30. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1900

26 b) Saccharose. Saccharose oder Rohzucker zeigt fast dieselben physikalischen Eigenschaften wie Dextrose. Das chemische Verhalten dagegen ist sehr verschieden. Conc. H.S0, verkohlt den Rohzucker schon in der Kälte. Alkalien wirken auf Saccharose nicht ein; auch tritt nach dem Ansäuern mit Salpetersäure der Caramelgeruch nicht auf. Salpetersäure oxydiert zu Oxalsäure. Rohrzucker vereinigt sich mit Alkalien und alkalischen Erdenzu in Wasser leicht löslichen, bitter schmeckenden Verbindungen, den Saccharaten,die in Alkohol unlöslich sind und durch CO, in Zucker und Caco, umgewandeltwerden. Auch frisch gefälltes Eisen- oder Kupferhydroxyd wird von Zuckerlösung unter Bildung der entsprechenden Saccharate aufgenommen. Als Polysaccharid wird der Rohrzucker durch Kochen mit einigen Tropfen einer Mineralsäure durch Aufnahme von Wasser in Monosaccharide übergeführt. 20 + 0 = (+ 10 + (— 10) Dextrose Lävulose. Der Rohrzucker dreht die Ebene des polarisierten Lichtstrahles nach rechts. Nach dem Kochen mit der verdünnten Säure sind gleiche Molecularmengen von rechtsdrehender Dextrose und linksdrehender Lavulose vorhanden. Weil aber das specifische Drehungsvermögen der Lävulose stärker ist als das der Dextrose, so dreht das erhaltene Zuckergemisch den Lichtstrahl nach links. Es wurde also die Drehungsrichtung umgekehrt, invertiert (inverto = ich drehe um). Man nennt daher den Process der Umwandlung des Rohrzuckers in Monosaccharide die Inversion, das erhaltene Monosaccharidgemisch Invertzucker. Bei der Ausführung der Inversion ist stets nur eine sehr geringe Menge Säure anzuwenden, da sonst weitgehende Zersetzungen eintreten können, welche sich durch Auftreten brauner Flocken bemerkbar machen. Rohrzucker verändert Fehling'sche Lösung und andere alkalische Salzlösungen nicht. Nur bei lange andauerndem Kochen tritt infolge theilweiser Inversion eine schwache Reduction ein. Hefe wirkt auf Rohrzucker eigentlich nicht ein. Bleibt aber eine Rohrzucker¬ lösung längere Zeit mit Hefe in Berührung, so wird durch das in der Hefe enthaltene Ferment Invertin Dextrose gebildet, worauf Gährung eintritt. c) Lactos. Lactose oder Milchzucker ist in Wasser viel schwieriger löslich als Dextrose oder Saccharose. Nur eine conc. Lösung schmeckt deutlich süß. Lactose verhält sich beim Erhitzen wie die früher besprochenen Zuckerarten. Conc. 280, wirkt in der Kälte nicht ein, sondern bräunt erst beim Erhitzen. HNO, oxydiert zu Schleimsäure, die in Wasser schwer löslich ist; es bleibt daher beim Eindampfen einer Milchzuckerlösung mit HNO, ein weißes, schwer¬ lösliches Pulver. Alkalien und alkalische Erden bewirken dieselben Veränderungen wie bei Saccharose. Das Verhalten gegen Fehling'sche Lösung und andere alkalische reductionsfähige Lösungen ist dasselbe wie das der Dextrose. Milchzucker kann wie Rohrzucker invertiert werden; es entstehen bei der Inversion Dextrose und Galactos. Hefe wirkt auf Milchzucker nicht ein. Erst nach dem Invertieren mit verdünnter Säure und Abstumpfen der Säure durch Marmorstaub bringt Hefe Gährung hervor.

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