14. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1986/87
Postwurfsendungen. Das Werbemate- rial erforderte mindestens so viel Arbeit wie das Kartieren der gesamten übrigen Post. Sch ließlich wurde die Post eines Rayons nach Straßen und Hausnum- mern geordnet und gebündelt. Jetzt erst, nach zwei bis drei Stunden, konnte ich dieTasche und denWagen füllen und losmarschieren. Jetzt kam der interessante Teil der Arbeit. Ich stellte die Post von Haus zu Haus zu. In dieser Zeit kam ich mit vielen Men- schen ins Gespräch. Fast überall wurde ich freundlich aufgenommen. Man zeig- te auch Verständnis, wenn die Post ein bißchen später als gewöhnlich kam . Auf der Straße war mir mancher behilflich , wenn das Postwagerl wieder größer war als ich und ich es nicht mehr auf den Gehsteig brachte. Die ersten zwei Wochen ging ich im Orts- gebiet. Diese Zeit verlief recht ruhig , und ich war meistens schon mittags mit mei- ner Arbeit fertig. Doch dann bekam ich einen anderen Rayon. Am ersten Tag war ich hilflos. Ich fand nicht einmal al le Häuser und konnte den Weg auch nicht zu Fuß gehen. Als durch die Last der Post auch noch mein Moped streikte, war ich endgü lti g verzweifelt. An diesem Tag bekamen manche Häuser die Post erst um drei Uhr nachmittags. Deshalb mußte ich einige heftige Beschwerden einstecken . Eine Frau drohte mir sogar mit einer Anzeige. Am nächsten Tag ging es schon leichter. Aber da kam eine neue Schwierigkeit: Ich habe große Angst vor Hunden . Und die haben es auf Posttaschen abgese- hen' Bei einem Haus rannte mir der Schäferhund schon auf der Straße ent- gegen und sprang auf mein Moped. Hier blieb ich für den Rest der Woche nicht mehr stehen: Im Vorbeifahren ließ ich schnell die Post in den Garten fallen. „Eine Woche lang kann man sich die Post auch aus dem Garten holen' " dach- te ich mir. Der Hausherr dachte anders. Das sagte mir mein Chef unmißver- ständlich. Ähnlich machte ich es bei einem zweiten Haus. Als ich das Schild VORSICHT BIS- SIGER HUND las und der Hund schon beimGartentor bellend auf mich wartete, beschloß ich , in dieser Woche die Post auf den Zaun zu legen, nur, um schnell wegzukommen. 1 n dieser Woche ging ich oft bis 3 oder 4 Uhr mit der Post , da gerade die Kataloge der Versandhäuser ausgetragen wer- den mußten. Ich zog für mich persönlich daraus die Lehre: Aus Mitleid mit den Briefträgern werde ich jeden Katalog abbestel len ' Nach vier Wochen zog ich des Resü- mee: Auch die Arbeit bei der Post hat mir viel gegeben . Ich habe wieder gelernt, daß man durchhalten muß. Ich habe Freude daran gefunden , mit Leuten zu reden. Ich habe gerne ihr Lob gehört, aber auch Tadel ertragen. Und auch das Gehalt von ein paar tausend Schi lling hat mir geholfen, selbständiger zu werden . Es lohnt sich , Ferialpraktikant zu sein! Beate (Matura 1985) APROPOS RAUCHEN Mit 17 habe ich damit angefangen in Juan-les-Pins. Mit 45 habe ich damit aufgehört in Steyr. Ich glaube, ich bin süchtig veranlagt , so wie die meisten, jeder auf seine Art. Rauchen ist super, der größte Genuß, es gibt nichts in sich Geschlosseneres als die Zigarette in der einen , die Zeitung in der anderen, und den Kaffee vor sich. Einer wol lte mir weismachen , Rauchen habe etwas mit Selbstmordabsichten zu tun , sei also ein unbewußt selbstzerstö- rerischer Akt - Blödsinn, nie fühle ich mich mehr eins mit mir selbst als mit der Zigarette. Alles habe ich auf die Zigarette ausge- richtet : die Zigarette nach dem Film, die Zigarette nach dem Essen , die Zigarette statt dem Essen, die Zigarette zum Kaf- fee, die Zigarette in der Pause, die Ziga- rette vor dem Wegfahren , die Zigarette beim Nachhausekommen, die Zigarette mit dem Mann, die Zigarette bei einem guten Einfall , die Zigarette weil mir nichts einfällt , die Zigarette um der Zigarette willen , das heißt: Ich genieße nicht den Film , sondern die Zigarette nach dem Film, nicht das Essen , sondern . . Ich finde Anlaß ohne Unterlaß, ich bin da sehr erfinderisch: weil ich so glücklich bin , wei l ich so frustriert bin , wei l mir so fad ist, weil ich so gestreßt bin , weil ich mich erhole, weil ich mich konzentriere, weil ich al lein bin , wei l ich mit dir beisam- men bin. -------------------- -- 42 ----------------------
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