8. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1878

17 ansammeln, während das Calciumsulfat sich am Boden des Bottichs absetzt. Man erhält auf diese Weise aus gut gereinigtem Talg und bei genauer Behandlung beinahe 95% Fettsäuren. Ein grosser Uebelstand dieses Verfahrens ist aber der, dass dabei eine grosse Menge Schwefelsäure in beinahe werthlosen Gyps verwandelt wird. Man benützt deßhalb gegenwärtig statt des Kalkes mit mehr Vortheil den Aetzbaryt zur Verseifung der Fette, weil das erhaltene Bariumsulfat (Barytweiss) die Kosten der Schwefelsäure beinahe deckt. In Amerika benützt man in neuerer Zeit zur Verseifung der Fette Natrium—Aluminat (Natrona refined Saponifer). Die Schwefelsäureverseifung wurde durch Dubrunfault erst im Jahre 1841 in die Industrie eingeführt, obwol sie Achard schon im Jahre 1777 bekannt war und von Frémy 1836 wissenschaftlich erklärt wurde. Die Schwefelsäureverseifung ist deßhalb sehr praktisch, weil sich dazu auch minder reine Fette, wie Fettabfälle in den Schlächtereien und Küchen eignen. Die durch Umschmelzen etwas gereinigten Fette kommen in grosse, aus Schwarzblech verfertigte und mit Blei überkleidete Kessel, welche mit einem Rührapparat verschen sind und einen doppelten Boden haben. Durch Einleiten von Wasserdampf zwischen die Böden kann der Kessel erwärmt werden. Die Fette werden daselbst durch Schwefelsäure von 66° B. unter fortwährendem Umrühren und Erhitzen zersetzt. Die durch¬ schnittlich verwendete Schwefelsäuremenge beträgt ungefähr 9% vom Ge¬ wichte der Fette. Die Masse im Kessel färbt sich braun und entwickelt viel schweflige Säurc. Das neutrale Fett geht hierbei in ein Gemenge der Sulfo¬ fettsäuren mit Sulfoglycerinsäure über. Nach 15—20 Stunden ist der Verseifungsproceß beendigt und man schreitet nun zur Zersetzung der Sulfofettsäuren. Man läßt zu dicsem Zwecke die Masse abkühlen und dann in große mit Bleiblech ausgekleidete Holzbottiche fließen, die zum dritten Theil mit Wasser gefüllt sind und woselbst das Gemisch mittelst Dampf auf 100° erwärmt wird. Dadurch werden die Sulfofettsäuren zerlegt und die ausgeschiedenen Fettsäuren schwimmen oben auf und werden hierauf noch durch Dampfdestillation unter Anwendung überhitzter Wasserdämpfe von 250 bis 350° gereinigt. Die Verseifung der Fette durch überhitztes Wasser gründet sich darauf, daß neutrale Fette dabei in Glycerin und Fettsäuren gespalten werden. Die Chemiker Tilghman und Melsens haben hiebei die Ideen Appert’s und Manicler’s in die Industrie eingeführt. Nach dem Tilghman' schen Verfahren werden die F'ette mit 1—1 Volumen Wassers versetzt und dann läßt man dieses Gemenge durch ein Rohr circuliren, welches bis auf 320° crhitzt ist. Das Verfahren von Melsens besteht darin, dass man die Fette in einem Papin’schen Digestor bei 180—200° mit 10—20% Wasser in Berührung bringt, welches mit 1—10% Schwefelsäure versetzt worden ist. Unmittelbar daran schließt sich die Verseifung der Fette mittelst überhitzter Wasserdämpfe, wie selbe hauptsächlich in England von der Compagnie Pricc angewendet wird.

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