11. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1983/84

■ Katholische Religion ,,DER SPRUNG IN DEN BRUNNEN" ,, Da ging eines Tages der Knabe zu seinen Brüdern. Er sag- te zu ihnen: ,,Gebt acht! Ich wil l, daß wir zusammen einen merkwürdigen Ort aufsuchen." ,,Wohin willst du uns denn führen?" fragten die Brüder. „ Ich will euch dahin führen , wo ihr die Wahrheit über euch selbst erfahren soll t." Die Brüder baten ihn: ,,Laß es doch sein, es lohnt sich nicht. Danke, wozu sollen wir schon wieder ausziehen?" Sie wollten nicht gehen. Der Jüngste aber bestand darauf: „ Entweder kommt ihr mit, oder ich bringe mich um!" So zwang er sie, mit ihm zu gehen. Sie gingen lange, und noch am selben Tage kamen sie zu jenem Brunnen. Der Jüngste sagte zum Ältesten: ,, Ich wi ll dich anbinden und in den Brunnen hinunterlassen. Schau dir an, was es dort im Brunnen gibt. " Der Älteste fing zu weinen an . ,,Warum willst du mich in den Brunnen hinunterlassen?" Er hatte Angst, in den Brun- nen zu gehen. Er bat um Gnade. Der Jüngste sagte zu ihm: „ Bitte nicht um Gnade, wir müssen dorthin! " Er band ihm den Strick um und ließ ihn hinunter. Aber kaum war der Bru- der ein paar Klafter tief, fing er zu schre ien und zu weinen an, - noch ein bißchen, und die Angst zerre ißt ihn. ,, Ich sterbe, ich sterbe! " Er war noch nicht einmal ein Viertel des Brunnens hinunter. Der Knabe zog ihn heraus, denn er sah, was für ein Mensch das war. Dann kam der zweite. Der Knabe band auch ihn und ließ ihn hinunter. Er war kaum bis zur Hälfte des Brunnens gekommen , da begann er zu sch reien vor lauter Angst. ,, Ich sterbe, ich sterbe !" Er zog ihn heraus. Dann kam die Reihe an den Jüngsten. Er sagte: ,, Hört zu! Wieviel ich auch weinen und schreien werde, zieht mich nicht hoch. Laßt mich hinunter, bis ihr fühlt , daß der Strick leicht geworden ist. " Die Brüder fingen ihn zu bitten an: ,,Du bist unser Jüngster! Warum willst du von uns gehen?" 61 Sie baten, er möge sie doch nicht verlassen, aber er wollte nicht auf sie hören. Da banden sie ihn und ließen ihn hinun- ter. " Seit Schu lanfang gibt es in unserer Schule das Morgen- gebet. Täg lich eine Vi erte lstunde vor Schulbeginn treffen sich Schüler und Lehrer zum Gebet. Für viele ist es so ein Sprung in den Brunnen , wie die Geschichte oben erzählt. Es steht uns ein kleiner Raum im Ke ll er zur Verfügung. Am Donnerstag Morgen ist ein etwas feierlicheres Gebet: Nach dem Gesang beten wir aus dem Alten Testament und lesen das Evangelium. Die Stille ist auch an diesem Tag wesent- lich. Die Bitten und das Vaterunser bilden den Abschluß. Warum entdecken Schüler den Wert des Gebetes neu? Hier einige Berichte: Mir gefällt die Stille, die trotz der schmerzenden Füße beim Sitzen gehalten wird. Dort unten bemerkt man, wie wunder- bar und lautlos Stille ist. Beim Morgengebet kann man die Ruhe für Schularbeiten finden und über Probleme nachden- ken, für die man sonst keine Zeit hat. Elisabeth, 14 Jahre Mir gibt das Morgengebet sehr viel. Nachher habe ich immer das Gefühl, den Tag gut angefangen zu haben. Magda, 14 Jahre Unten ist es warm und der Keller ist so klein, und so fühl ich mich geborgen. ,, Stille ", das ist herrlich. Die Beleuchtung mit Kerzen ist eine gute Idee. Wenn ich ehrlich bin, gehe ich nicht gerne in die Kirche, weil immer so ein Massen- auflauf ist. So besuche ich lieber die „Schulkapelle " . Sandra, 12 Jahre Mir gefällt das Morgengebet sehr gut. Christian, 13 Jahre Ich kann mit mir ins reine kommen. Außerdem finde ich es super, daß die Großen und die Kleinen auf engem Raum zusammen beten. Michaela, 12 Jahre

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