11. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1983/84

1-11 MEINE AUGEN Meine Augen - sie wollen reden mit deinen , meine Sehn- sucht verzehrt sich nach Antwort ... doch brutal schnei- dest du ihnen die Worte ab und mit jedem Mal wird die Wunde tiefer und mit jedem Mal wächst der Haß und mit jedem Mal wird die Li ebe größer - und ich suche mir meine eigene Antwort. Doris Pristavnik SPRACHLOSER FREUND Ich we iß nicht, welchen Namen ich mir in dieser Gesch ich- te geben soll. Die Zeit? Präsens , Imperfekt. Er kam immer von rechts , sie von links. Er hätte auch von links kommen können, doch da wäre ein Kiesweg zu queren gewesen, und Kies mied er. Knirschte so unange- nehm, so laut. Beim Hinabgehen hatte er einen schönen Ausblick auf die linke Stiege Er hatte keine Lust, sie zu treffen. Einfach stehenb leiben. Das fällt zu sehr auf. Durch die Bäume hindurch konnte er sie von weitem sehen. Da wäre es noch früh genug, stehenzubleiben. Doch der Fluchtgedanke kam immer erst, wenn es zu spät war. Einfach nicht hinausgehen? l angsamer gehen? Und doch kreuzen die Stiegen, kreuzen die Wege. Er hatte sich angewohnt , immer zu nicken und ja zu sagen . Mhm erschien ihm am unverfänglichsten, er wollte es aber nicht zu sehr abnutzen, daher ging er sparsam damit um. Das Problem war, daß er sie nicht verstand. Sie sprach zu leise. Oft war er froh, nichts zu verstehen, denn morgens war er gerne st il l. Peinlich wurde es, wenn sie nach der Uhrzeit fragte und er mit ja oder mhm reagierte und das mit Kopfnicken unterstützte. 91 Es gab auch Tage, da entwicke lte sich ein Gespräch. Seine Antwort richtete sich nach dem Klang ih rer Rede. Er ver- suchte gewissermaßen in Harmonie entweder Ober- oder Unterstimme zu improvis ieren . Wenn ich mir sch räg von hinten ihren Kopf ansehe, fehlt das Gesicht; die Haare, be inahe borstig, verdecken es, lassen nicht zu, ih r von der Seite ins Gesicht zu sehen. Mit jedem Schlucken schl inge ich ein Stück Gehirn hinunter. Michael Hafer

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