33. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1903

12 Wahrscheinlich war Thierfelder vom Rate aufgenommen worden, um für die alten Lehrer, die sich in die Neuerungen nicht hineinfinden konnten, einen Ersatz zu haben. Auch sonst finden wir 1578 einen neuen „Teutschen Schulhalter“, Christoph Ulmann, der zugleich mit Thierfelder an den Bürgermeister und Rat in Angelegenheit der Winkelschulen eine Gedenkschrift richtet. Es heißt darin, daß vor zwei Jahren vom Rate festgesetzt worden sei, nicht mehr denn zwei Deutsche Schulen neben der Lateinischen zu dulden. Nun hätten sich aber Privatpersonen herausgenommen, in ihren Häuser unbefugt Knaben und „Dirndln“ zu unterrichten. Als solche Leute werden genannt: „die Kautzhammerin beim Lintzerbeckhen im Steierdorff, desgleichen auch ein Zuckermacher im Eigicht“ (Aichet). Eine dritte Winkelschule befinde sich „in der Fürsten (?) in des Hammerschmiets hauß in einer wiesen gelegen“. Der Rat solle dies Treiben nicht dulden, „dieweil solches Euer Ersam und Fürsichtig Weishait beschlus zuwider, Auch uns, Eur Herrligkeiten Schuldienern zum verderben unserer narung gereicht, die Jugent aber dardurch mehr versembt und in ihrem mutwillen gesterckt wird“. Kaspar Thierfelder war offenbar lang im Amte. Am 11. Dezember 1589 bittet Basilius Thierfelder, sein Sohn, „nachdem er sich aus schickhung Gottes, auch vorwissen und bewilligung der Eltern mit Jungfrauen Anna, des Ersamen Geörgen Bruckners sälligen hinterlassenen Tochter ehrlich verheurat und verpflichtet, um die Bewilligung zur Errichtung einer dritten Deutschen Schule, und zwar in Steyrdorf, „dieweil bey der grossen Menig Jugent allhie drey Teutsche Schuellen nit zuvil“. Er beruft sich auf die Verdienste seines Vaters, der schon das 22. Jahr im Dienste der hiesigen Schule stehe und ihn schon etliche Jahre als „Collaborator“ verwendet habe. Er verspricht, mit Gottes Hilfe der Jugend in christlichem Wandel, Leben und treuer Unterweisung also vorangehen zu wollen, daß ein wohlweiser Rat und ehrbare Bürgerschaft daran ein Gefallen haben sollen. Kehren wir nun zur Geschichte der Lateinischen Schule zurück! Nach Brunners Tode riß große Verwirrung ein. Einige Zeit leitete Daniel Moller aus Hamburg, der unter Brunner „Collega“ gewesen war, provisorisch die Schule. Bald aber verzichtete er auf seine Stelle und begab sich, um seine theologischen Studien zu vollenden, auf die Universität nach Wittenberg, von wo er an den Bürgermeister Wolf Händl mehrere dringende Schreiben um Bezahlung noch rückständiger Summen richtete. Von Wittenberg kam auf die Berufung der Steyrer als Rektor der Lateinschule der Magister Georg Mauritius, ein gebürtiger Nürnberger, der an der Universität außerordentlicher Professor gewesen war.1) Am 8. Juli 1572 wurde Steyr von einer furchtbaren Überschwemmung heimgesucht. Enns und Steyr stiegen an diesem Tage, einem Sonntag, unvermutet zu bisher unerreichter Höhe an. So heftig war der Anprall der Wogen, daß am Tage darauf die Brücken abgerissen wurden und mehrere am Wasser gelegene Häuser einstürzten. Am dritten Tage stürzten zwei Tore und mehrere Türme, ein Teil der Stadtmauer längs der Enns, ferner der rückwärtige Teil des Rathauses und gegen Abend auch das Gebäude der Lateinschule ein. Überall herrschte Schrecken und Verwirrung; glücklicherweise waren die sonst im Schulhause wohnenden Schüler, 60 an der Zahl, noch zu rechter Zeit aus dem wankenden Gebäude geflohen. Man fuhr damals in Kähnen bis über die Hälfte des Stadtplatzes herauf. Diese Überschwemmung hat der Rektor Mauritius „in einer gehaltenen oration“ geschildert; sie möge hier so, wie sie uns Preuenhuber überliefert hat, angeführt werden als Beispiel der wunderlichen Schulmeisterpoesie jener Zeit. 2) 1) Preuenhuber, S. 286. 2) Preuenhuber, S. 286.

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