7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

23 Erklärung die zu demonstrirende Thatsache in den Hintergrund dränge. Nun soll aber die Physik keine Apparatenlehre, sondern eine Naturlehre sein, — deswegen ist dem einfachsten Apparate stets der Vorzug zu geben. Endlich wird der Schüler von selbst dazu angereizt, den gesehenen Versuch mit denselben oder ähnlichen Hilfsmitteln, die ihm in dem Hause der Seinigen, in der Küche der Mutter zu Gebote stehen, zu wiederholen ein Umstand, der sehr hoch anzuschlagen ist. Eine Aufforderung von Seite des Lehrers, diesen oder einen ähnlichen Versuch zu Hause anzu¬ stellen, diesen oder jenen Apparat selbst zu verfertigen, wird oft hin¬ reichen, bei der Mehrzahl der Schüler Interesse für den Gegenstand zu wecken, und ist einmal Lust und Liebe für denselben erwacht, so wird auch die Erkenntnis eine fruchtbare sein. „An einem mit Wasser gefüllten Trinkglase“, sagt Niemeyer, „kann man die Brechung der Lichtstrablen, die Schwere und die Elasticität der Luft, die Wirkung der Taucherglocke u. m. a. sehr deutlich machen. Was die Mängel in der Person der Lehrer betrifft, so gilt dies von dem letzten Decennium nicht mehr: durch Errichtung von physikalischen Seminären an Universitäten hat das Ministerium es jedem Candidaten ermöglicht, sich hinreichende Fertigkeit in der Handhabung der Apparate zu verschaffen. Vor der Creirung dieser Institute war es freilich anders. Schreiber weiss aus eigener Erfahrung, dass im Collegium über „Lebungen im Experimentiren“ der betreffende Professor allein experimentirte und dass es immer hiess: Ich bitte, meine Herren, die Apparate nicht anzu¬ greifen. Das ist nun zum Besten der Lehrer und der Wissenschaft anders geworden. — wenigstens an den lniversitäten. Aber wie ist es bei den Volksschullehrern? An den Lehrerbildungsanstalten fanden sie bis jetzt wenig Gelegenheit sich im Experimentiren zu üben, die wenigsten suchten sie auch, weil es da kein eigentliches Fachstudium geben kann. Erst bis der Candidat in das Lebramt trat, sah er. was ihm mangelte: der Strebsame trachtet zwar aus guten Anweisungen über Anstellung von Experimenten die Lücken auszufüllen, allein, dieser Weg ist zu lang¬ wierig. In der neuesten Zeit jedoch ist auch hierin ein Umschwung zum Besseren geschehen. An mehreren Anstalten ist von der Aufsichtsbehörde schon erzielt worden, dass die Zöglinge den daselbst befindlichen Apparat für Volksschulen zu handhaben verstehen. Es ist wohl wahr, dass die Kunst zu experimentiren nicht blos in der manuellen Fertigkeit. in der Handhabung der Apparate und in der Ausführung gewisser Vorarbeiten, da diese unter Umständen auch von einem Laboranten besorgt werden können, sondern vielmehr darin besteht dass der Experimentator die theoretischen Grundlagen für die Versuche vollständig beherrsche und eine genaue Kenntnis der Gesetze, auf welcher sie beruhen, besitze. Allein sowol in der Volks- als auch in der Mittel¬

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