8. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1878

11 eben wegen der bedeutenden Kosten der Anlage und der weitschweifigen Operationen bei der Bereitung des Gases nicht als ein Fortschritt zu bezeichnen wäre, und sicher würde man diesc Ansicht auch gehegt haben, wenn diese Beleuchtungsart die ursprüngliche gewesen wäre und man erst hinterher die Kerzen und Lampen erfunden hätte. Die Erfahrung lehrt aber doch das Gegentheil; sie hat bewiesen, dass die Gasbeleuchtung nicht nur ein sehr schönes, sondern auch billiges Licht liefert, weil sic gestattet, dazu ein billiges Material zu verwenden und die Verbrennung des Gases so genau zu reguliren, dass der Verbrauch stets dem Bedürfniss entspricht. Die schein¬ baren Nachtheile bei der Gasfabrikation werden dadurch ausgeglichen, dass man dabei noch vielerlei werthvolle Nebenproducte, wie die Koks, den Theer u. s. w. gewinnt, welche nicht selten die Kosten des Rohmaterials und der Gasbereitung decken. Dass der Begriff von Gasbeleuchtung ein ganz allgemeiner ist, wird noch klarer, wenn man die Natur einer Flamme genauer betrachtet; denn jede Flamme, sic mag welchen Ursprung immer haben, ist ein brennender Gasstrom. Am besten beobachtet man diese Gasbereitung im Kleinen an einer Kerze, wo sich die verschiedenen Operationen ohne unser Zuthun selbstständig und zwar mit einer gewissen Präcision reguliren. Der Docht der Kerze besteht in seiner Hauptmasse aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff; nähert man demselben einen brennenden Körper, so wird durch die Ilitze des letzteren der Docht zersetzt, die brennbaren Gase entzünden sich und verbrennen mit schwachem, röthlichblauen Scheine, der den Raum erfüllt, innerhalb dessen jene Gase mit der Luft in Berührung treten. Die Gase selbst bilden ein plattrundes Kügelchen, dessen dunkler Inhalt durch die umgebende Flamme mit prachtvoll lasurblauer Farbe hindurchscheint. Gewöhnlich bemerkt man dies blauc Kügelchen allein, welches auf der Spitze des Dochtes wie ein Knäulchen zu schweben pflegt. Ist jedoch der Ilintergrund ein günstiger und der Blick des Beobachters ein aufmerksamer und geschärfter, so sicht man stets auch den röthlichblauen Flammenschein. Diesen nennt Volger den Schleier der Lichtflamme und die ganze Erschei¬ nung dieses ersten Stadiums die Flammenknospe. Sehr bald bemerkt man, dass die platte Form der Knospe anfängt zu schwellen. Die sich fortwäh¬ rend steigernde Hlitze des verbrennenden Wasserstoffgases wirkt bereits auf das Material der Kerze ein, dieses schmilzt und wird durch die Haarröhr¬ chenthätigkeit in den Faden des Dochtes in die Höhe gezogen. In demselben Masse, als es in den Bereich der Flamme kommt, wird es zersetzt. Die Zersetzungsprodukte, die brennbaren Gasc streben gleichfalls aufwärts und sobald sic sich der äussersten Grenze des blauen Kügelchens und somit der heissen Sphäre des verbrennenden Wasserstoffgases nähern, zerlegen sich die Kohlenwasserstoffgasc. Der Wasserstoff verbrennt augenblicklich; der Kohlenstoff aber, der schwerer verbrennlich ist, scheidet sich in kleinen, festen Theilchen aus, die durch die Hitze und das aufsteigende Wasserstoff¬ gas mit fortgerissen werden und erst in der äusseren Begrenzung der Wasser¬

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