Bundes wird man aus der Sechszahl der begeisterten Jünglinge kaum herauszufinden vermögen. Wer das Zauberwort gesprochen, wer mag es sagen? Gleichgesinnten Seelen mag wohl auch das gleiche Wort auf die Lippe getreten sein, und so mischten sich Leben und Dichtung in diesem einzig schönen Augenblicke; denn Momente der Verzückung und das geflügelte Wort lassen sich schwer controlieren und geschichtlich fixieren. Voß sagt, allen sei es sogleich eingefallen, unter diesen heiligen Bäumen den Bund der Freundschaft zu schwören. Wäre der Anstoß von ihm ausgegangen schwerlich hätte er es verschwiegen. Vielleicht war der feurige Hahn hier die treibende Kraft. Die Freunde umkränzten hierauf die Hüte mit Eichenlaub, legten sie unter den Baum, fassten sich alle bei den Händen, tanzten so um den eingeschlossenen Baum, schwuren dann Treue dem Bunde und seinen Grundsätzen, gaben sich den Bruderkuss und riefen Mond und Sterne zu Zeugen der neugeschlossenen Vereinigung an. Ewige Freundschaft war das Losungswort und Gelübde. Dann verband man sich zu einer genaueren und feierlicheren Fortsetzung der Versammlungen, in denen die unumwundenste Aufrichtigkeit im Urtheile heiliges Gesetz sein sollte. Der Sängerbund sollte ein Lebensbund werden, Leben wie Dichten sollten ethisch bestimmt sein. Voß wurde durch das Los zum Altesten gewählt und behauptete diese Würde auf die Dauer der akademischen Lebenszeit, d. h. im Grunde bis zum Ende des Bundes. „Das Los hatte diesmal den rechten Mann getroffen. Es ist rührend, wie Voß, nachdem der Bund schon längst zerstoben war, die Ideale der Freundschaftsbilder seiner Jugend sammt den Bundesbüchern aus den Ruinen weiterträgt, bis er als der letzte ergrauende Rest des ewig gemeinten Bundes allein übrig bleibt.“ Betrachten wir zunächst die äußeren Formen, in denen sich der Bund bewegte. Derselbe wurde gewissermaßen hinter Boies Rücken geschlossen. Obwohl Voß zum Senior des Bundes erwählt war, so wurde Boie, auf den Voß seine Ode „Die Bundes¬ eiche“ sang, nachträglich als „Werdonar— so nach dem Namen des Chorführers in Klopstocks „Hermannschlacht“ — zum Ehrenpräses ernannt. Die Vereinigung jugendlicher Talente, die sich „der Bund“ oder „Hain“ zu nennen pflegte, war im Geiste Klopstocks geschlossen worden; hatte ja doch Klop¬ stock in vielen seiner Oden den griechischen Parnass als „Hügel“ dem deutschen Musensitze, dem „Hain“, entgegengestellt. Der Name „Hainbund“ ist jedoch apokryph und wurde erst 1804 von Voß aus getrübter Erinnerung angewendet. Schon in dem Namen „Hain“ spricht sich neben der Anspielung auf jenen Eichenhain, die Geburtsstätte des Bundes, die Beziehung auf Klopstock'sche Oden aus, in denen oft wiederkehrend der Hain als das Sinnbild deutscher Dichtung gepriesen wird. Doch nicht genug; im Sinne Klopstocks fühlte man sich auch als Barden und gab sich sogar eigene Bardennamen. So hieß beispielsweise Voß zuerst „Gottschalck“ und wurde später „Sangrich“ genannt; J. M. Miller bekam den Namen „Minnehold und sein jüngerer Vetter hieß „Bardenhold, Hahn „Teuthart“, Wehrs „Raimund und Hölty erhielt den Namen „Haining, nach einem von Wittekinds Barden, welche Klopstocks de „Die Kunst Tialfs“ als redend einführt. Alle Sonntage wurde Sitzung gehalten. Dabei mag zugleich die Absicht ob¬ waltet haben, der „Teutschen Gesellschaft“, die zur selben Zeit tagte, Concurrenz zu machen. Die erste Zusammenkunft fand gleich am Sonntag nach jenem Gründerabende auf Voße Zimmer statt, und wurden solche Sitzungen im ersten Vereinsjahre, d. i. vom 12. September 1772 bis 12. September 1773. an 69 abgehalten. Auf dem Tische lagen gleichsam als poetisches Evangelium Klopstocks den und Ramlers Gedichte und außerdem die von dem Bunde angeschafften äußeren Vereinsabzeichen: ein Bundesjournal, das die Geschichte des Bundes enthielt und die Versammlungen, sowie die darin vorgelesenen Gedichte verzeichnete, und das Bundesbuch, in welches die nach der mündlichen Beurtheilung aller Bündler und nach schriftlicher Kritik eines bestellten Recensenten gutgeheißenen Gedichte vom Verfasser selbst eingetragen
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