23. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1893

Das „participe passe" in activer Verbalconstruction von den ältesten Zeiten der Sprache his anf die Gegenwart.*) Die meisten Beispiele der Participien, welche sich in den ältesten Denkmälern vorfinden und die mit „avoir" construiert sipd, beweisen zur Genüge, dass die alte Sprache von dem Principe ausgieng, nach welchem das Verbum „habere" in seiner ursprünglichen Bedeutung des Besitzens und das Particip Perfecti in der Punction einer prädicativen Ergänzung zum Objecte angewendet wird : j'ai rejue la lettre und la lettre que j'ai refue entsprechend der lateinischen Wendung: habeo receptam epistolam und epistolam quam habeo receptam. — Bei der Ereiheit nun, welche das Altfranzösische hinsichtlich der Wortstellung genießt, lässt sich von vorneherein erwarten, dass in der Ordnung der drei Elemente: Hilfszeitwort, Particip, Object**) alle sechs möglichen Combinationen sich finden werden. Die für die Sichtung der Bcisiiiele aufgestellten Grundsätze lassen sich dahin zusammenfassen, dass nur solche Parti cipien beweiskräftig sind, deren jedesmalige Silbenzahl und Form durch Metrum und Assonanz erfordert werden. Wir glauben indes von derartigen Einzelheiten umso eher absehen zu können, als wir keine Specialuntersuchung über ein poetisches Denkmal, sondern nur die Entwicklung der obigen Construction überhaupt darzustellen gedenken; zudem werden auch Prosadonkmäler, wie uns solche vor allem Bartsch und Darmesteter bieten, zurathe gezogen, wo die in der Poesie zu beobachtenden Grundsätze selbstverständlich nicht in Betracht kommen könnten. Der klaren Übersichtlichkeit wegen adoptieren wir die von Prof. Mussafia in der Gröber'schen Zeitschrift mitgetheilten Schemata, ^ *j Quellen; Karl Bartsch: Chrestomathie de l'ancien frangais, 5. Aufl., Leipzig 1884; Littre; Dictionnaire de la laugue frangaise, Paris 1873; Bastin: Histoire du participe pass6, Petersbourg 1881; Mätzner; Französische Grammatik, 2. Auflage, Berlin 1877; Darmesteter und Hatzfeld: Moiceaux choisis du XVI° siede, Paris 1876; Mercier: Histoire des participes fraugais, Paris c. 1880; Joli. Busse: üeber die Congruenz des Particip Perfecti im Altfranzösischen (Dissertation); Ed. Koschwitz: Les plus anciens monuments de la langue frangaise, Heilbronn 1880; G. Gröber: Zeitschrift für romanische Philologie II. (1878) p. 399 ff und IV. (1880) S. 104 ff; Vaugelas: Remarques Sur la langue frangoise, 2 vol., Paris 1880; Jahrbuch für rom. und engl. Sprache und Literatur XV; Prof. Dr. Mussafias Vorlesungen über die hist. Syntax der franz. Sprache; Li Romans dou Chevalier au Lyon par Crestien de Troies ed. v. W. L. Holland, Hannover-Paris, 1880, 2. Auflage; La Chanson de Roland edit. Theod. Müller, Göttingen 1851; Oeuvres de Frangois Villon publ. par Paul Lacroix, Paris 1877 und etliche andere im Laufe der Abhandlung namhaft gemachten Schriften und Werke. **) In der F' olge werden diese drei Elemente der Kürze wegen mit V. P. 0. bezeich net werden. . 1*

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