8. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1878

15 zogen, indem man die Dochte wiederholt in das geschmolzene Materiale eintaucht, bis die Kerzen die erforderliche Dicke haben. Die gegenwärtig im Gebrauche stehenden Talgkerzen werden aus einem Gemenge von ge¬ reinigten Rinds- und Hammeltalg entweder gegossen oder gezogen. Sie sind Anfangs gelb und übelrichend, sie werden desshalb, bevor sie in den Verbrauch kommen, einige Zeit in kalten Räumen gelagert, dadurch und besonders durch Ausfrieren werden sie weiss, fest und geruchlos. In England werden Wallrathkerzen, die wegen ihrer reinen, weissen Farbe und alabasterähnlichen Beschaffenheit ausgezeichnet, aber sehr theuer sind, als Luxuskerzen gebrannt. Der Wallrath (Cetaceum, Sperma C’eti) ist ein festes Fett, welches sich in mehreren Cetaceen, hauptsächlich im Pott¬ wall (Physeter macrocephalus) findet. Im lebenden Thiere ist der Wallrath in Folge der Körperwärme in einem flüssigen Fette, dem Wallrathöle gelöst. Dieser „flüssige Wallrath“ füllt eigene Höhlungen und Gefässe aus, welche oberhalb der Hirnschale, unter der Haut vom Kopfe bis zum Schwanz und zertheilt im Fleisch und Speck liegen. Nach dem Tode des Thieres erstarrt der flüssige Wallrath, indem der feste Wallrath gerinnt; man scheidet letzteren durch wiederholtes Pressen mittelst hydraulischen Pressen von dem Wallrathöle. Die so erhaltenen „Wallrathkuchen“ kocht man mit starker Natronlauge, um das noch anhängende Wallrathöl zu entfernen; die ab¬ gezogene klare Flüssigkeit erstarrt dann beim Erkalten zu einer weissen krystallinischen Masse. Man erhält von einem Pottwall 30—60 Ct. fester Wallrath. Derselbe besteht nach Heintz aus einem Gemenge der Cetylester der Stearinsäure, Palmitinsäure, Myristinsäure, Cocinsäure und Cetinsäure. Aus dem Wallrath werden die Kerzen gegossen; man setzt der geschmolzenen Masse, um ihr die Neigung zum Krystallisiren zu benehmen, 5—10°o weiles Wachs zu. Die fertigen Kerzeu werden mit einem mit Weingeist befeuchteten Tuchlappen polirt. Die Wallrathkerzen geben beim Brennen ein schön weißes, glänzendes Licht. Zur Verfertigung der Wachskerzen wird das Wachs zunächst ge bleicht, da das durch Ausschmelzen aus den Waben gewonnene Wachs cine gelbe Farbe besitzt. Da das Wachs nur durch Einwirkung der Luft und Sonne gebleicht wird, so nimmt das Bleichen je nach der Witterung einen Zeitraum von 3—5 Wochen in Anspruch. Die Anwendung der Chlor¬ bleiche hat beim Wachse den grossen Uebelstand, dass sich dabei feste und spröde gechlorte Producte bilden, die dem Wachse beigemengt bleiben und bei der Verbrennung der daraus gefertigten Kerzen zur Bildung von Salz¬ säure Anlaß geben. Der chemischen Zusammensetzung nach ist das Wachs ein Gemenge von Cerotinsäure und Melissin, auch Myricin genannt, und besteht letzteres nach Brodie aus dem Melissylester der Palmitinsäure. Äusser diesen beiden Stoffen enthält das Bienenwachs noch 4—5% eines bei 28° C. schmelzenden Körpers, das Cerolein, welchem das Wachs seine Fettigkeit verdankt. Das Mengenverhältniss zwischen der Cerotinsäure und dem Myricin varirt im Bienenwachse beträchtlich und daraus lässt sich der

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