11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

— 29 Neben den Römern wurden bald auch Barbaren in Sold genommen, eine der Hauptursachen oder Wirkungen des Verfalls, doch standen noch in den letzten Zeiten der Römerherrschaft römische Besatzungen in den festen Plätzen; neue Gesetze wurden gegeben, um die Disciplin zu stärken und die Kriegstüchtigkeit zu erhöhen. Aber zur Zeit Serverins ist die Verbindung mit Italien schon unterbrochen; schon werden Beispiele von Feig¬ heit gemeldet; dann erhalten die Truppen keinen Sold mehr und als endlich nur mehr Lauriacum dem Andrängen der Barbaren Halt gebietet, wird schon von Bürgern gesprochen, die zum Wachdienste ermuntert werden und von germanischen Söldlingen, welche die einzelnen Orte zum Schutze gegen andere Germanen anwerben, wobei freilich die angeworbenen Beschützer die Herren und Bedrücker ihrer Schutzbefohlenen werden. IV. Sociale Verhältnisse und Verwaltung der Städte und Ortschaften. Es wurde bereits hervorgehoben, dass sich die Römer in die eigentlich inneren Angelegenheiten der eroberten Länder anfangs nur so viel mischten als es der Staatszweck erforderte. Das war auch in Noricum der Fall. Die alte keltische Bevölkerung bestand aus freien Grundbesitzer, welche ihren Besitz behielten, und aus unfreien Hörigen, Coloni genannt, welche den Acker bebauten. Nur aus den Freien wurden die Soldaten ausgehoben, nur sie mussten die Steuerlast tragen. Seit alter Zeit theilte sich das Keltenvolk in verschiedene Stämme. Diese Stammeintheilung wurde von der römischen Regierung beibehalten und für jeden Stamm ein Vorort bestimmt, Civitas oder Respublica genannt, dem das ganze Stammgebiet, der Gau, gleichsam als Stadtgebiet untergeordnet war. In jedem dieser Gebiete war schon seit Augustus eine Art Landtag aus Vertretern der Gaugenossen zusammengesetzt, der unter dem Vorsitze des Oberpriesters tagte, während ein römischer Officier oder Beamter als Regierungs-Commissär functionierte. Diese Gaulandtage hatten das Budget für ihr Gebiet zu berathen und zu bewilligen, das Recht Bitten, Dankeserklärungen, Beschwerden über die Verwaltung an den Kaiser zu berathen und zu beschliessen; erst als das Reich immer mehr und mehr Beamtenstaat wurde, verloren die Versammlungen ihren politischen Charakter und behielten blos den sacralen, religiösen, bei, indem sie sich darauf beschränken mussten Opfer zu Ehren „Gottes des Kaisers“ und „Roma der Göttin“ durch den Oberpriester des Gaues darbringen zu lassen. Als Gauvororte in Noricum überhaupt erscheinen Agountum bei Lienz im tirolischen Pusterthale, Teurnia bei St. Peter im Holz in Kärnten, Virunum auf dem Zollfelde bei Klagenfurt, Emona, h. Igg bei Oberlaibach, Celeia h. Cilli Flavia Solva h. Seckau, Poetovio-Pettau, Juvavum-Salzburg und für Oberösterreich Ovilava- Wels, wahrscheinlich schon ein bedeutender Keltenort und auch nach seiner Wiederherstellung, — er war im Markomannenkriege zerstört worden — als Colonie Vorort des ganzen uferländischen Noricums. Der Senat der Stadt führte die Regierung über das zugetheilte Landgebiet

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