11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

34 dem, was Pighius gesehen, nichts mehr übrig sei; nur darin habe er einen Trost gefunden, dass ihm von den Landleuten an einem Tage mehr als hundert silberne und bronzene Münzen angeboten worden seien. Nach allen Spuren muss das Handwerk in den Städten geblüht haben und in Noricum ganz besonders das Eisenhandwerk. Rühmend gedenken immer die römischen Schriftsteller der Chalybs Norica, des norischen Eisens, das wahrscheinlich schon damals aus den Erzbergen in Eisenerz und Vor¬ dernberg auf der Enns in unsere Gegenden befördert und hier zu den tausenderlei nöthigen und nützlichen Dingen geformt worden ist, zu welchen es jetzt noch verwendet wird. Wenn wir auch in Steyr keinen Civilort der Römer und also keine Eisenarbeiter nachweisen können, obwol sie als wahr scheinlich angenommen werden dürfen, so sind sie gewiss für Ovilava und Lauriacum, wo sie wol auch eine eigene Zunft bildeten, vielleicht im Vereine mit den Holz- und Kohlenlieferanten, wie in der großen Handelsstadt an der Adria, in Aquileja, auf dessen Markte norisches Eisen, norische Eisenwaaren und Ackergeräthe einen Hauptartikel bildeten. Auch Goldschmiede werden erwähnt, wie ja die Goldbergwerke in den Tauern, in der Rauris, ja in unserem Oberösterreich ein Goldbergwerk am Ariberg bei Steg, in der Nähe von Goisern, ausgebeutet wurden und gerade die Eingebornen unseres Landes, die Celten, den Schmuck ungemein liebten. Beweis dafür sind die Gräber der Hallaunen auf dem Salzberge bei Hallstatt, welche freilich nur billigeren Bronzeschmuck, diesen aber massenhaft enthalten. Wie sie die Bronze nannten, ist unbekannt; denn dieses Wort stammt aus dem lateinischen brunus aes, braunes Metall, wie Schlie¬ mann, der Entdecker Trojas, meint. Damit sind wir an der Stelle eines der wichtigsten Industriezweige der Salzgewinnung angelangt, die unter staatlicher Aufsicht, da die Salinen Regal waren, wohl ausschließlich von den Eingebornen betrieben wurde. Berühmt waren außerdem noch die norischen Mäntel, eine Art Loden, der ehemals wie noch jetzt in den Alpenthälern verfertigt wurde. Alle diese Gegenstände wurden durch den Handel verbreitet und im Emporium Aquileja wurden aus unsern Gegenden besonders Vieh, Felle, Holz, Wachs, Eisen und Eisenwaaren, auch Alpenkräuter, besonders Speik, bei den Römer Spica Nardi, von Linné Valeriana celtica genannt, dessen Gewinnung nach dem Zeugnisse des römischen Naturhistorikers Plinius mit einer Abgabe belegt war, verkauft. Eingekauft wurde besonders Oel und Wein, obwol gerade das Ufernoricum in der noch jetzt weingesegneten Gegend bei Aschach und noch mehr Pannonien Wein erzeugte, Dank dem Kaiser Probus (276—282), der an der Donau wie am Rheine durch seine Soldaten Weingärten anlegen liess. Auch mit den Barbaren am Nordufer der Donau bestanden Handelsverbindungen; doch durften ihnen nach kaiserlichen Verordnungen manche Artikel, wie Gold, Eisen, Waffen, Wetzsteine, Salz, Wein, Oel und Getreide

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