dennoch, da man besorgte, es könne sich unter der Bevölkerung ein gefährlicher Aufstand erheben. Sein baldiger Tod machte dem unerquicklichen Streite zwischen den geistlichen Oberen und der Bürgerschaft ein Ende. Preuenhuber berichtet ferner, daß 1536 in zahlreichen Landorten und Schlössern in der Umgebung von Steyr Predigten nach der Augsburger Konfession abgehalten wurden, „darzu von der hiesigen Burgerschafft ein grosser Zulauff war“.) Bis 1541 *) Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer, Linz 1837, S. 118. 2) Preuenhuber, Annales Styrenses, Nürnberg 1740, S. 189, 199. 3) Preuenhuber, S. 231. 4) Preuenhuber, S. 255. 1*
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