26 Hans“, die auf die Rittergedichte F. L. Stolbergs nicht ohne Einwirkung blieb. Auch Herder, der doch zu der ganzen literarischen Bewegung der Stürmer und Dränger und ebenso auch der Göttinger den Anstoß gegeben, dürfte nicht fehlen. Was er beisteuerte, war eine Übersetzung aus Percys Reliques, einer außerordentlich anregenden Sammlung altenglischer Volkslieder, und sie erschien unter dem Titel „Aus dem Gefängnis. Von den Göttinger Dichtern sind Voß, Hölty, Miller, Cramer und Hahn von ihren Freunden und Gesinnungsgenossen Götz, Claudius und Bürger aus den ver¬ schiedensten Chiffren, unter denen sie ihre Werke publicierten, zu erkennen; nur Bürger und Hölty lassen ihre Beiträge auch mit vollem Namen erscheinen. Die Gedichte „Bei dem Tode einer Nachtigall“, „An Teuthard“, „Der Misogyn“ „An die Phantasie rühren von Hölty, „Das Lob der Alten“, „Minnehold an Teuthard“ (d. i. an Hahn gerichtet) und „Klagelied eines Bauern“ von Miller, „Sehnsucht und „Teuthard an Minnehold“ (d i. an Miller gerichtet) von Hahn her. Sowohl in den aufgeführten Beiträgen der Göttinger, noch mehr aber in Bürgers poetischen Blüten „Hoffnung, Danklied, Minnelied, die Minne“ wird auf die Wiedererweckung des Minnegesanges hingewiesen, dessen Quellen Boie, der Herausgeber des Musenalmanachs, den jungen Göttinger Musensöhnen erschloss. Boie war ein fleißiger Sammler und großer Liebhaber von alten germanischen Drucken, deren er einige aus dem 16. Jahrhundert besaß. Schon 1767 hatte er sich eine Sammlung der Minne¬ sänger angeschafft und mit Hilfe des Scherz'schen Glossars, das hauptsächlich die Sprache der alten Dichter und Prosaiker zugrunde legte, gelesen. Auch eine Sammlung altdeutscher Gedichte von dem Berliner Ch. H Müller finden wir unter Boies Bücher¬ schätzen, die von den Hainbündlern fleißig benützt wurden. So ist denn die Urheberschaft der obbezeichneten poetischen Producte der Göttinger auf Boie zurückzuleiten, der die genannten Dichter in dieses Interesse für die mittelhochdeutsche Dichtung gezogen hatte. Doch solche germanistische Liebhabereien führten in letzter Instanz doch wieder auf Klopstock zurück, der sich nach der Vollendung seiner Messiade in altdeutsche Denkmäler vertiefte. Obgleich Wieland im Kreise der Beiträger für den Musenalmanach mit einer ganz namhaften Publication vertreten war, so machte auf ihn der Almanach doch keinen guten Eindruck, und er gab diesem Missfallen gebürenden Ausdruck, indem er die poetischen Leistungen des Almanachs auf 1773 einer derben Kritik unterzog, welche im „Teutschen Mercur“, für 1773 enthalten und hauptsächlich gegen Klopstock und dessen Nachahmer gerichtet ist. Damit waren die Freunde des Almanachs als eine Partei anerkannt worden und hatten als solche Freunde, aber auch Feinde gewonnen. Kein Wunder, wenn sich die Göttinger in Klopstock, ihrem Führer, auch den Anwalt für ihre literarischen Interessen suchten und Wieland den Fehlehandschuh hinwarfen Wie ganz anders müsste unter diesen Umständen der Almanach auf 1774 aus¬ sehen! In der That ist in diesem Jahrgang der Bruch mit der alten Zeit vollzogen: Wieland und die Verehrer seiner Richtung fehlen gänzlich, ebenso Gleim und seine Schule. Im Musenalmanach auf das Jahr 1774 war der ganze reiche Ertrag des Bundesjahres 1773 niedergelegt worden, und es ist dieser Jahrgang geradezu eine sehr bedeutsame Erscheinung; denn er wurde so recht ein Manifest der neuen Schule. Und diese war Klopstocks, ihres Meisters, würdig, wenn sie ihn nicht etwa in gewisser Hinsicht noch übertraf. Hier scharten sich die Stürmer und Dränger im engeren Sinne des Wortes mit den Göttingern um seine Fahne. Das junge Geschlecht stand hier in glänzender Rüstung da, Goethe voran, etwas seitwärts die Göttinger Schar, offen von ihrem Großmeister Klopstock geführt. Die meisten früheren Freunde waren auch der Sammlung dieses Jahres treu geblieben: Herder und Pfeffel, Gotter und Götz fehlten nicht. Pfeffel erschien mit
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2