26 Als Kaiser Franz Josef I. vor fünfundzwanzig Jahren die erlauchte Tochter eines erlauchten Fürstenhauses, blühend in Unschuld und Anmut, geschmückt mit den herrlichsten Gaben des Geistes und getragen von der überirdischen Kraft wahrer Frömmigkeit, erwählt hatte, um an seiner Seite den Lebensweg zu gehen, und wie den Glanz der Kaiserkrone, so auch die schweren Sorgen, welche dieselbe umgeben, mit Ihm zu teilen, da herrschte freudigster Jubel allenthalben, aber das fröhliche Hochzeitsgeläute ertönte auch mitten im Sturme einer kriegerischen Zeit und schwere Wolken umzogen damals den Horizont. Eine ungewöhnlich schwierige Aufgabe war es, welche die Vorsehung unserem jugendlichen Kaiser beschieden hatte. Er aber hat sie durch unermüdliche Ausdauer und die hingebendste Liebe zu seinen Völkern, deren Glück und Wohl zu fördern stets das Ziel seiner hochherzigen Bestrebungen gewesen, glücklich und im Geiste des Fortschrittes gelöst. Kaiser Franz Josef I. ist daher in der Tat ein leuchtendes Vorbild insbesondere auch für die studirende Jugend. Seine Arbeitsfreudigkeit ist bekannt; vom frühesten Morgen bis zum spätesten Abend widmet er sich der Erledigung der Staatsgeschäfte und betrachtet überhaupt sein Tagewerk erst für abgeschlossen, wenn alles Laufende von ihm durchgearbeitet wurde. Aus Pflichtgefühl gönnt sich der Monarch, der doch schon so frühzeitig aufsteht, fast nie eine Erholung, höchst selten besucht er ein Theater, tagelang geht er oft nicht spazieren — er arbeitet. Seiner Umgebung gibt der Kaiser das in so hohem Grade nachahmenswerte Beispiel der grössten Pünktlichkeit. Allgemein bekannt ist sein reges Mitgefühl, sowol für die Gesammtheit, wie für Einzelne; ist er ja bei Unglücksfällen, wie er dies wiederholt und insbesondere auch bei der letzten, über die Stadt Szegedin hereingebrochenen Kata¬ strophe in wahrhaft väterlicher Weise bewiesen hat, stets der Erste an der Unglücksstätte und sofort bereit, entweder persönlich Hilfe zu bringen oder doch die entsprechenden Anordnungen zu treffen. Mit welch' inniger Verehrung und zärtlicher Liebe aber Kaiser Franz Josef I. an seinen erlauchten Eltern und insbesondere an seiner erlauchten Mutter hing, geht wol aus der einen Tatsache zur Genüge hervor, dass er, als im Jahre 1853 ein Wahnwitziger sein Leben in ernstlichster Weise gefährdete, zur tief besorgten Umgebung die ebenso erhebenden als herzlichen Worte sprach: Beruhigen Sie sich, es ist nichts, ich teile nur das Schicksal meiner braven Soldaten, sagen Sie aber meiner lieben Mutter nichts, um sie nicht zu beunruhigen. Es sind dies Charaktereigenschaften so hervorragender und zugleich so seltener Art, dass wir wol mit gerechtem, freudigem Stolze ausrufen können: Ja, der Oester¬ reicher hat einen Kaiser, er liebt Ihn und hat auch alle Ursach', Ihn zu lieben. Diese Charaktereigenschaften sollen aber insbesondere von Ihnen, studirende Jüng¬ linge, im vollsten Masse beachtet und gewürdiget werden. Die Arbeitsfreudigkeit des Kaisers, sein reges Pflichtgefühl, seine Pünktlichkeit seien auch Ihnen der leitende Stern sowol während der Dauer Ihrer Studien, sowie auch in Ihrer künftigen, dem Vaterlande gewidmeten Berufstätigkeit. Auf Sie, studirende Jünglinge, sind aber auch die Blicke des Monarchen ganz besonders gerichtet. Neue, segensreiche Balmen wurden unter seiner Regierung dem Unterrichte geschaffen; ist ja doch diese Anstalt selbst, an der zu tüchtigen, brauchbaren Staatsbürgern sich heranzubilden, Ihnen die reichste Gelegenheit gegeben ist, unmittelbar ein Geschenk Seiner Majestät unseres Kaisers. An Ihnen liegt es nun, Jünglinge, durch verständige Benützung der Ihnen nunmehr in so reichem Masse gebotenen Gelegenheit zur Aneignung umfangreichen und gediegenen Wissens für den Dienst des Vaterlandes in gewissenhaftester Weise sich vorzubereiten und so auch den hochherzigen Intentionen Seiner Majestät zu entsprechen.
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