7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

35 Wasser ist die Luft, da diese mit jedem Augenblicke eingeathmet wird. Wie ängstlich aber sperren sich Bauern und Städter im Winter gegen die kalte Luft ab und sitzen Monate lang in verdorbener Luft! Wie gross die Abneigung gegen das Lüften der Stuben noch immer bei einem grossen Theile der Stadt- und Landbevölkerung ist, davon könnten die Aerzte manch Jammerkapitel erzählen. Dass solche Leute sich und die ihrigen allmählig vergiften, das wollen sie nicht glauben. Dem ist aber nicht anders abzu¬ helfen, als dass schon in der Volksschule dem Kinde die Wichtigkeit reiner frischer Luft dargethan wird. Man zeige dem Kinde, nachdem man es mit den Wirkungen der Kohlensäure bekannt gemacht, dass der Mensch fort¬ während Wasserdunst und Koblensäure ausathmet. Den Wasserdunst kann man im Hauche sehen, die Kohlensäure lässt sich mittelbar zur Auschauung bringen. Man nehme ein Fläschehen voll Kalkwasser aus der Apotheke, welches hell wie Brunnenwasser aussieht, stecke eine Glasröhre hinein und blase mehrmals durch diese in die Flüssig keit: alsbald wird sie trübe und flockig, indem sich die ausgeathmete Kohlen¬ säure mit dem Kalk zu Kreide (kohlensaueren Kalk) verbunden hat. — „Die schlechte Luft in einem überfüllten, nicht gelüfteten Zimmer sagt Niemeyer „ist einer Pfütze gleich, aus der man tränke, denn das ge¬ wöhnliche Cloakenwasser enthält nicht mehr Zersetzungsstoffe als solche Stubenluft!“ Schlecht aber wird die Luft hauptsächlich durch eine grössere Bei¬ mischung von Kohlensäure. — Xebst der Koblensäure wird noch ihre wür¬ dige und würgende Schwester, das Kohlenoxyd, als eines der gefährlichsten Gifte, einer eingehenden Besprechung wert sein. „Für's Leben lernen wir, nicht für die Schule. Xun, so mache man die Kinder nicht nur mit den fernliegenden. seltenen Dingen bekannt, man bringe ihnen vor Allem das Alltägliche, das Nächstliegende zum Verständnis, besonders wenn des Menschen Wol und und Wehe davon abhängt. Dann erst wird man sich etwas darauf zu Gute thun können, dass die Jugend nunmehr auch Physik und Chemie lernt: dann erst wird sowol der formale als auch der materielle Zweck des Physikunterrichtes erreicht werden. Diese kurze Darstellung kann keineswegs Anspruch machen auf eine erschöpfende Behandlung der Methodik der Naturlehre. Eine solche lässt sich aber auch nicht vorschreiben, die Individualitäten des Lehrers und der Schüler sind ja so mannigfaltig. Uus handelte es sich blos darum, gewisse Principien der Methode des Physikunterrichtes aufzustellen und Ausgangs¬ punkte anzugeben, die jeder Lehrer befolgen soll, wenn er den Unterricht fruchtbar gestalten will. ------

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