— 39 - schen Besatzungen ohne Ergänzung und Sold geblieben; endlich ziehen sie ganz ab. Wechselweise brechen Heruler, Rugier, Sueven und Alemannen ins Land ein, schon ist Passau gefallen und nur Lauriacum noch in gutem Vertheidigungszustande. Dorthin ziehen sich aus den bedrohten Orten die Bewohner auf Severins Rath. Da erscheint plötzlich König Fava vor dem selben, um die Bewohner in die ihm zinsbaren und näher gelegenen Städte zu vertheilen, unter denen Faviana, Mautern an der Donau, seine wichtigste war. Severin bringt ihn auf Bitten der Stadt von diesem Plane ab, erklärt aber ziemlich deutlich, dass sich alle Provincialen als seine Unterthanen ansehen. Severin stiftete auch in der Nähe dieses Ortes ein Kloster, wo ihn des Königs Bruder Friedrich, welchem Faviana als eigene Herrschaft zugetheilt wird, besucht und begrüßt, ja ihm Schutz der Stiftung und Einkünfte zusichert. In die Zelle Severins kam auch eines Tages ein hochgewachsener Ruge aus edlem, aber durchaus nicht königlichem Geschlechte, Namens Odovakar, welcher mit mehreren Landsleuten beim Kaiser in Italien Kriegs dienste nehmen wollte. Ihm prophezeite der Mönch künftige Herrschaft er erlebte es noch, dass Odovakar König von Italien wurde und einstiger Zeit gedenkend, forderte dieser in einem Briefe den Severin auf, sich eine Gnade zu erbitten. Auch das Rugierreich gieng durch Odovakar zu Grunde, bald nach Severins Tode, 8. Jänner 481 oder 482. Friedrich oder Ferderuch, Fürst von Faviana, wurde von seinem gleichnamigen Neffen ermordet, worin man die Strafe dafür sah, dass er nach des Heiligen Tode sein Kloster trotz früheren Versprechens ausgeraubt hatte; Odovakar nahm die Blutthat als Vorwand zur Einmischung, bekriegte die Rugier, führte König Fava und dessen Gemahlin gefangen nach Italien, vertrieb den Prinzen Friedrich aus dem Lande und als er zurückzukehren wagte, ein zweitesmal durch seinen Bruder Onoult, der jetzt auf Befehl des Königs im Vereine mit dem Comes Pierius die meisten Römer aus den Donauländern nach Italien führte, wohin sie auch Severins Leiche mitnahmen. Schon früher scheint Lauriacum zu Grunde gegangen zu sein, wahrscheinlich noch bei Severins Lebzeiten um 480; die Herrschaft der Römer hatte geendet und nur einzelne Römer erhielten sich auf dem Boden, der blühend und fruchtbar durch ein halbes Jahrtausend, um die Mitte des siebenten Jahrhundertes als „schauerliche Wildnis, voll wilder Thiere, welche für Reisende den Durchzug unmöglich machen“ geschildert wird. Aber auch in der Wildnis erhielten sich und entwickelten sich Keime neuen Lebens und über den Ruinen der Vergangenheit baute sich ein neues Volk seine Hütten, die Slaven, und ein anderes seine Burgen und Städte, die Germanen. Dr. Hans Widmann.
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