11. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1881

Elfter Jahres Berich k. k. Staats-Ober-Realschule Steyr. Veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1880-81. Inhalt: 1. Das Land Oesterreich ob der Enns unter der Herrschaft der Römer. Historische Skizzen von Dr. Hans Widmann. 2. Schulnachrichten. Erstattet von der Direction. Steyr 1881. Herausgeber: Die k. k. Oberrealschul-Direction. Druck der M. Haas'schen Erben.

Das Land Oesterreich ob der Enns unter der Herr¬ schaft der Römer. I. Noricum, sein Anfall an das römische Reich und seine Ausdehnung. Hoch zu den Polen hinan, so weit sich bewohnet das Land dehnt Brach dein tapferer Arm Bahn dir im männlichen Kampf. Völker in Menge umschlangst du mit einem Bande der Heimat, Die das Gesetz nicht gekannt, zwang und erhob deine Macht Denn das eigene Recht gewährtest du frei den Besiegten „die Welt. Und es wurde zur „Stadt“, was da gewesen¬ So sang im Jahre 416 nach Christus noch im Vollgefühle echten Römerthums und durchdrungen von dem Gedanken an Roms weltbeherr schende Macht und Stellung der poëtische Gallier Rutilius Claudius Nama¬ zu einer Zeit, in welcher jene Stellung bereits erschüttert, jene tianus, — Macht ihrem Sturze schon nahe war. Der Dichter hatte Recht, so zu sprechen, denn unter allen Reichen, deren Namen in den Blättern der Weltgeschichte verzeichnet stehen, hat keines eine solche Staffel der Größe erstiegen, wie das römische Weltreich! Wol waren manche Reiche über weitere Landstriche ausgebreitet, haben andere bewunderungswertere Regenten gehabt, oder längere Reihen von Jahrhunderten existiert, — keines hat es aber je gegeben, das wie das römische die schönsten Länder der Erde seine Provinzen nannte, das ausgebildetere Institutionen hatte und seine Wirkungen auch nach seinem Sturze fühlbarer machte, das also intensiv größer gewesen wäre, als das mehr denn tausendjährige Römerreich! Während seines Bestehens und nach seinem Falle hat es besonders in einigen der Länder, welche jetzt unsern herrlichen Kaiserstaat Oesterreich bilden, einen weitgehenden Einfluss ausgeübt. Des Reiches Nordgrenze war ja der mächtige Donaustrom, derselbe Strom, den man jetzt mit Recht die Pulsader des Kaiserstaates nennt. An den Ufern dieses Stromes und an denen des deutschen Rheines standen die römischen Posten auf der Hut gegen die blonden Germanen, an diesem Strome entwickelte sich ein so reiches Leben, eine so eigenthümliche Cultur, dass es immer wieder und

wieder Interesse einflößt, sich in jene Zeiten zurück zu versetzen, die glänzend hervorstrahlen aus dem Dunkel früherer, aus der Barbarei späterer Jahrhunderte. Die Geschichte der römischen Herrschaft am Donaustrande ist eine Geschichte Oesterreichs in seinen Hauptbestandtheilen in römischer Zeit; ein Fragment aus derselben ist die Geschichte des römischen Noricum, und ein Theil des Fragmentes wieder die Geschichte des Landes Oesterreich ob der Enns in der Römerzeit. Zur Geschichte unseres engeren Heimat landes während seiner Beherrschung durch die Römer sollen diese anspruchs losen Skizzen einen Beitrag bieten, — mögen sie als nichts mehr, denn als ein Versuch betrachtet und als ein solcher aufgenommen werden. In Dunkel gehüllt ist die vorrömische Periode der Geschichte unseres Landes ob der Enns, dessen Bewohner dem grossen Keltenstamme angehörten und in den Gegenden der hohen Tauern und nördlich davon den Namen Taurisker führten, während das Land, das sie bewohnten, von den Römern nach dem wichtigsten Stamme derselben, den Norikern, Noricum genannt wurde. Die Römer wurden mit diesen Völkern, wie mit so vielen andern zuerst im Waffengänge bekannt und — gefürchtet. Um das Jahr 115 v. Chr. schlug der Consular Aemilius Skaurus die Taurisker, um den von ihnen bedrohten karnischen Handelsweg nach Italien, wohl die uralte Strasse von den Alpen durch Kärnten und Krain nach Oberitalien, zu schützen. Zur Zeit des Julius Cäsar wird Voccio als König von Noricum genannt, welcher mit dem Römer-Imperator ein Bündniss gegen gemeinsame Feinde schließt und demselben zum Kampfe gegen Pompejus dreihundert berittene Edle des Landes als Hilfsschar sendet. Ein solches Bündnis war häufig nur Vorbote späterer Unterwerfung, und dieses Loos war auch dem Königreiche Noricum nach dem Plane des grossen Cäsar bestimmt. Nach seinen großartigen Ideen sollten Donau und Rhein die Grenzen der römischen Weltmacht im Norden Europas bilden und diese mächtige Linie durch zwei furchtbare natürliche Festungen geschützt werden, durch Gallien, das er selbst eroberte, im Westen; durch Dacien, das heutige Siebenbürgen, im Osten. Die Eroberung des Letzteren gelang in Folge der nach Cäsars Ermordung ausbrechenden Unruhen im Römerreiche erst später, obwohl schon Octavianus Augustus sich mit dem Gedanken trug und als Stützpunkt für Operationen gegen dieses Land die Stadt Segesta, heute Sissek, militärisch besetzte. Dagegen fiel das Königreich Noricum durch die Macht der Umstände von selbst, nachdem Pannonien, das heutige Ungarn am rechten Donaufer, im Jahre 35 v. Chr. durch August erobert worden und Drusus und Tiberius, wenn auch nicht „ohne Mühe, —wie der römische Geschichtsschreiber Dio Cassius uns bereden möchte — Rätien im Jahre 15 v. Chr. unterworfen hatten. Pannonien versuchte zwar im Jahre 14 noch einmal das Joch der Römer abzuschütteln und erhielt thätige Hilfe von den ein ähnliches Schicksal ahnenden Norikern; der pannonische Aufstand wurde unterdrückt und das Land unauflöslich mit dem römischen

5 Reiche verbunden. Damit war das zwischen Pannonien und Rätien liegende, vom Inn bis zur Raab, von der Donau bis zur Save reichende norische Königreich so zwischen römischen Gebietstheilen eingeschlossen, dass es nicht umhin konnte mit dem mächtigen Nachbar eine Militär-Convention zu schliessen, d. h. seine Mannschaft unter römischen Oberbefehl zu stellen und der römischen Staatscasse eine bedeutende Steuersumme zu zahlen. Dagegen behielt es sein einheimisches Fürstengeschlecht und seine Besatzung. Mit genialem Blicke suchten die Römer eine Verbindung der beiden mächtigen Völker dadurch zu verhindern, dass sie alle von Pannonien nach Noricum führenden Flussthäler durch Festungen besetzten, besonders seitdem ein neuer, grosse Dimensionen annehmender Aufstand der Pannonier in den Jahren 6, 7 und 8 n. Chr., den Tiberius mit Gewalt und List dämpfte gezeigt hatte, wie besorgniserregend eine Verbindung beider Nationen für die römische Herrschaft werden könnte. Die Endpunkte der befestigten Linie waren Carnuntum, heute Petronell, und Emona, heute Dorf Igg süd¬ lich von Laibach. Unter Kaiser Claudius (41—54 n. Chr.) wurden die Befestigungen auf dieser Linie vollendet, — und nun wurde auch das bis herige Bundesverhältniss zu Noricum aufgelöst und das Königreich ein Eigenthum des römischen Herrschers, der als solcher zugleich König von Noricum ward, wie er z. B. zugleich König in Aegypten und Princeps in Rom war. Da also Noricum nicht eine eigentliche Provinz war, wurde es auch nicht unter einen Legaten, einen höchsten militärischen Oberbefehlshaber, sondern einen Procurator, einen kaiserlichen Landpfleger oder Verwalter gestellt, dessen Bedeutung später erörtert werden wird. Hier mag nur erwähnt werden, dass er, obwohl militärisches und politisches Haupt der Provinz, nie eine ganze Legion, sondern nur die aus Einheimischen recrutierten Hilfsvölker und etwa Bruchtheile einer Legion unter seinem Befehle hatte; übrigens war er auch oberster Richter und Finanzbeamter; ja die Pflege und Ausnutzung der betreffenden Provinz zu Gunsten des Kronschatzes sollte geradezu seine Hauptthätigkeit sein. Die Grenzen des celtischen norischen Königreiches waren im allgemeinen auch die des römischen regnum Noricum, freilich zeitweilig wechselnd, besonders gegen Pannonien. Hier, also im Osten, galt eine von der Mündung der Raab in die Donau südwestlich bis zwischen Poetovio, h. Pettau, und Celeia, h. Cilli, fortgesetzte Linie als Grenze, so dass Pettau bereits zu Pannonien gehörte. Das Gebiet zwischen Leitha und Raab um den Neusiedler-See hiess die Bojerwüste, weil dort schon unter den norischen Königen durch die Markomannen aus Bojehemum, Böhmen, vertriebene Bojer Zuflucht gefunden hatten. Ebendort siedelte auch Kaiser Tiberius im Jahre 19 n. Chr. die Gefolgschaften des flüchtigen Markomannenkönigs Marbot und des Cattualda, Kaiser Klaudius um 50 n. Chr. das Gefolge des aus seinem Reiche zwischen March und Waag geflüchteten Clientelkönigs Vannius an, um das Land urbar zu machen, — wol eine der ersten oder die

6 erste Ansiedlung von Germanen im Römerstaate. Seit Kaiser Vespasian (69—79 n. Chr.) ist das sogenannte Viertel unter dem Wienerwalde zur Provinz Pannonien gezogen, so dass das Castell in Klosterneuburg noch zu dieser gehörte, also der bei Greifenstein zum Strome abfallende Höhenzug die Grenze machte. Im zweiten Jahrhundert n. Chr. ist die Ostgrenze ebenfalls von der Donau ab in die Linie der Mürz und Mur gerückt, etwa vom Kahlenberge über den Semmering, Wechsel, Hartberg und Schöckel be Graz, oder weiter westwärts gegen den Hochlantsch, die Stubalpe, das steirisch-kärntnerische Scheidegebirge und jenseits der Drau zum Bacher gebirge. Die Südgrenze wird bezeichnet durch die Linie der Vereinigung der Boite und Piave längs des Oberlaufes der letzeren zum Kamm der carnischen Alpen und zum Predilpass, von hier durch das Isonzothal, die Idria, Laibach und die Save bis zur Mündung der Sutta; im 4. Jahrhundert wurde die Grenze gegen Norden vorgeschoben, so dass Emona, das heutige Dorf Igg südlich von Laibach, die nördlichste Stadt Italiens wurde; als Grenzpunkt zwischen Italien und Noricum erscheint in diesem Jahrhunderte Atrante, d. h. Trojanaberg. Die Westgrenze gegen Rätien war der inn von Passau bis zum Schlosse Matzen bei Rattenberg in Tirol, von da eine Linie bis zur Drau quelle, von wo sich dieselbe über den Gebirgsrücken nördlich von Cembra fortsetzte, um in Friaul, etwa bei der Vereinigung der Boite und Piave längs des Oberlaufes der letzteren zum Kamme der carnischen Alpen fort gesetzt, mit der Südgrenze zusammenzutreffen. Die unverrückbare Nord grenze endlich war die Donau. Erst unter Kaiser Mark Aurelius wurde Noricum eine eigentliche Provinz innerhalb derselben Grenzen. Unter Kaiser Diokletian (284—305) gewann das römische Reich eine neue Gestalt. Neue Aemter wurden geschaffen, Provinzen getheilt und neue gebildet, das ganze grosse Reichsgebiet in vier Haupttheile geschieden. Auch die grosse Provinz Noricum zerfiel damals in zwei Provinzen, Noricum Ripense, Ufer-Noricum, bis zu den heutigen Grenzen zwischen Steiermark und Oberösterreich und Noricum Mediterraneum, binnenländisches Noricum im Süden derselben. Beide Provinzen gehörten zum Westreiche mit dem Kaisersitze in Mailand und zur ersten abendländischen Praefectur, deren Amtsgewalt der Cäsarische Regent oder Vicekaiser mit dem Sitze in Sirmium, h. Mitrovitz, bekleidete. Auf der Diokletianischen Eintheilung beruht auch die Constantins des Grossen (306—337), der das Staatsgebiet in vier Praefecturen, vierzehn Diöcesen und hundertsechzehn Provinzen theilte. Noricum gehörte mit Pannonien, Savien (Saveland) und Dalmatien zum illyrischen Vicariate der italischen Praefectur. So blieb es bis zur bleibenden Theilung des Reiches in ein ost- und ein weströmisches, zu welch letzterem unser Noricum gehörte; nur einmal 437 trat es Kaiser Valentinian III. aus Familienrücksichten und wegen eines Bündnisses an das oströmische Reich ab; zur Zeit Attilas erscheint es wieder als eine

7 Provinz des Westreiches und auch nach dem Sturze des letzten weströmischen Kaisers gehörte es zu den italischen Reichen der Könige Odoaker und Theodorich. II. Die römischen Ansiedlungen und Strassen. Unter heftigen Stürmen war aus der römischen Republik die Monarchie des Kaisers Octavianus Augustus hervorgegangen. Gesetze und Ordnung herrschten wieder, Krieg wurde nur gegen auswärtige Feinde geführt, Kunst und Wissenschaft blühten auf. Zu den berühmtesten Männern des Augusteischen Kreises gehörte Marcus Vipsanius Agrippa, der Anführe der siegreichen Flotte Oktavians bei Actium, ein grosser Freund und Beschützer der Wissenschaften und Künste, der nach einem thatenreichen Leben im Jahre 12 v. Chr. starb. Von ihm wird erzählt, dass er den Gedanken gefasst habe, das Bild des ganzen, damals bekannten Erdkreises in einer von seiner Schwester Polla nach seinem Plane erbauten Säulenhalle dem römischen Volke zur Besichtigung auszustellen; der Tod habe ihn an der Ausführung des schönen Werkes verhindert, Augustus dasselbe aber nach Agrippas hinterlassenen Aufzeichnungen vollendet. Von dieser monumentalen Karte des Römerreiches ist leider keine Spur vorhanden. Wol aber existiert eine andere Karte, welche zu der agrippinischen Welt¬ karte — orbis pictus — in einer gewissen Beziehung zu stehen scheint, die Peutingerische Tafel — Tabula Peutingeriana. Diese Karte auf Pergament, vermuthungsweise im 12. Jahrhunderte von einem Mönche in Kolmar aus einem älteren Originale oder wahrscheinlicher auch schon einer Copie abgezeichnet, wurde von dem gelehrten Humanisten Conrad Protucius Celtes, von Kaiser Maximilian I. gekröntem Dichter, Vorstand eines Collegium Poetarum — Dichter-Vereines — in Wien, in irgend einer Kloster-Bibliothek gefunden und dem gelehrten Augsburger Patricier Conrad Peutinger testamentarisch geschenkt. In Peutingers Biblio¬ thek blieb sie bis zum Aussterben des Geschlechtes, worauf sie Prinz Eugen von Savoyen, der ebenso grosse Gelehrte als Feldherr, um 100 Stück Ducaten kaufte; mit Eugens gesammtem Bücherschätze kam sie nach seinem Tode 1738 in die k. k. Hofbibliothek, wo sie sich noch jetzt befindet. Dieses eigenthümliche Werk besteht aus 11 Stücken, deren jedes 34% Breite und eine Länge von 59—65 % hat, so dass die Gesammtlänge 6 " 82 % beträgt, war einst zu einem Stücke vereinigt und wie die Bücher der Römer um einen Stab gerollt. Obwol jetzt aus 11 getrennten Stücken bestehend, scheinen doch ursprünglich deren 12 gewesen zu sein, aber schon dem Copisten des 12. Jahrhunderts nicht mehr vorgelegen zu haben; die Karte beginnt jetzt nicht mit der Westküste Europa’s, sondern zeigt nur den östlichsten Theil Grossbrittaniens, ganz Frankreich, aber nur den nördlichsten Theil Spaniens; im Osten umfasst sie hingegegen die, freilich fabelhaft gezeichnete Ostküste Asiens, so dass nach der Analogie an

— 8 dem einstigen Vorhandensein des westlichsten Anfangsstückes nicht zu zweifeln ist. Schon das Verhältnis zwischen der Länge und Höhe zeigt uns, dass wir es mit einer sonderbaren Karte zu thun haben — und in der That, dieser Karte gegenüber müssen wir alle unsere Vorstellungen von Landkarten aufgeben, ja geradezu vergessen. Am besten kann man sich dieselbe vorstellen, wenn man sich eine Erdkarte in Mercators Projection auf Gummielastik im Verhältniss von 1:21 ausgedehnt denkt, so dass alles nord-südliche in west-stliche Richtung gezogen erscheint. Was immer nach nord-südlicher Richtung strebt, Meerestheile, Halbinseln, Bergzüge, Ströme und Straßenlinien (vgl. die Straße Pyhrn. Wels-Ernolatia- Ouilia mit der Wirklichkeit!), muss sich zu westöstlicher Ablenkung, zu Dehnung und Streckung in die Länge bequemen. Eine mathematisch astronomische Projectionsart ist überhaupt ganz und gar nicht berücksichtigt. Diese Eigenthümlichkeiten der Karte wollen nun einige Schriftsteller ihrem Vorbilde, der nach Art eines Frieses im Innern einer Rotunde gemalten Weltkarte des Agrippa zuschreiben, während andere diese Agrippische Karte für viel genauer halten und einen Zusammenhang mit der Pentingerischen Tafel leugnen. Nach diesen ist sie nichts anderes als eine Militärstraßen-Karte, sogar geradezu für das gemeine Volk im Heere geschaffen, daher nur die Straßen, die an denselben liegenden Stationen und deren Distanzen berücksichtigend. Ja sogar die Meinung ist ausgesprochen worden, dass die Hacken in den Straßenlinien, welche man für symbolische Bezeichnung der beigeschriebenen Stationen hält, nicht diese sondern die Terraingestaltung, Steigung und Fall der Straßen anzeigen, die Straßen somit in Profilzeichnung dargestellt wären. Ebenso entsprächen die Distanzangaben genau dem Schrittmaße, welches für Ebene und Gebir, ein verschiedenes ist; die Distanzen selbst sind angegeben in römischen Meilen, mille passuum, oder Leugen, 11 r. Meilen; eine römische Meile von 1000 Schritt war gleich 5000 römische Fuß; drei Meilen also 15000 Fuß oder eine Reisestunde, ebensoviel wie 2 Leugen. In diese Straßenkarte seien Berge, Flüsse, Völkernamen erst später eingetragen und durch den letzten Copisten noch manches christlich mittelalterliche dazu gekommen. Nach anderer Meinung sind in der Karte auch zwei Elemente zu unter scheiden, und zwar eine physische Karte, welche eine Abbildung des Orbis pictus Agrippas war, und in sehr unvollendeter Form die physische Geographie, die Namen der Gegenden und wichtigsten Völker und endlich einige Namen von Städten, alten Hauptorten der Völker, wie sie zur Zeit Kaiser Augustus bestanden, gab; — und eine darauf gezeichnete Routenkarte, welche vielleicht zur Zeit der Söhne Constantins des Grossen hineingezeichnet und mit Distanzangaben versehen worden. Bezüglich der Distanzangaben darf wohl hier gleich die Bemerkung angefügt werden, dass die gezeichnete Entfernung der einzelnen Orte durchaus nicht massgebend für die Distanz

ist; so ist z. B. Ouilia von Tergolape 14, von Tutastione nur 11 römische Meilen entfernt, die Distanz zwischen Quilia und Tutastione aber viel größer als die weitere Quilia-Tergolpe. Zu dieser Entstehung der Karte muss dann noch die Unkenntnis und theilweise auch die Nachlässigkeit des mittelalterlichen Copisten in Rechnung gebracht werden, um Fehler, Auslassungen, Widersprüche zu erklären. Dass es an solchen auf dieser der ältesten bekannten Landkarte, überhaupt nicht mangeln kann, ergibt sich schon daraus, dass Donau und Rhein als Grenzen des Reiches ange nommen sind und in Folge dessen die so hoch cultivierte Gegend der Agr Decumates im Winkel von Rhein und Donau nicht berücksichtigt und die am linken Donaufer gelegene, durch zahlreiche Funde genau constatierte Römerstraße von Vindonissa-Windisch nach Reginum Regensburg auf dem rechten verzeichnet wird. Wir werden daher auch für unsere Gegenden keine grössere Genauigkeit erwarten dürfen und in der That sehen wir, dass Straßen ausgelassen, z. B. von Castellum Bolodurum nach Marinianio und von dort nach Blaboriciaco; Namen entstellt, wie der letztangeführte für Lauriacum, Distanzen fehlerhaft sind und dergleichen. Zudem müssen wir bedenken, dass nur die Hauptstraßen, die sogenannten Consularstraßen und die an denselben liegenden Hauptorte, welche Nachtlager waren, die Lagerstätten der größeren Heeres Abtheilungen, Festungen, überhaupt militärisch wichtige Punkte, bezeichnet waren. Die Hauptstraßen selbst waren nach alter römischer Regel stets auf dominierendem Terrain mit möglichster Vermeidung der Thalübergänge — Defilés — angelegt. Wo sie durch Festungen gingen, war um diese herum noch eine Handelsstraße gebaut, welche aber, sowie Straßen zweiter Ordnung und Landwege auf der Tafel nicht berücksichtigt sind. Die wenigen Ortsangaben auf der Peutingerischen Tafel werden ergänzt durch ein anderes ehrwürdiges Ueberbleibsel des Alterthums, durch das Itinerarium Antoninum, das Antoninische Reisebuch. Es ist dieses ein in vielen Handschriften, deren älteste, wie eine Wiener, dem Ende des achten Jahrhunderts angehören, enthaltenes Verzeichnis der wichtigsten Straßen im römischen Reiche und der an ihnen liegenden Posthaltestellen, sowol mansiones, Nachtquartiere, als mutationes, Pferdewechsel, in der Regel mit beiläufiger Angabe der Entfernung in römischen Meilen, z. B. A Sirmi Lauriaco mom CCCCXXXVII, von Sirmium nach Lauriacum Meilen mehr minder 437. Oft, wahrscheinlich in Folge Irrthums der Abschreiber, fehlt die Distanz, ja sogar ganze Routen, während bei mehrfacher Angabe der Ziele die Entfernung nicht stimmt, — kein Wunder bei einem Buche, das nur aus Namen und Zahlen besteht. — Die Anordnung des Ganzen selbst ist nach Provinzen und beginnt mit Afrika von Maure tanien wird nach Alexandrien gegangen; es folgen Corsika, Sardinien, Sicilien, Italien; von Rom wird gewandert durch Pannonien, Mösien, Thacien, Asien, Syrien, Aegypten zur Grenze des Römerreiches „Hieron Sycaminon“

— 10 — es folgen Gallien und Spanien, zuletzt Britanien: ein Verzeichnis der wichtigsten Seestädte des Mittelmeeres und ihrer Entfernungen und ein sehr lückenhaftes der Inseln und ihrer Distanzen schließen sich an. Die Zeit der Abfassung dieses Werkes ist ebensowenig bestimmt, wie bei der Peutinger'schen Tafel; die ursprüngliche Redaktion scheint auf die Zeit des Augustus zurückzugehen, ja vielleicht lag ein ähnliches Verzeichnis schon dem Agrippa für seine Weltkarte vor. Unsere Vorlage datiert wahrscheinlich aus der Zeit des Antoninus Caracalla (211—217), des Sohnes Kaisers Septimius Severus (193—211), da letzterer den Grenzwall in Britanien, innerhalb dessen auf dieser Insel die angegebenen Wege sich befinden, erneuert hat. Später dürften manche Veränderungen und Verbesserungen gemacht worden sein, so zur Zeit Diokletians; von den vorhandenen Texten geht aber keiner in die Zeit nach Constantin dem Großen herab. Die Angaben des Itinerars für Oberösterreich seien zugleich eine Probe der Darstellungsweise selbst. 1. A Sirmi-Laurico mum CCCCXXVII. Von Mitrovitz nach Lorch Meilen mehr weniger 437. Vindobona mom XXII Wien 22. 2. Comagenis XXIIII Tuln 24. Cetio XXIIII - Traismauer 24. XXII Arlape Gross-Pöchlarn 22. Loco felicis XXVI Oehling 26. Lauriaco Lorch. mom XXV. Ovilavis Wels 26. Laciaco XXXII Frankenmarkt 32. XXVIII Jovavi Salzburg 28. A Tauruno Lauriaco mom DLXXXVII. Von Semlin nach Lorch Meilen 587. Lauriaco mom XX Lorch 20. XVI Ovilatus Traun 16. XXVII Joviaco Schlögen 27. XVIII Stanaco Steinedt bei St. Aegydi 18. Boiodoro XX Innstadt bei Passau 20. Item ab Aquileja Lauriaco mom CCLXXII (sic!). Von Apuileja nach Lorch Meilen 272 (irrige Angabe!). Gabromago Lietzen. Tutatione mom XX Klaus 20. Ovilavis „ XX — Wels 20. Lauriaco , XXVI — Lorch 26. Die hier und in der Peutingerischen Tafel angeführten Orte waren übrigens nicht die einzigen, vielleicht nicht einmal die bedeutendsten. Von den gewiss existierenden einheimischen Orten melden uns die Römer nichts, ja selbst Römerorte und Festungen werden nicht genannt. Dass wir davon

11Kunde haben, beruht theils auf Funden, theils muss auf die Existenz mancher Festungen aus der Betrachtung des römischen Systems der Befestigungen geschlossen werden. Winke für die Existenz einer Römerstraße oder einer Ortschaft geben uns verschiedene Namen oder Namentheile, wie Straß, Heid (gewöhnlich Haid geschrieben), Teufel, Burg, Walch, Graben, ja bei Straßenzügen sogar der auch anderwärts für Römerstraßen vorkommende Ausdruck Ochsenstraße. Endlich kann auch aus dem ersten Auftauchen der Ortschaften im Mittelalter auf eine sehr frühe römische, ja vorrömische Existenz geschlossen werden, da die natürliche Grundlage der Ansiedlungen, der Boden, seit dem Beginne der christlichen Aera im Grossen und Ganzen derselbe geblieben, wie die Bedingungen städtischen Lebens und bäuerlicher Wirtschaft noch die gleichen sind. Werfen wir einen Blick auf die Bodenplastik Oberösterreichs südlich der Donau bis zu den steierisch- oberösterreichischen Grenzgebirgen, welche im Hintergrunde der wechselvollen Formen einen malerischen Abschluss bilden. Die Donau durchströmt unser Land von Passau bis Sarmingstein in einem reizvollen Thale von 113 Kilometern Länge; die Uferphysiognomie wechselt und wir müssen dieselbe daher näherer Betrachtung unterziehen, da von ihr die künstliche Befestigung der Donaugrenze abhing. In der Benützung des sich darbietenden Terrains sind die Römer Meister gewesen. Durch die Anlage von Castellen, Vorposten, Flankenbefestigungen und Reserveposten kamen einerseits die Vortheile des Terrains erst zur Geltung und wurden anderseits etwaige Nachtheile ausgeglichen. Gewisse Gesichtspunkte in der Behandlung von Höhenzügen, Ebenen, Flussthälern, Sümpfen, Mündungen von Nebenwässern wurden übereinstimmend behandelt und was wir in dem grossen Pannonien finden, begegnet uns auch in dem in viel kleineren Verhältnissen angelegten Noricum. Hier haben wir ein Vorwiegen des Gebirges, kurze und enge Flussthäler, und weit ausladendes hügeliges Vorland, welches nur kleinen Uferebenen Raum gibt. Im ganzen zeigen jedoch die Donaufer vom Inn bis zur Landesgränze einen recht ähnlichen Charakter. Am linken Ufer fallen die Ausläufer der Granitmassen des Böhmerwaldes ziemlich steil zum Strome ab und sind von tiefen engen Gräben durchschnitten, aus welchen grössere Bäche zur Donau eilen, der Erlabach, die Ranna, die kleine und grosse Mühel, die beiden Rodelbäche, der Haselbach, die Gusen, die Feld- und Waldaist, endlich die kleine Isper, welche die Grenze gegen Niederösterreich bildet. Auf der ganzen Uferstrecke sind nur zwei ebene Terrainstellen denen am rechten Ufer kleine Ebenen entsprechen; eine zwischen Landshaag und Ottensheim, vom Bösenbache und den vereinigten Rodelbächen, die andere von Mauthausen bis nahe an Grein von der vereinigten Aist und der Naar durchflossen, alles natürliche Wege ins nördlich der Donau liegende Land. Diesen kleinen Ebenen entsprechen grössere am rechten Donaufer, welches aus dem hügeligen Ausläufern des Alpenvorlandes

— 12 besteht, die meist hart an den Strom herantreten und einen steil abfallenden Uferrand bilden, besonders zwischen Passau und Aschach, Wilhering und Linz, Ebelsberg und Enns. Unterbrechungen verursachen die aus dem Hochgebirge kommenden Nebenflüsse Inn, Traun und Enns, die, an den Mündungen kleine Ebenen bildend, mit breitem Thale und erst allmählig vom Hügellande eingeengt, natürliche Straßen in das innere Noricum und nach Italien bilden. Im Süden der Donau haben wir bis zu den Alpen verschieden hohe Terassen, von Gewässern vielfach ausgefurcht und durchschnitten, stellenweise ganz zu wellenförmigem Hügellände aufgelöst. Im Westen des Landes im Hausruck und Kobernauserwalde — entwickeln sich dieselben an einem vielästigen Bergzuge bis 800 % Höhe, der aber in der vorherrschenden Horizontalität seines ganzen Höhenprofils und seiner Schichtungs-Verhältnisse ebenfalls die einstige Terassen- oder Hochflächenbildung erkennen lässt, Dem Terassen- und Hügelland zunächst erheben sich als eigentliche Voralpen an der Nordgrenze des Salzkammergutes die 6-800 m hohen Massen des Wiener Sandsteines in gleichmässig geformten, meist langge streckten Rücken, zum grössten Theil bewaldet, nur in der niedern Parthie cultiviert. Hinter dieser Sandsteinzone endlich taucht in mehreren hinter einanderstehenden Reihen mit Gipfeln von 1600—2200 % Höhe stufenartig der Zug der Kalkalpen auf, fast durchgängig steile Abstürze dem Vorlande zukehrend, von wenigen gangbaren Pässen durchbrochen. Die bedeutendste Ebene des Landes ist die Traunebene, über 36 Kilom. lang, bis 5 Kilom. breit, flach und so wenig ansteigend (bei der Traunmündung 250 %, bei Lambach 320 *), dass für das Auge die Niveauunter schiede fast verschwinden, in der Gegend von Wels als Alluvial-Terrain eines Alpenflusses einst Haide, jetzt zum grösseren Theile fruchtbares Ackerland. Der schönste und von der Natur am reizendsten ausgestattete Theil des Landes ist die Seengegend des Salzkammergutes, im Norden von der Sandsteinzone, im Süden von der Dachsteingruppe begränzt, schon im frühesten Alterthume urbar und bewohnt. Ueber das Hochgebirge an der Südgrenze des späteren Ufernoricums führen in das Ennsthal, — die Uebergänge über die Tauern aus demselben gehören nicht mehr unserem Gebiete an — der Pass Pyhrn aus dem Krems und Steyerthale; der Thalweg der Enns, aber in alter Zeit nicht wie die Kronprinz Rudolfbahn durch das Gesäuse, sondern von Altenmarkt bis Admont über den Buchauer Sattel und endlich die Straße von Ischl, dem Mittelpunkt der oberösterreichisch-steiermärkischen Seengegend, traunaufwärts bis St. Agatha und über die Pötschen nach Aussee, von dort in der Richtung der Salzkammergutbahn bis Klachau, dann vielleicht durch den malerischen Pass Stein zur Enns Entsprechend dieser natürlichen Gliederung haben wir auch die römischen Ansiedlungen, insoweit sie zum Schutze der Grenze und Pässe ange-

13 legt waren, und die Straßen, welche als Militärstraßen und Verbindungen der Befestigungen dienten. Daneben belehren uns Funde und Natur der Dinge von anderen — Handelsstraßen und Civilorten, von denen wir aber nicht einmal den Namen wissen, während wir bei namenlosen Castellen doch eine Vermuthung über denselben nachsprechen dürfen; die vorzüglichen Arbeiten Dr. Kenners über die römischen Ansiedlungen und Straßen sind in diesem Kapitel als massgebend benützt. Drei Straßenzüge, natürlich vielfach verbunden, lassen sich unterscheiden: die Donaufer-Straße, zugleich limes oder Grenzwall, eine Binnen-Straße und deren Verbindungen mit der Uferstraße, end lich die Straßen zu den Alpenpässen. Wir verfolgen zuerst die Donaufer-Straße vom Inn bis zur Enns. Ihr Strang ist in der Peuttingerischen Tafel angezeigt, aber, wahrscheinlich durch die Schuld des Copisten, unterbrochen, indem zwischen Quilia und Blaboriciaco eine Straße nach Marinianio abzweigt, von hier aber ohne Zusammenhang ist, während ein solcher gegen Westen mit Boludurum, wo der Straßenzug ebenfalls unterbrochen ist, und wieder von der Ostseite des Ortes Marinianio gegen Süden mit Blaboriciacum vorhanden war. Dabei sind auch die Namen verschrieben und dürfte anstatt Blabori¬ ciaco wol Lauriaco, resp. Lauriacum zu lesen sein. Nach dieser Her stellung des ursprünglichen Bestandes der Tafel und mit Berücksichtigung anderer Momente lässt sich die Straße an der Donau ziemlich genau bestimmen. Von der Innstadt bei Passau, die im frühen Mittelalter noch als Römerdorf erscheint, führt die Straße nach einem leider jetzt verlornen Denkstein von Imperator Cäsar M. Aurelius Antoninus Pius — gewöhnlich Kaiser Caracalla genannt (211—217) — erbaut, am Flussufer selbst bis Mühlbach, erstieg hier, da ein Bau an den schroffen Felsen bei Krämpelstein nicht möglich war, die Höhe der Donauleiten, und lief über diese wie noch die Straße im Mittelalter, über Esternberg nach Kasten. Hier am gangbaren Ufer angelangt, folgte sie dem Strome bis Engel¬ hartszell, wo Ort und Funde ein römisches Castell sichern, dessen Namen unbekannt ist; nach einer ansprechenden Vermuthung war es Locus Sal vatus oder Castellum Salvatum, geschützter Ort, geschütztes Castell. Von Boiodurum (dem in der Peuttingerischen Tafel Bolodurum geschrie¬ benen Orte, h. Innstadt) 18 römische Meilen entfernt erscheint im Antonini¬ schen Reisebuche der Ort Stanacum. Die Straße lief am Ufer von Engel¬ hartszell bis Engelszell, dann wieder die Höhe hinauf bis zum Orte Steinödt oder Steinedt in die Pfarre St. Aegydi; dieser Ort hiess noch im 13. Jahr hunderte Steinach, mundartlich Stanach, so dass einer Ableitung des Namens aus dem lateinischen Stanacum nichts im Wege steht und zu den ander¬ weitig nicht seltenen Fällen gehört, z. B. Kuchel von Cucullae, Gnigl von Genicula u. s. w.

— 14 Für römische Ueberbleibsel in dieser Gegend sprechen auch die vorkommenden Namen Hen-Walcharen, für Höhndorf und Wallern im 13. Jahr hunderte gebraucht, und Wall-Leiten. Hier war ferner der natürliche Uferwall der Donau durch den Kesselbach unterbrochen und gegenüber das Rannathal, so dass wir ein Castell mit Sicherheit annehmen und sogar einen kleineren Aussenposten bei Wesenurfahr oder auf der Höhe von Oberwesen vermuthen dürfen, sowie es wahrscheinlich ist, dass donauaufwärts bei Mühlbach, Kasten Krämpelstein kleinere Warten bestanden. Um die tiefe Schlucht des Kesselbaches zu umgehen, musste die Straße einen weiten Bogen landeinwärts machen; sie gelangte dabei über Wallern und Straß bei St. Sixt nach Waldkirchen und lief von hier in der Richtung der sogenannten Schiffer straße (der Straße, der sich als kürzeste Linie die Donauschiffer bei der stromaufwärts zu Füsse gebräuchlichen Rückkehr bedienten) auf dem Kamme der Donauleiten über Erledt, Stein und Straß in die Nähe des nächsten wichtigen Castells; die steil eingeschnittene Schlucht des Kesselbaches erlaubte aber nicht ein direktes Absteigen, sondern zwang zu einem neuen großen Umwege über Scharzeröd und Falling bis Haibach, von wo endlich die Station und Festung Joviacum, heute Schlögen, erreicht wurde. Dass neben dieser Straße am Donaufer selbst zwischen diesem und Engelharts zell ein Saumpfad bestand, ist wahrscheinlich. Joviacum liegt an einer merkwürdigen und in betreff der Grenze gefährlichen Stelle. Am Ende eines Grabens, der von der Höhe des Uferrandes zum Strome herabführt, springt das jenseitige Ufer mit einem 5 Kilometer langen, aber an der Basis nur 1 Kilometer breiten Felsrücken in das diesseitige vor; ein solcher Vorsprung war eine natürliche Warte des Feindes, der Graben des Freinthallerbaches eine natürliche Bresche im Schutzwalle, somit die Anlage eines Castelles erfordert. Dasselbe war ein längliches Viereck mit abgerundeten Ecken, 113 % lang 75 % breit, mit Mauern von 18. Dicke auf einer ebenen Stelle zwischen Freinthaller- und Mühlbach 95 % über dem Strombette der Donau, mit den Schmalseiten genannten Bächen, mit der Langseite dem Strome zugekehrt. Am linken Ufer des Freinthallerbaches wurden Reste von vier grösseren, mit Badeanlagen ausgestatteten Gebäuden gefunden, verschiedene Münzen und dgl. In späteren Zeiten lag hier eine Abtheilung Liburnarier, d. h. Pioniere unter einem Praefecten zur Bewachung der Donau. Zur Zeit der höchsten Gefahr in den Tagen Severins scheint aber die Bewachung sehr nachlässig gewesen zu sein oder die Einwohner zu vertrauensvoll auf ihre festen Mauern; Thatsache ist, dass trotz Severins Warnung und Ersuchen die Stadt wegen drohenden Ueberfalles zu verlassen, dies nicht geschah, dieselbe in einer Nacht von Heruler überfallen, die Einwohner gefangen oder getödtet und der Ort zerstört wurde. Nach diesem kleinen Excurse setzen wir unseren Weg fort. Von Joviacum zog die Straße an der Ruine Stauf vorüber nach Hilkering bis Pfaffing bei Hartkirchen; hier zweigte eine Straße zu einem Castelle ab

— 15 — das an der Stelle des heutigen Aschach stand, welches schon im frühen Mittelalter als Dorf und Ort bedeutender Weincultur erscheint, wohl noch aus den Tagen des dem Weinbau holden Kaisers Probus. Die Festung hatte auch die Aufgabe die Mündung der Mühel zu bewachen. Der Hauptstrang zog nicht am Strom hin, dessen rechtes Ufer steil und von mehreren Gräben durchzogen ist, sondern wahrscheinlich an der rechten Seite des Aschachbaches über Pupping nach Eferding. Eferding liegt am Ausgang einer kleinen Ebene, in welcher die Aschach und der Innbach münden, von welchen letzterer eine bequeme Straße nach Wels bietet, während am gegenüberliegenden linken Donaufer der Bösenbach und Rodelbach in einer ähnlichen Ehene münden, die ein bequemer Sammelpunkt des Feindes werden konnte. Als östlicher und westlicher Endpunkt beider Ebenen darf Aschach und Wilhering gelten, als Mittelqunkt Eferding, welches in römischer Zeit und auch noch viel später am Ufer der Donau selbst gelegen war, worauf auch der Name hindeutet, der vom niederdeutschen Worte Ever — Flußschiff abgeleitet wird; die älteste Form Everdingen bedeutet einen Ort, wo Schiffe landen, und eine Schiffsmauth ist dort urkundlich erwiesen. Römische Bauten haben sich nicht gefunden, woran wol die hier ihren Lauf öfter ändernde Donau Schuld ist; dagegen sind von hier zahlreiche Münzfunde verzeichnet, w. z. B. im Jahre 1875 von 2—300 römischen Silbermünzen in einem Topfe. Auch die Volkssage berichtet hier von einem grossen Ort, der sich bis Rudling erstreckt habe. Groß war nun dieser Ort, der kein anderer als das in der Peutingerischen Tafel vorkommende Marinianio, richtiger Marinianum, gewesen sein kann, nicht, denn er war in der späteren Kaiserzeit ohne selbstständigen Commandanten, aber er hatte eine große strategische Wichtigkeit. Von hier bewegte sich die Straße wieder von der Donau entfernt über Straß und Alkoven bis gegen Straßheim oder Straßham, von wo ein Zweig nach Wilhering lief, dem östlichen Endpunkte der Eferdinger Ebene, in dessen Nähe bei der Ortschaft Fall einst ein Ort „Burgheim“ war und noch jetzt Aecker den Namen „alte Burg“ und „in den Gräben“ führen, auch ein Ziegel mit Inschrift gefunden wurde, so dass wir, wie in Aschach, ein römisches Castell hieher setzen dürfen, das die gegenüberliegende Mündung der vereinigten Rodelbäche bewachte, wie Aschach die Mündung der Mühel. Von Straß heim weg war die Straße nicht an dem steilen Ufer anzubringen; sie lief im Süden des Kirnberges über Ruffling, einem der ältesten Orte dieser Gegend, schon 819 urkundlich als Ruodoluingen erscheinend, nach Leonding, wo in den letzten Jahren ein Reliefstein, wahrscheinlich von einem Grab male stammend, entdeckt wurde, am südlichen Rand des Kirnbergerforstes fort, wo sich noch jetzt eine sogenannte „Ochsenstraße" findet, zum Castell Lentia, dem Schlosse von Linz. Hier muss ein Castell schon im 2. Jahr¬ hundert nach Christus bestanden haben, wie ein Denkstein im Martin-Kirch¬ lein aus der Zeit vor 174 beweist. Wichtiger wurde dasselbe in späterer

— 16 Zeit, weil es den Haselgraben, die Donauauen und das Traunthal beherrschte, wo sich leicht Feinde sammeln konnten; es erscheint im 4. Jahrhunderte als militärischer Hauptort der Traunebene und Sitz eines Praefectus oder wie Commandanten von Liburnariern oder Flottensoldaten — Pionieren wir deren in Joviacum, in Adiuense bei Ips finden. Von Lentia zog die uferländische Straße nach Kleinmünchen, in dessen Nähe wahrscheinlich eine steinerne Brücke über die Traun führte, gegen Ebelsberg, wo an der Stelle des heutigen Schlosses ein römisches Castell stand, als dessen Ueberrest die 2½ % dicke südöstliche Ecke des Schlosses gegen Schiltenberg angesehen wird. Von hier ging sie wol so ziemlich in der Richtung der heutigen Straße über Asten nach Enns — Lauriacum, Die Straße von Straßham bis Linz und von hier nach Ebelsberg hatte nur eine secundäre Bedeutung; in der Römerzeit und noch im Mittelalter blieb Linz bei dem Verkehre zu Lande abseits liegen und dieser bewegte sich weiter südlich in der Richtung der ehemaligen Römerstraße. Diese zweigte von der uferländischen bei Alkofen ab und führte über Auberg und den sehr alten Ort Oftering nach Hörsching, das schon im 7. Jahrhundert als Locus Herigising erwähnt wird und Fundstelle mehrerer römischer Reliefsteine ist. Da dieser Ort im Mittelpunkte der Längenaxe der Welserhaide liegt und wegen seiner hohen Lage mit dem gegenüberliegenden Ansfelden die schmalste Stelle der Traunebene bezeichnet, Ebenen aber von den Consularstraßen der Römer immer an der schmalsten geschützten Stelle überschritten wurden so dürfen wir hier und in dem ähnlich gelegenen Ansfelden römische Posten zum Schutze des Traunüberganges annehmen. Die Straße übersetzte jedoch nicht unmittelbar zwischen beiden Orten den Fluß, sondern in der Nähe von Traun bei dem Orte Haid, welcher Name, da hier kein Haideboden zu finden ist, wol mit Heide — Götteranbeter — zusammenhängt und in ähnlicher Form öfter an Plätzen, wo Römerorte oder Straßen waren, vor¬ kommt. Auch im hohen Mittelalter war hier ein wichtiger, dem Stifte St. Florian gehöriger Traunübergang. Die Straße übersetzte nun eine halbe Stunde oberhalb Ansfelden die Krems, wahrscheinlich auf einer stabilen Brücke. Da dieser Fluss einen bequemen Zugang ins Innere des Landes und zum Pyhrnübergänge bildet, musste hier in der Nähe von dessen Einmündung in die Traun ein Castell stehen, auf dessen Grundmauern gegenwärtig die Kirche von Ansfelden steht. Auch wurden hier mehrere Funde gemacht, z. B. ein Sarg mit einem Skelette, Ring und Thränenfläschchen. Der Ort erscheint schon c. 629 als Alpunes-velt, 1071 als Almis uelt, 1111 als Albinisuelth, 1122 als Almsuelt. Dieser Name ist wahrscheinlich vom alten Namen der Krems gebildet und dieser alte Name des Flusses dürfte von der häufig bei Italikern, Kelten und Germanen vorkommenden Wurzel alp-us, albus, ein Alpengewässer, später einfach Gattungsname, wie Ach und Ache herkommen, welcher Stamm noch im Namen des rechten Nebenflusses der Traun, der Alm, erhalten ist, der im Jahre 777 Albina

— 17 genannt wird. In der Peutingerischen Tafel wird nun bei der StraßenAbzweigung zwischen Ouilia und Blaboriciaco nach Marinianio kein Orts¬ name angegeben; da nun Marinianio Efferding ist, so muss der Ort der Abzweigung Ansfelden sein und wenn die Krems einst den Namen Alpuna, Albuna, Albina oder Almo trug, so dürfte auch unser Ansfelden diesen Namen gehabt haben. Die Krems hat ihren neuen Namen während der slavischen Besiedelung dieser Landstriche bekommen und — behalten; er kommt von der Wurzel kremi=Kiesel und bedeutet Kieselbach. Die Straße ging nun am rechten Traunufer bis Ebelsberg, möglicherweise eine andere zweiten Ranges von Ansfelden in das Thal des Ipfbaches und über St. Florian nach Asten und Enns. Die Hauptverkehrsader des uferländischen Noricum war die von Enns über Wels nach Salzburg führende Straße, welche in der Peutingerischen Tafel wie es scheint ziemlich korrekt angegeben ist und auch im Antoninischen Reisebuche vorkommt. Diese binnenländische Straße fiel von Lauriacum bis zum Traunübergänge mit der uferländischen zusammen. Als erste Station westlich von Enns wird auf der Route Lauriacum-Boioduro im Antoninischen Reisebuche ein Ort Ovilatus angeführt, dessen Bestimmung viel Mühe machte, aber nach dem früher angeführten nicht schwer sein kann. Es muss ein Punkt sein, wo sich die Straßen nach Joviacum und Boiodurum einer und nach Wels und Linz andererseits trennten. Ein solcher Ort, auf den auch die angegebenen Distanzen passen, ist Traun, Schloss und Ort am linken Ufer des Flusses gleichen Namens. Wie bei Ansfelden, so scheint auch hier im Namen Ovilatus der alte Namen der Traun erhalten und erklärt sich damit auch der Name des bedeutendsten Ortes an seinen Ufern, der Name der Colonie Ovilava- Wels. Der alte Name der Traun scheint Ovilava gewesen zu sein und einst wie heute der Flußname auf den Ort an dessen Vereinigung mit der Krems übergegangen zu sein. Die Hauptstraße führt von Ansfelden weg aber nicht am linken, sondern am mehr gesicherten rechten, wo die Straße etwas erhöht, freie Aussicht auf die Ebene gewährte und durch die Traun geschützt war. Auch kommen hier die ältesten Orte und Römerfunde vor, so in Ansfelden, wie bereits erwähnt wurde, und in Schleissheim, wo sich an der Aussenmauer der Kirche ein römisches, freilich ziemlich plump gearbeitetes Relief befindet. Wir erreichen nun den bedeutendsten Ort Ufernoricums — Ovilava oder Ovilavae — Wels, den Ausgangspunkt der Pyhrnstraße. Von Wels gieng die Straße am linken Traunufer über die Stationen Tergolape, Schwannenstadt; Laciacum, früher bei Seewalchen gesucht, aber nach der Entfernung Frankenmarkt und Tarnantone Neumarkt nach Ivavo oder Juvavo-Salzburg. Durch Funde verschiedener Art ist ihr Zug sicher gestellt; gleich von Wels fort finden wir ein „Straß“; in Lambach einen Denkstein, der noch später zu erwähnen sein wird; in dessen Nähe bei Thalham, Aichkirchen, Wiesbach wurden verschiedene Funde gemacht; in

— 18 Schwannenstadt fanden sich Münzen und ein Merkur aus Bronze ; im benach¬ barten Köppach ein römischer Denkstein; in Vöcklabruck und dem benach¬ barten Thalham Münzen und im nahen Schöndorf ein Meilenstein vom Kaiser Septimius Severus; in Vöcklamarkt ein römischer Leichenstein; zwischen Vöcklamarkt und Frankenmarkt liegt Ort und Schloss Walchen; in Purgstall bei Mösendorf dürfen wir ein römisches Castell vermuthen, in Mösendorf selbst fand sich ein römischer Meilenstein; Straßwalchen, schon im Salzburgischen, spricht durch seinen Namen. Von Wels aus zog die Hauptverbindungsstraße mit dem binnenländischen Noricum und in weiterer Fortsetzung mit Aquileja über den Pyhrn. Als Stationen zu diesem heutigen Grenzpunkte zwischen Oberösterreich und Steiermark sind in der Peutingerschen Tafel Vetonianis, Tustastione, Ernolatia und Gabromagi, im Antoninischen Reisebuche Tutatione und Gabromago. resp. Tutatio und Gabromagus angegeben. Die Straße zog von Wels nicht wie die jetzige Poststraße über den Höhenzug zwischen dem Alterbach und Sipbache, sondern wahrscheinlich im Thale des erster, worauf die Hofnamen Straß, Gassenhof, Steinhof hindeuten; übersetzte den Alterbach bei Littering und gewann die Höhe zwischen diesem und dem Pettenbach, in dessen Thal sie bei Bergern herunterstieg ; hier wird 993 eine „via publica häufige Bezeichnung alter Römerstraße, erwähnt; in Pettenbuch darf mit vieler Wahrscheinlichkeit die Station Vetonianis vermuthet werden. Von Pettenbach weg nahm die Straße die Richtung auf das Kremsthal über den Magdalenenberg und stieg durch die Vertiefung des Grösslingbaches bei Unter-Inzersdorf vom Höhenrücken herab, gieng über Kirchdorf und Micheldorf mit der heutigen Poststraße nach Klaus. Hier an der engsten Stelle des Steyrthales steht eine alte Feste, während sich der gleichnamige Ort beinahe zwei Stunden in der Länge im Thale bis über die Mündung der Steyerling in die Steyr hinaus ausbreitet; an dieser Mündung am linken Steyrufer liegt Preiseck. Nach Vermuthung der meisten Schriftsteller ist die Station Tutatio in Klaus zu suchen, aber sie kann auch in Preiseck gewesen sein und Klaus ein Vorposten dazu. Uebrigens muss die Poststation nicht mit dem befestigten Punkte der Straße zusammengefallen sein und Tutatio kann noch weiter im Innern des Steyrthales, nämlich bei Diernbach gesucht werden, wo an der Einmündung der Teichel in die Steyr für eine Befestigung ein Punkt war, wie ihn die Römer liebten, und wo Funde von Gegenständen römischen Ursprungs gemacht wurden. Was den Namen Tustatio oder Tutatio anbelangt, so stammt derselbe wol nicht vom lateinischen „tueri schützen, sondern vom Namen des keltischen Handelsgottes Toutates oder Teutates. Von der Mündung der Teichel in die Steyr fort gieng die Straße im Thale der ersteren in das schöne alpine Thalbecken von Windischgarsten wo die im Jahre 1868 und 1869 unter Leitung der gegenwärtigen Pfarrers von St. Pankraz Franz Oberleitner geglückte Ausgrabung der Ueberreste

— 19 - der römischen Mansion oder des Post-Nachtlagers keinen Zweifel über das Vorhandensein römischer Ansiedlung aufkommen lässt und dessen lateinischer Name Ernolatia ein geradezu sprechender ist. Derselbe, keltischen Stammes natürlich, bedeutet „eine sumpfige Gegend, durch die ein Fluß läuft, und auf grosse Versumpfung des Thalbeckens in älterer Zeit deuten noch Ueberreste von Sümpfen, Torflager und Namen hin. Von hier kann die Straße nicht wol in einer andern Richtung als der heutigen den Pyhrn erreicht haben, wo im Mittelalter ein Thurm stand, welchen im Jahre 1456 die Herrschaft Wolkenstein an das Stift Spital um 40 Pfund Pfennige abtrat; er wurde 1465 abgebrochen und an seiner Stelle eine Klause erbaut, welche 1581 erneuert und in einem Streite mit Steiermark dem Stifte Spital, als auf oberösterreichischem Grunde stehend, zugesprochen wurde. In Spital am Pyhrn weiß die Volksage die Stelle, wo der alte Heidentempel gestanden; die Klause am Pyhrn ist jetzt verfallen, aber wir dürfen hier eine kleine römische Station annehmen, ob Gabromagus ist zweifelhaft, da wir dieses doch eher in Lietzen in Steiermark vermuthen müssen. Der weitere Verlauf der Straße im Ennsthale und über Hohentauern nach Virunum — Maria-Saal am Zollfelde — und Aquileja liegt außerhalb des engen Rahmens dieser Skizzen. Äusser diesen in römischen Quellen selbst angegebenen Straßen gab es viele andere minderen Ranges, die entweder durch Funde oder durch Spuren und alte Namen bezeugt, oder endlich von der Natur des Landes gefordert sind, wie es auch an denselben kleinere Castelle gegeben haben mag. Eine führte von Oehling an der Url, dem im Antoninischen Reise buche genannten Locus (Veneris felicis über Ober-Aschbach nach Haag, von hier nach Burg am rechten Ennsufer gegenüber von Maria Winkling, wo Spuren eines kleinen Castelles zu finden sind, das hier an einer nach Osten gerichteten Ausbuchtung der Enns lag, wie Joviacum an der Donau, und von hier am rechten Ennsufer nach Steyr, am Zusammenflusse der weit ins Gebirge hinein schiffbaren Enns und der Steyr, wo der Platz für die Anlage eines römischen Castells auf dem dreieckigen Plateau an der Vereinigung beider Gewässer nicht schöner sein konnte und mit der Fortsetzung der genannten westöstlichen Straßenlinie eine nordsüdliche sich kreuzte. Der Thurm des Lamberg'schen Schlosses, ein mächtiger quadratischer Bau mit 2 % dicken Mauern, wird von der Volkssage als Römerthurm genannt und hat in der That mit unzweifelhaft römischen Bauten in Württemberg und anderswo die größte Aehnlichkeit; dazu kommt die Nachricht des alten Chronisten von Steyr, Prevenhuber, der Seite 1 seiner Annalen von Steyr bei Besprechung des hohen Alters der Stadt sagt: „So gebe auch ferner solcher alten Stadt ein Anzaig, der im Jahr Christi 1299 nit fern von Steyr ausgegrabene grosse Schatz, von Röm. guldenen Müntzen, darauf Kaisers Antonini pii Tochter der Faustinae: Kaysers Marci Aurelii, (welche beide ab Anno Christi 140 bis 182 frichtiger 180 regirt) Gemahlin Nahmen geprägt gewest, und dann

20 — ein alter Stein, welcher selber Ort sey gefunden worden, darinnen folgende gewest : Schrifft eingegraben und zu lesen Dem die Feinde zum Stehen Jovi STA Tori Q Ab bringenden Jupiter. VRNUS CAE Quintus Aburnus Caedicanus Die LANVS Leg. Aug. Legatus? Augusti? LEG. AVG. Auch circa 1796 sind nach einer Nachricht in Pritz Geschichte der Stadt Steyr (S. 76) Münzen gefunden worden, worüber übrigens Pritz selbst nichts genaueres wusste. Leider ist ein neuerer Fund nicht bekannt und vom Steine selbst keine Spur mehr vorhanden, auch der Ort des Fundes zu ungenau angegeben, als dass weitere Schlüsse gezogen werden dürften. Wie von Steyr die Enns aufwärts seit früheren Mittelalter die sogenannte Eisen strasse zieht, zog auch eine Römerstraße über Ternberg und Losenstein, an welchen Orten Münzfunde gemacht wurden, in der Richtung derselben bis Altenmarkt in Steiermark, und von hier nicht durch das einst und noch im vorigen Jahrhunderte unwegsame Gesäuse, sondern über den Buchauersattel nach Admont im Ennsthale; eine andere ennsabwärts nach Lauriacum in der Richtung der heutigen Poststraße über Kronsdorf, im frühen Mittelalter, urkundlich 825, Granesdorf, vielleicht in der Gegend von Burg mit der Straße von Niederösterreich her durch eine Brücke in Verbindung. Die westliche Fortsetzung dieser Straße gieng über Sierning, wo wir an der Kirche einen Kopf, wahrscheinlich von einer römischen Statue, mit der daruntergeschriebenen Jahreszahl 1487 eingemauert finden, nach Burg, süd¬ lich von Kematen am hohen linken Kremsufer und über Leombach, wo einst ein Schloss stand, nach Thalham und Wels. Von Wels aus ist eine Straße über Scharten nach Eferding — Mariinia num — durch Spuren gekennzeichnet. Ebenso eine Straße von Eferding über Weizenkirchen nach Peuerbach; von dem in dessen Nähe gelegenen Ober bubenberg führt (nach Strnadt Geschichte von Peuerbach) eine kaum mehr erkennbare Straße auf dem Kamme der Berge über die Schmiede im Walde nach Gaisbuchen und spaltet sich am Jungfernstein in zwei Zweige: der eine führt über Grafendorf nach Passau, der andere nach St. Aegid, in dessen Nähe Stanacum war. Die Straße heisst „Hochstraße", der Weg von Peuerbach bis Oberbubenberg „Hirweg“ — vermuthlich „Heerweg“ — und führt über die „Hirnbrücke", vermuthungsweise „Heerbrücke.“ In Peuerbach scheinen sich überhaupt zwei Straßen gekreuzt zu haben: die eine von Stanacum oder Joviacum nach Ried und in das Mattigthal; eine andere von Wels nach Schärding. Die Straße in das Mattigthal selbst zweigte bei Straßwalchen ab und gieng über Lengau, Munderfing, Pfaffstetten, Mattighofen, Schalchen, Mauerkirchen oder Burgkirchen nach Braunau. In Munderfing soll eine alte römische Säule gestanden haben, und fanden sich Spuren alter Bauten; Sauldorf in der Nähe von Mattighofen hat seinen

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