11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

6 erste Ansiedlung von Germanen im Römerstaate. Seit Kaiser Vespasian (69—79 n. Chr.) ist das sogenannte Viertel unter dem Wienerwalde zur Provinz Pannonien gezogen, so dass das Castell in Klosterneuburg noch zu dieser gehörte, also der bei Greifenstein zum Strome abfallende Höhenzug die Grenze machte. Im zweiten Jahrhundert n. Chr. ist die Ostgrenze ebenfalls von der Donau ab in die Linie der Mürz und Mur gerückt, etwa vom Kahlenberge über den Semmering, Wechsel, Hartberg und Schöckel be Graz, oder weiter westwärts gegen den Hochlantsch, die Stubalpe, das steirisch-kärntnerische Scheidegebirge und jenseits der Drau zum Bacher gebirge. Die Südgrenze wird bezeichnet durch die Linie der Vereinigung der Boite und Piave längs des Oberlaufes der letzeren zum Kamm der carnischen Alpen und zum Predilpass, von hier durch das Isonzothal, die Idria, Laibach und die Save bis zur Mündung der Sutta; im 4. Jahrhundert wurde die Grenze gegen Norden vorgeschoben, so dass Emona, das heutige Dorf Igg südlich von Laibach, die nördlichste Stadt Italiens wurde; als Grenzpunkt zwischen Italien und Noricum erscheint in diesem Jahrhunderte Atrante, d. h. Trojanaberg. Die Westgrenze gegen Rätien war der inn von Passau bis zum Schlosse Matzen bei Rattenberg in Tirol, von da eine Linie bis zur Drau quelle, von wo sich dieselbe über den Gebirgsrücken nördlich von Cembra fortsetzte, um in Friaul, etwa bei der Vereinigung der Boite und Piave längs des Oberlaufes der letzteren zum Kamme der carnischen Alpen fort gesetzt, mit der Südgrenze zusammenzutreffen. Die unverrückbare Nord grenze endlich war die Donau. Erst unter Kaiser Mark Aurelius wurde Noricum eine eigentliche Provinz innerhalb derselben Grenzen. Unter Kaiser Diokletian (284—305) gewann das römische Reich eine neue Gestalt. Neue Aemter wurden geschaffen, Provinzen getheilt und neue gebildet, das ganze grosse Reichsgebiet in vier Haupttheile geschieden. Auch die grosse Provinz Noricum zerfiel damals in zwei Provinzen, Noricum Ripense, Ufer-Noricum, bis zu den heutigen Grenzen zwischen Steiermark und Oberösterreich und Noricum Mediterraneum, binnenländisches Noricum im Süden derselben. Beide Provinzen gehörten zum Westreiche mit dem Kaisersitze in Mailand und zur ersten abendländischen Praefectur, deren Amtsgewalt der Cäsarische Regent oder Vicekaiser mit dem Sitze in Sirmium, h. Mitrovitz, bekleidete. Auf der Diokletianischen Eintheilung beruht auch die Constantins des Grossen (306—337), der das Staatsgebiet in vier Praefecturen, vierzehn Diöcesen und hundertsechzehn Provinzen theilte. Noricum gehörte mit Pannonien, Savien (Saveland) und Dalmatien zum illyrischen Vicariate der italischen Praefectur. So blieb es bis zur bleibenden Theilung des Reiches in ein ost- und ein weströmisches, zu welch letzterem unser Noricum gehörte; nur einmal 437 trat es Kaiser Valentinian III. aus Familienrücksichten und wegen eines Bündnisses an das oströmische Reich ab; zur Zeit Attilas erscheint es wieder als eine

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