13. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1985/86

II Nicht Wissen ist Macht, sondern Können DIE ,,WILDEN" NEUEN LEHRPLÄNE FÜR DIE UNTERSTUFE DER AHS Im Herbst 1985 wurde in den ersten Klassen in allen Fächern ein neuer Lehrplan eingeführt 1 ) , der sich zum Teil sehr stark vom ursprünglichen unterscheidet. Der Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schule ist ein Lehrplan mit Rahmencharakter, der unterrichtliche Ziele, Inhalte und Verfahren für die Planung und Realisierung von Lernprozessen angibt und die eigenständige und verantwortliche Unterrichtsarbeit des Lehrers gemäß den Bestimmungen des§ 17, Abs. 1, des Schulunterrichtsgesetzes2 ) ermöglicht, aber zugleich in ihrem Ausmaß begrenzt. Anordnung, Gliederung und Akzentuierung des im Lehrplan der ei nzelnen Klassen angeführten Jahresstoffes, einschließlich der Auswahl der notwendigen Beispiele, sind der verantwortlichen Entscheidung des Lehrers überlassen. Die Mitwirkungsrechte der Schüler und Erziehungsberechtigten gemäß Schulunterrichtsgesetz sind zu beachten. Die Zielorientiertheit des Lehrplans soll in Wechselwirkung mit der Schülerorientiertheit des Unterrichts den Bildungsauftrag der Schule sichern und 1 ) BGBI. Nr. 88 / 1985, Anlage A. Ab 1.9. 1985 aufsteigend in Kraft. 2 ) BGBI. Nr.139 / 1974 in der geltenden Fassung: § 17. (1) Der Lehrer hat in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule(§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend den Bestimmungen des Lehrplanes der betreffenden Schulart hat er unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten, die Schüler zur Selbständigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten, jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Ertrag des Unterrichts als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen. 8 Gesichtspunkte zur Orientierung über die Unterrichtsarbeit bieten. Stark vereinfacht ausgedrückt, könnte man die Änderung der Lehrpläne wohl so charakterisieren: Von der „Stoffzentrierung" zur „Zielorientierung" und „Schülerorientierung" oder: von der Sache zum Menschen. Natürlich läßt sich der Inhalt nicht vom Ziel trennen - auch beim „alten" Lehrplan war dies berücksichtigt - nun aber soll durch eine Verschiebung der Gewichtung der einzelnen Komponenten eine noch stärkere Berücksichtigung des Schülers erfolgen. (Meine persönliche Interpretation: Als Lehrer habe ich nun gleichsam als Schüler auf der Schulbank Platz zu nehmen und mich in dieser Position zu fragen: ,,Was möchte ich als Schüler hören? Was brauche ich wirklich ,im Leben'? Wieviel ist wirklich nötig? Was könnte sich der Lehrer sparen? Was brauche ich unbedingt, um mich in einer sich immer schneller ändernden Welt zurechtzufinden?" - Diese Fragen allerdings unter Berücksichtigung des weiteren Blickes, des tieferen Wissens und der größeren Lebenserfahrung des Lehrers gestellt.) Soll das nun heißen, daß unsere Schüler keine Inhalte mehr, oder zu wenige dargeboten bekommen? Keineswegs. Man ist sich der Problematik eines bloß stofforientierten Unterrichts voll bewußt geworden. Die folgende Übersicht soll die Nachteile der alten Lehrpläne veranschaulichen: Probleme vom Inhalt her: ❖ Stoffliche Systematik steht oft im Vordergund = Gefahr der Stoffüberlastung ❖ Fachwissenschaftliches Denken dominiert = Gefahr eines zu geringen Lebensbezuges für Schüler ❖ Fachliche Daten und Fakten dominieren den Unterricht = Gefahr, daß (fachliche) Denk- und Arbeitsweisen zu kurz kommen Probleme von den Zielen her: ❖ Fachliche Ziele stehen im Vordergrund des Unterrichts Gefahr, daß allgemeine Ziele zu kurz kommen, z. B. selbständiger Bildungserwerb, Aufbau von Kooperation ...

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