— 32 die Verwaltung der Pupillengüter und die Rechtspflege innerhalb der Stadt. Da die Decurionen für alles verantwortlich waren, für Steuern und Abgaben mit ihrem eigenen Vermögen haften mussten, bei den später so schnell wechselnden Kaisern und Beamten eine schwierige Stellung einnahmen, indem sie heute loyal und kaiserstreu, morgen Hochverräther sein konnten, so erklärt es sich, warum keiner diesen Stand verlassen durfte, ja warum die Einschreibung eines Bürgers in diesen ehrenvollen Stand als Strafe galt, die erst von Kaiser Valentinian (364—375) aufgehoben wurde. Die nächste Würde nach der eines Duovirs war die eines Defensor oder Vindex Civitatis, Stadtbeschützers, der von den gesammten Bürgern aus den Angesehenen auf fünf Jahre gewähl wurde. Er hatte speciell für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu sorgen, über die Ausübung der Rechtspflege zu wachen, die Bürger vor Angriffen und Beleidigungen, sowie vor Uebervortheilung bei Eintreibung der Abgaben zu schützen, ein Verzeichnis der Pupillengüter zu führen, endlich darauf zu sehen, dass die Decurionen vollzählig im Rathssaale erscheinen und thätig mitwirken. Für die Verwaltung des städtischen Vermögens gab es einen Curator Reipublicae, städtischen Fondsverwalter, dem auch die Verpachtung der städtischen Gründe und die Bestimmung der Preise der Lebensmittel zustand. Die Obsorge für genügende Einfuhr derselben, die Vergabung an die Armen zu billigen Preisen, die Aufsicht über die Getraidehändler hatte der Curator Annonae — Kastamtsverwalter. Auch Aediles, Stadtbaumeister mit der Aufsicht über öffentliche und Privatgebäude, Episcopi und Inspectores mit der über Mass, Gewicht und Brot verfälschung, Archivaufseher, Polizeileute, Nachtwächter, kurz, so ziemlich alle Aemter, wie wir sie noch heute in einer Stadt finden, werden erwähnt. Von den Einkünften der Stadt sollte regelmässig ein Drittheil für die Erhaltung der Stadtmauern, das Uebrige für die öffentlichen Gebäude und Bäder und zu Gehalten für die Lehrer der Jugend, die als Philosophi, Sophistae, Rhetores und Grammatici bezeichnet sind, sowie für Aerzte — Medici, Archiatri (von diesem griechischen Worte stammt unser deutsches Arzt) verwendet werden. Ein reiches Leben, eigenthümlich durch die Mischung römischer Bil¬ dung und einheimischer Kraft, entwickelte sich überhaupt im Lande und wie das geistige, ist auch für die angenehme äußere Gestaltung des Lebens gesorgt. Die besser Städte, wie Ovilava und Lauriacum haben wir uns nach römischer Art und Weise gebaut vorzustellen, umgeben von starken Mauern und Thürmen, mit geräumigen, gepflasterten Straßen, erhöhten Trottoirs längs den Häusern, mit Thoren und Triumphbögen, Grabmälern und Statuen, luxuriösen Bädern und Theatern und säulengetragenen Tempeln. Die Umgebung der Stadt war bedeckt mit Villen und Landhäusern inmitten schöner Parke mit sprudelnden Fontanen und stillen Teichen, geschmückt mit Allem, was Reichthum und feiner Geschmack zur Verschönerung des Lebens braucht.
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