Geographie auf neuen Wegen Ziel dieses Beitrages ist es, einen kurzen Überblick über die Wandlungen der Schulgeographie in den letzten Jahren zu geben und gleichzeitig um Verständnis für die teilweise völlig neuen, oft „wild" erscheinenden Wege zu werben. Die achtziger Jahre werden als das Jahrzehnt der großen Wandlungen in die Geschichte der österreichischen Schulgeographie eingehen, da sowohl für die Unterstufe als auch für die Oberstufe neue Lehrpläne eingeführt wurden/werden, die mit der traditionellen Vorstellung der Schulgeographie brechen und völlig neue didaktische und methodische Wege gehen. Über fast 100 Jahre lang bestand die Hauptaufgabe des Faches Erdkunde/Geographie im Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen darin, dem Heranwachsenden ein mehr oder minder leicht abfragbares Faktenwissen über eine möglichst große Anzahl von Staaten und Ländern der Erde beizubringen. Dabei wurde nach dem Konzept der konzentrischen Kreise vorgegangen: von der bekannten Heimat(?) zur unbekannten Ferne. Saint Exupery läßt den kleinen Prinzen fragen: ,,Was ist ein Geograph?", und dieser antwortet: ,,Das ist ein Gelehrter, der weiß, wo sich die Meere, die Ströme, die Städte, die Berge und die Wüsten befinden." Und auch Peter Handke erinnert sich an seinen Geographieunterricht: ,,Ich wußte alle Hauptstädte aller Staaten auswendig. Der Vatikan war ein eigener Staat mit einigen Bewohnern; ich suchte auf der Landkarte Straßenknotenpunkte." 1962 wurde vom Gesetzgeber zur Geographie der Bereich der Wirtschaftskunde hinzugefügt, eine Maßnahme, die letztlich der Geographie den Bestand im Fächerkanon der höheren Schulen ohne Stundenkürzungen gesichert hat. Die Beispiele aus anderen Ländern zeigen, daß die Erdkunde überall an Stunden verloren hat. Was wollte man mit der Wirtschaftskunde? Sie sollte Interesse wecken und den Schülern die Augen öffnen für einen Bereich, der sowohl ihr privates wie auch öffentliches Leben weitgehend bestimmt. 16 Wirtschaftskunde, besser Wirtschaftserziehung, hat folgende Aufgaben: ❖ Hilfe leisten für den einzelnen Verbraucher, ❖ Hilfe geben bei der verantwortungsvollen Mitgestaltung des mündigen Staatsbürgers am öffentlich-politischen Leben. Darüberhinaus soll die Wirtschaftskunde dazu beitragen, daß die Schüler die Außenabhängigkeit der österreichischen Wirtschaft sowie die starke Verflechtung mit der übrigen Welt erkennen. Nicht zuletzt kommt ihr der wichtige Auftrag zu, die für den Schüler später so wichtige Arbeits- und Berufswelt erstmals darzustellen. In der nur formalen Verbindung mit der traditionellen Schulländerkunde, die bis 1985 unsere Lehrpläne bestimmte, konnte die Wirtschaftskunde diese Ziele in keiner Weise erreichen. Die Schulländerkunde wurde selbst immer mehr in Frage gestellt, einerseits durch die kaum mehr zu bewältigende Stoffülle, andererseits weil Länderkunde, die stets nur das Einmalige herausarbeitet, im VViderspruch zum exemplarischen Prinzip steht, das auf das Ubertragbare ausgerichtet ist. Daher erhob sich in Österreich schon seit Jahren die Forderung nach neuen Lehrplänen, die den modernen Tendenzen Rechnung tragen sollten. Gefördert wurden diese Bestrebungen durch zahlreiche Faktoren: a) Entwicklungen im Bereich der Erziehungswissenschaften (z. B. Curriculumbewegung), b) Fachwissenschaft - besondere Betonung der Sozialgeographie, c) Forderung nach mehr politischer Bildung. Auslösendes Moment war die 7. SCHOG Novelle 1982. Im Juni 1983 wurden seitens des Bundesministeriums fü'r Unterricht und Kunst Kommissionen gebildet, die den Auftrag zur Ausarbeitung neuer Lehrpläne bekamen. Dabei wurden gerade in Geographie und Wirtschaftskunde völlig neue Wege gegangen, die sich an den oben angeführten Forderungen orientierten.
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