11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

31 drücklich vom Oppidum zum Municipium erhoben wurde, in Salzburg Juvavum. Ein Municipium konnte endlich zum Range einer Colonie befördert werden, wofür sich in unserem Lande kein Beispiel findet, da die zwei Colonien gleich als solche gegründet wurden. War die Verwaltung beider Arten von Römerstädten anfangs eine verschiedene, so gab es später keinen wesentlichen Unterschied zwischen beiden, wenn auch nur Colonien der höchsten Auszeichnungen, wie der Exemtion von der Bevormundung des Statthalters, der Steuerfreiheit, d. i. Befreiung von der Grundsteuer, theil haftig werden konnten, die aber in unserm Lande nie verliehen wurden. Municipien erhielten auch öfter den Ehrentitel von Colonien. Auch dieses war in Ufernoricum nirgends der Fall, wahrscheinlich weil in die Verfassung der Oppida alteinheimische Satzungen aufgenommen waren, die sich erhielten und ein Hindernis für die Verleihung der römischen, alle einheimischen Gewohnheiten ausschliessenden Verfassung waren. Die Verfassung der Colonien und Municipien war in der Kaiserzeit folgende: Die Bürger waren in zwei Klassen getheilt, in die Plebs, das gemeine Volk, und in die Honorati, die Angesehenen, welche einen erblichen, bevorzugten und manchmal auch benachtheiligten Stand der Decurionen, gewöhnlich 100 bilden, deren Namen in ein Matrikel — Album Curiae — eingetragen sind und die zusammen die Curia Civitatis, oder den Coetus Curiae, die Gemeinderepräsentanz, den Senat der Stadt bilden. Die Familien der Decurionen besitzen erbliche Staatsgüter, welche aber den öffentlichen Abgaben unterworfen sind und nicht an Fremde verkauft werden dürfen. Ebensowenig darf ein Decurio seinen Stand verlassen und von drei Söhnen sind nach vollendetem 18. Lebensjahre wenigstens zwei verpflichtet den Versammlungen der Curie beizuwohnen. Dafür hatten sie wieder einen sogenannten privilegierten Gerichtsstand, d. h. konnten nur vom Praeses Provinciae, dem Provinzstatthalter, gerichtet werden. Aus dem ganzen Stände wurden jährlich zehn Primatos, Erstere, gleichsam als engerer Rath gewählt und analog der römischen Consular-Einrichtung jährlich zwei Gemeindevorsteher — Duoviri — Zweimänner — genannt; ebenso mussten sie die verschiedenen Priesterstellen versehen, welche die Opfer und den Gottesdienst zu leiten hatten, was natürlich aufhörte, nachdem unter Constantin den Großen das Christenthum Staatsreligion geworden. Das Amt der Decurionen war ebenso wichtig, wie beschwerlich. Ihnen oblag die Beorgung sämmtlicher Municipal oder Verwaltungs-Geschäfte der Stadt, namentlich die Verwaltung der öffentlichen und Stadtgüter, die Herhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie des Gehorsams gegen die obrigkeitlichen Befehle; die Besorgung der Lebensmittel, der Wasserleitungen und Bäder, der Straßen und Posten, die Verkündigung der Regierungs-Verordnungen, die Einnahme und Abfuhr der öffentlichen Gelder besonders der Staats-Steuern, die Statistik der Bevölkerung und des Katasters, die Aushebung der Truppen, die Besorgung der Militärfuhren,

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