37 2. Organische Farbstoffe. Ein organischer Farbstoff ist eine Verbindung, die die thierische oder pflanzliche Faser bleibend färbt. Nicht jede gefärbte Verbindung ist auch ein Farbstoff. Die Verbindung ist erst dann befähigt, einen Farbstoff zu bilden, wenn sie gewisse Atomgruppen enthält, die man deshalb chromophore Gruppen nennt. Solche chromophore Gruppen sind beispielsweise die Nitrogruppe (NO2), die Nitrosogruppe (NO), die Azogruppe (N = N—). Der Eintritt von chromophoren Gruppen in eine Verbindung bedingt oft Färbung, z. B. beim Nitrobenzol. Damit aber die Verbindung zu einem Farbstoff wird, muss sie einen sauren, basischen oder Phenolcharakter besitzen. Es müssen also noch solche Gruppen eintreten, die diesen Charakter bewirken. Solche Gruppen, die man chromogene Gruppen nennt, sind z. B. die Sulfogruppe, die Amidogruppe, die Hydroxylgruppe. — Diese Theorie der organischen Farbstoffe wird sofort verständlich, wenn man den chemischen Process bei der Färbung berücksichtigt. Die Färbung ist nämlich nichts anderes als eine Salzbildung, die Farbe nichts anderes als ein Salz, gebildet aus der thierischen Faser und dem Farbstoff. Die thierische Faser, die aus Eiweißstoffen besteht, nimmt Basen gegenüber saure Eigenschaften, Säuren gegenüber basische Eigenschaften an. Ein Beweis für diesen Satz ist die Thatsache, dass das Rosanilin, das in Form der freien Base ungefärbt ist, Seide oder Wolle roth färbt. Ein anderer Umstand, der als Beweis geführt werden kann, ist der, dass bei Anwendung von Farben, die Salze von stark basischen Farbstoffen sind, eine Anfärbung der eingetauchten Faser nicht erfolgt, weil die schwach basische Natur der Faser nicht ausreicht, die starke Base des Salzes auszutreiben. In solchen Fällen macht man das Farbbad mit Ammoniak schwach alkalisch. Ähnlich verhält es sich bei den sauren Farbstoffen. Das Verhalten der thierischen Faser gegenüber den Farbstoffen ist in Bezug auf die Art der gebildeten Salze ein zweifaches. Manche Farbstoffe geben mit thierischen Fasern Salze, die durch Wasser nicht weggewaschen werden können. Man nennt sie substantive Farbstoffe. Dazu gehören z. B. Fuchsin und Pikrinsäure. Andere Farbstoffe dagegen färben wohl die Faser, doch ist das entstandene Salz in Wasser löslich. Um daher eine Echtfärbung zu erzielen, muss man ein Bindemittel, die Beize, anwenden. Dabei ist allerdings der Vortheil, dass verschiedene Beizen verschiedene Färbungen hervorrufen. Diese Gruppe von Farbstoffen, zu denen das Alizarin zählt, nennt man adjective Farbstoffe. Pflanzenfasern gegenüber ist jeder Farbstoff adjectiv, weil eben die Pflanzen¬ faser, die aus Cellulose besteht, weder sauren, noch basischen Charakter besitzt. Man muss daher beim Färben von Pflanzenfasern stets Beizen anwenden, auch wenn man z. B. mit Fuchsin oder Pikrinsäure färbt. II. Färbeversuche. 1. Anorganische Farben. Färben mit Berlinerblau. Man tränkt ein Baumwollgewebe mit einer fünf¬ procentigen Lösung von Eisenvitriol und lässt es längere Zeit an der Luft liegen. Dabei geht das Ferrosulfat in Ferrisultat über. Kocht man nun das so vorbereitete Zeug in einer Lösung von gelbem Blutlaugensalz, so entsteht auf der Faser Berlinerblau.
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