68 Indem die k. k. Oberrealschule ihre Thätigkeit insbesondere jenen Jünglingen widmet, welche einst, zum Mannesalter gereift, durch höhere Bildung einen Einfluss in weiteren Kreisen zu üben befähigt sein werden so erachtet sie es auch von besonderer Wichtigkeit, dass sie sich nicht nur als eine Anstalt zur Ertheilung mannigfachen Unterrichtes ansche, sondern zur religiösen und wittlichen Erziehung ihrer Schüler mitzuwirken als einen wesentlichen Theil ihrer Aufgabe betrachte. Daher kann für dieselbe das sittliche Verhalten der Schüler auch ausserhalb der Schule um so weniger gleichgiltig sein, je mehr sie zu ihrem Berufe die sittliche Bildung der Schüler rechnet, welche sich ausserhalb der Schule nicht minder bekunden muss, als innerhalb derselben. Allein das Mass, in welchem die Schule als solche auf die Disciplin ausserhalb ihrer Räume einen Einfluss geltend zu machen weiss, ist leider ein eng be¬ grenztes, und es kann daher die Obhut über das sittliche Verhalten der Schüler ausserhalb der Schule nur zum Theile als Sache der Schule zum bei weitem grösseren Theile muss sie vielmehr als das Recht wie die Pflicht der Eltern oder deren Stellvertreter bezeichnet werden. Es kann daher ein einigermassen günstiger Erfolg der von der Schule dafür aufgewandten Bemühungen nur erwartet werden, wenn die Eltern der Schüler oder deren verantwortliche Stellvertreter in häufige Beziehungen zur Schule treten und im Einverständnisse mit derselben gleichfallsauf die sittliche Erziehung der Jugend hinwirken. Gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Mitteilungen zwischen Schule und Haus sind eben für das Werk der Erziehung unerlässlich, da sonst kein sittlicher Organismus gedeihen und sich entwickeln kann. Die Eltern wer¬ den zweifelsohne durch die ihnen von den Lehrern der Anstalt gemachten Warnchmungen über Verhalten und Fleiss ihrer Söhne ebenfalls zum Nach¬ denken und zur gewissenhaften Uebung ihrer Erzieherpflicht angeregt werden. Als eine ganz besondere Obsorge erachtet es die An¬ stalt, dass die auswärtigen Schüler in anständigen Familien untergebracht werden, und dass sie von Seiten ihres häuslichen Lebens keine unmittelbare Gefahr für ihre Sittlichkeit laufen. Die Direction legt hierauf einen ganz besonderen Wert und wird daher stets mit Vergnügen bereit sein, sowol in dieser, wie überhaupt in allen die Schule u. s. w. betreffenden Angelegenheiten mündliche oder schriftliche Auskünfte zu ertheilen. Steyr, 14. Juli 1877. Der Director der k. k. Oberrealschule: Josef Berger.
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