12. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1984/85

Katholische Religion DIE LIEBLINGE GOTTES Bei einer Reise mit 16 Schü lern der 5. A trafen wir einen, ,guten alten Bekannten", Prof. Dr. Erich Grandy. Ihn baten wir um seine Eindrücke von dem Vortrag, der uns zusammengeführt hatte: MIT AUSGESTOSSENEN LEBEN Es muß eine besondere Veranstaltung sein, bei der hundert Jugendliche mit einigen Erwachsenen am 23. April den Saal des KSJ -Jugendzentrums Stuwe in Linz bis auf den letzten Winkel füllen : Pater Sporschill S. J. aus Wien erzählt über sein drei Jahre altes Wiener Jugendhaus der Caritas. Prälat Unger, Kardinal König , Karl Rahner und Lui se Rinser haben es zu ihrem An lie- gen gemacht. Dort wohnen 80 junge Leute. Sie kommen aus dem Gefängnis, von der Straße oder aus einer psychiatri - schen Klinik. Die meisten sind nur in Heimen oder auf Pflegeplätzen aufgewachsen. Weitere 20 freiwillige jugendliche Mitarbeiter aus normalen Familien leben in Wohngemeinschaften mit den Ausgestoßenen. Viele studieren daneben. Pater Sporschil l und seine Helfer erleben die Bestäti- gung des Christuswortes: ,,Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut ..." Die Begegnung mit den Ausge- stoßenen ruft ungeahnte Kräfte wach , und, magne- tisch angezogen, kommen Helfer dazu ,wenn man sich in die Not hineinwagt. Mit Improvisation kämpfen Jugendliche für ihre armen Brüder. Und dann schildert einer von den Betreuten, der vor drei Monaten von Pater Sporschill auf der Straße aufge- lesen wurde, sein Schicksal: Heuer war es der fünfte Winter, den er in Bauhütten und Rohbauten und auf der Straße verbrachte. Einsamkeit , die man erlebt haben muß, Flucht in den Rausch, abgefrorene Finger und zwei abgefrorene Füße. Und sein Wunder: Einer nimmt ihn mit und sagt , er brauche ihn. Ein Helfer, The- ologiestudent , wäscht und rasiert den Todkranken. Nach der Amputation bekommt er so viele Besuche wie kein anderer. Die Zuneigung erschüttert ihn. Er ent- schl ießt sich, selbst mitzuhelfen. Heute ist er in einem der inzwischen vermehrten Caritashäuser Portier. Pater Sporschill weiß, daß soziales und religiöses Tun zusammenwirken. Das Prinzip ist einfach: Das Tun ist der Anfang. Später kann man darüber reden. Wer im treuen , pünktlichen Engagement einen Menschen selbstlos liebt, auf den wirkt diese Liebe als Geschenk zurück, und er findet einen Sinn für sein Leben . Die Zuwendung gibt dem Bloßgestellten , der Christus ganz nahe ist, seine Würde wieder. Für die Jugendarbeit ist es wichtig , daß für einen kon- kreten Fall genau abgeg renzte Hilfe erbeten wi rd. Die Liebe ist wichtiger als Geld. Und zu solcher Hilfestel- lung will Pater Sporschi ll durch sein Kommen bewe- gen. Es gibt einsame Alte, Kranke und eben auch Aus- gestoßene. Der Applaus bestätigt, daß der Abend Nachahmer gefunden hat. (Wer mehr über das Cari- tashaus wissen wi ll , wird mit großem Gewinn die Mai- nummer 85 der Jesuitenzeitschrift „ ENTSCHLUSS" lesen). Dr. Erich Grandy Mit der sch u!eigenen Videoanlage machten wir eine Aufzeich- nung des Vortrages. Sie wird allen interessierten Klassen , aber auch Familien zu Hause zur Verfügung gestellt. (System Video 2000). Prof. Reinhard Brandstetter 64 -------------------

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2