11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

— 35 nicht verkauft werden; ob daran auch festgehalten wurde, ist wohl zweifelhaft. Gekauft wurden von ihnen Sklaven und Rohprodukte; eine Handelsverbindung bestand immer, denn durch ihr Land gieng über Wels die alte Straße für den Bernsteinhandel, welches an den Küsten des Nordmeeres gewonnene fossile Harz, von den Griechen Elektron, von den Römern Succinum genannt, einen ungemein beliebten Schmuck für römische Damen abgab. Den Flor der Viehzucht verbürgt nur die bekannte Thatsache, dass der Kelte überhaupt lieber diese als den Ackerbau betrieb ; aber in der Römerzeit gab es eine sehr entwickelte Acker- und Gartenwirtschaft; wie jetzt war schon damals der ertragsfähige Boden, Acker, Wiesboden, Weide und Wald, nach verschiedenen Bonitätsgattungen in den Kataster eingetragen. Die Viehzucht wurde gefördert durch die als Staatseigenthum betrachteten und jährlich verpachteten Alpenweiden, auf denen die Kasern —casa alpine standen. Ueberhaupt haben wir uns das Leben der Landleute im Großen und Ganzen gerade so vorzustellen, wie es heute ist, wie überhaupt in vielen Dingen die grösste Aehnlichkeit erhalten ist. Vom Most, dem so beliebten Getränke der Oberösterreicher, geschieht freilich keine Erwähnung, dagegen ist es wahrscheinlich, dass auch in unseren Gegenden eine Art Bier gebraut wurde, welches der Kirchenschriftsteller Hieronymus, geboren zu Stridon an der Grenze von Steiermark und Ungarn um 340, gestorben 420 in Bethlehem, Sabaia oder Sabaium nennt und ein anderer Schriftsteller als „ärmlichen Trunk in Illyricum bezeichnet. VI. Religion und Cultus. Es ist zweifelsohne, dass die Religion der Kelten in Noricum mit der ihrer Stammesbrüder in Gallien Aehnlichkeit hatte. Leider ist davon nur weniges, eigentlich nur das bekannt, was aus römischer Zeit durch Inschriften auf uns gekommen ist. Der Annahme von Druiden und Barden, die für das keltische Gallien sicher sind, auch für Noricum, können wir uns nur mit der Miene des Zweifels gegenüberstellen. Den Reichthum unserer Kelten an Göttergestalten lassen uns die Inschriften ahnen, die auch den Fortbestand des alten Götterglaubens in der Römerzeit beweisen. Der Römer war gegen jede Religon tolerant, welche sich dem Staate unterordnete und die römische Staatsreligion nicht angriff. Bereitwillig nahm er die Götter anderer Völker in sein Pantheon auf, verschmolz geschickt das Wesen der eigenen italischen Gottheit mit dem fremden Götterbilde. So wurde besonders der gefeiertste keltische Gott, wohl ihr Hauptgott, Belenus, der Sonnengott, mit dem Apollo identificiert und auf Denkmäler und Inschriften als Augustus, Erhabener, verehrt, so auf dem Zollfelde, ja hoch droben auf den volksliedbesungenen Zigullen nordwestlich von Klagenfurt weiht Caius Marius Severus dem Belenus Augustus einen Stein! Neben Belenus verehrten die Kelten den Frühlingsgott Jarmogius,

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