14. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1986/87

EIN BLICK ZURÜCK FAST OHNE ZORN DieArbeitswelt des Dr.Grandy Ein kurzer Rückblick auf die Arbeitswelt des Professors nach dem Zweiten Welt- krieg müßte den Hintergrund der erleb- ten Umwälzungen der Jahre 1934, 1938 und 1945 einbeziehen samt dem wie- derholten Wechsel von diktatorischer und demokratischer Staatsform. Er müß- te viel von der Härte des Lebens im Krieg, von der gemeinsamen Auf- bruchsstimmung unter Trümmern und von den ersten Ausblicken auf die west li - che Welt erzäh len, die zu r fruchtbaren Begegnung mit fremden Sprachen im eigenen Land wurde. Wer in den Dreißigerjah ren auf der Hochschule Ph ilosophie studierte, dem prophezeite man zehn Jahre Arbeitslo- sigkeit nach dem Studienabschluß. Doch die Kriegsjahre verr ingerten di e Zahl der Studienabgänger, sodaß zwei Jahre nach 1945 noch Mittelschulpo- sten zu besetzen waren. Wer später fertig wurde, mußte bei gleich ausgebi ldeten Prüfern für Pflichtschullehrer die Haupt- schu lprüfung ablegen und an Pfl icht- schu len auf den begehrten Mittelschul- lehrerposten warten. Ich hatte 1947 am damal igen Bundesre- algymnasium Steyr noch ei ne ganze An- stellung mit gleichzeitigem Probejahr er- langt. Mit Ko llegen Dr. Ahammer zäh lte ich als Drei ßigjäh ri ger zu den mit Ab- stand Jüngsten im Konferenzzimmer, denen viele zusätzli che Leistungen auf- gebürdet wurden. Wir kamen in ein gu- tes, wesentlich älteres Kollegium von Professoren , die es als ihre Pflicht ansa- hen , uns fallweise dezent unter vier Augen zu korrigieren. So pflanzte sich eine gute Tradition an der Schul e fach- lich und menschlich fort. Die ältesten Koll egen erzäh lten uns, daß junge Leh rkräfte in der Monarch ie zehn Jah re an den Grenzen von Galizien bis Ital ien unterrichten mußten , bis sie in die Mi tte des Reiches aufrückten. Die An- stellung reichte dann jewei ls nur bis zum Schulende, worauf fürs neue Schu ljahr wieder angesucht werden mußte. Bei sparsamer Lebensweise, ein oder zwei Kindern und - wenn es hoch her- ging - mit einem Motorrad geriet man- cher nach 1945 gegen Monatsende in Geldnot , für die der Religiosus immer ei ne offene Tasche hatte. Man war weit weg von der Zwi schenkriegszeit, in der ei n Dienstmädchen die Wohnungstür öffnete, wenn man seinen Professor be- suchen mußte. Das war jetzt andes bei Kriegsheimkehrern. Die unzensurierte „Zuwage" der Matu razeitung 1951 schrieb: Welche Mutter gibt heute schon ihre Tochter einem Professor! Das Klima im Konferenzzimmer war be- kannt gut. Diese Männergesell schaft lockerten nur ganz wenige Koll eginnen auf, und diese waren meist ledig. Da Ehepaare im Lehrkörper. anscheinend nicht wi rkendurften ,quittierte eine Kolle- --------- - - ---- ------ 21 gin auftragsgemäß bei der Heirat mit einem Kollegen den Dienst. Es war mir eine Freude, in einem Kreis von Spezialisten der AHS zu arbeiten, die man auf verschiedenen Wissensge- bi eten fragen konnte. Der Kreis war noch wesentlich kleiner,man kan nte einander, auch wenn man im Durchschn itt zuein- ander reservierter war als heute. Welchen Schülern stand man nun ge- genüber? Die Hürde der Aufnahmsprü- fung hielt die Klassen.zah l in Grenzen . Di e Gesiebten , schon in der letzten Volksschul klasse einer ei ngehenderen Ausbildung Unterzogenen hielten höhe- re Anforderungen aus und arbeiteten härter, außer sie waren seh r begabt und kamen bei wenig Fleiß gu t durch. Da- mal s unterschied man zwischen Haupt- und Nebengegenständen, die Je nach Professor mittel oder leicht bewältigt wurden. Das genaue Vorkauen von Leh rinhalten war nicht nötig , weil dieses für solche, die später im Beruf großen, unvorhergesehenen Belastungen aus- gesetzt sind, zum Hemmschuh werden kann , wenn sie nur genau Vorgebrach- tes zu bewältigen gelernt haben. Es gab nicht die heutige Unzahl von Vor- schriften über Anzahl , Ankündigung und Dauer von Prüfungen. Trotz zei twei- liger Überbelastung der Schüler ent- standen damals ohne Zweifel weniger Nachtei le für ihn als heute durch die ge- setzlichen Bestimmungen, durch die ein Schüler dazu verführt wird , sich schwer- punktmäßig einmal auf diese Schul- arbeit , dann wieder auf jene Prüfung

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