14. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1986/87

DEPRESSION Ein feuerrotes Meer von mehr als 1000 Grad Hitze rinnt in die Gußformen - ei ner steht daneben und schaut auf die Uhr - Schichtwechsel. Stundenlang schi eben sich x-Kilometer Stah l durch die Wal zen - einer starrt vor sich hin , drückt auf einen Knopf und denkt an seine Frau , seine Kinder und an seinen kleinen Hof im Mühl viertel. Hunderte von kleinen Zu lieferfirmen sind auf Gedeih und Verderb der VOEST ausgeliefert -einer faltet die Rechnung , steigt in den Lastwagen, und während er das Be- triebsgelände verl äßt , fragt er sich, wie lange er sich noch über Wasser halten wird. Unermüdlich spucken Computer Daten aus - einer reißt den letzten Ausdruck ab und unterstreicht das Wort „DEFIZIT". Wie lange soll der Steuerzah ler noch für die Schulden der VOEST aufkommen - einer hört den Vorwurf, rückt die Kra- watte zu recht und schweigt. Martina Fischlmayr / 8 D g VOEST Betriebsexkursion mei ner Klasse, der 8. D, in die VOEST. Eine Flut von Informa- tionen und Eindrücken. Was ist wichtig? Was ist mir wichtig? Da steht ein VOEST-Arbeiter, trinkt ein Bier, hat Watte in den Ohren und muß schreien , wenn er etwas sagen will. Was denkt er über seine Arbeit, was denkt er bei sei ner Arbeit? Heiß ist es heute wieder. Das soll ich noch sieben Stunden aushalten. Ich trink ein Bi er. langweilig. Aber der Lärm verhindert ein vernünftiges Gespräch. Man beschränkt sich auf notwendige Stichworte. Jeder Handgriff läuft auto- matisch. Ich hätte viel Zeit zum Denken. Warum tu ich es nicht? Affenhitze. Nicht auszuhalten. Ein Idiot bin ich. Für das Geld stel l ich mich Tag für Tag in diese Hal le, nehme Hitze, Lärm und Langewei- le auf mich. Gar nichts gefällt mir hier. Nichts hat Si nn. Alle si nd wir Idioten. Ste- hen acht Stunden in dieser Halle, wissen nicht ei nmal, ob der Stahl , den wir produ- zieren fü r Panzer verwendet wi rd ,wissen nicht, für wen wi r arbeiten. Ich kann nicht sagen: ,, Das hab ich für Herrn Maier her- gestellt", kann nicht seine Freude über das Produkt erleben. Nur wegen dem Geld . Franz Ömer / 8 D --- ------ ------------- 50 - ---------------------

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