11. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1983/84

Sitte, Sprache und Gefühl für nachbarschaftliche Solidari- tät. Wir stellen traurig fest, daß das Schöne in keinem Partei- programm auch nur erwähnt wird. Das Schöne wie das Gute sind aber die beiden fundamen- talen Maßstäbe al len menschlichen Tuns und Denkens. Die pausenlose Verhäßli chung unserer Welt ist ein Skan- da l. Machthaber sind ja oft unerquicklich, aber die früheren haben wen igstens Schönheit hinterlassen. Die heut igen zerstören sie. Wir zweifel n nicht daran , daß sich die Frage nach der Schönheit sehr bald zu einer Überlebensfrage nicht nur der politischen Parteien , sondern unserer Demo- kratie überhaupt entwickeln wird . Der Wide rwille gegen die Verhäßlichung unserer Welt wird in vie lfältigen , auch polit i- schen Formen immer deutlicher; in ste igender All tags- Agg ressivität , zunehmender innerer Emigration aus dem Leben der Gesellschaft, immer größerer Entfremdung vor allem der jüngeren und sensibl eren Menschen von der her- kömmlichen Poli tik. Ein Zeitalter geht zu Ende, ein neues beginnt. Die Men- schen merken es, die meisten Polit iker nicht . Die tägliche Ve rnichtung von Schönhe it muß aufhören. Wir fordern all e politisch Tätigen , die Parteien , aber auch unsere Journalistenkollegen in allen Medien auf, dem Schönen Aufmerksamkeit , Schutz und Hilfe zu gewähren. Wir fordern die Machtausübenden auf allen Ebenen , vom Minister bis zum Sachbearbeiter, vom Landeshauptmann bis zum Bü rgermeister der kleinsten Gemeinde, vom Kammerpräsidenten bis zum Betriebsrat auf , alles was in ihrer Macht und ihrem Einflußbere ich steht zu unterneh- men , um eine Vermehrung der Häßli chke iten zu verhin- dern. Wi r ve rl angen, daß die Schönhe it in ih re uralten Rechte wiedereingesetzt wird. Jörg Mauthe, Günther Nenning Entnommen dem „Profi l" Nr. 22 / 28.5. 1984 Kunstbetrachtung in der Oberstufe Referat, gehalten bei der Fachtagung für Bildnerische Erziehung am 28.3. 1984 in Linz, Neue Galerie. 1. Warum ist dies ein heißes Thema? Es exist ieren ve rsch iedene Ansichten und Unte rri chtsprak- t iken unter den Ko llegen. Davon möchte ich zur Verdeut- lichu ng die beiden Ext reme herausstreichen: 1. Darbietung im Sinne einer Kunstgeschichte, ziemlich theoretisch, oft nur ve rbal , in re iner Chronolog ie 2. exist iert die Ansicht „ Wir machen gar nichts - die Kunstgeschichte soll von den Historikern gemacht werden " Dazu: ad 1. Diese Meinung gibt es tatsäch lich , sie wird von Leuten ve r- treten, die dem Fach BE einen wissenschaft lichen Anstrich geben wollen und es an Bedeutung anderen Fächern wie Mathematik, Late in usw. gleichsetzen wollen. Die Beurtei- lung in diesem Fach ist dann ein kaltes Abrechnen , nicht selten hat der junge Mensch dabei sein ursprüngl iches Interesse an der Kunst ver loren . Für eine derartige Darbietung fehlt: a) die nöt ige Ausb ildung des Lehrers b) die Altersstufe für rein wissenschaftliches Arbeiten (beim Schü ler) c) die ausreichende Anzah l der Schüler, die an einer Spezia lisierung interess iert sind, - für den Rest ist es Horror. ad 2. Es ist eine utopische Annahme , daß der Historiker Kunst- betrachtung macht und machen kanr;i , nur wei l in se inem Lehrplan und Lehrbuch für jede Epoche abrißweise etwas aus der Kunstgeschichte angeführt ist. Wenn man die Pra- xis kennt , we iß man , daß dies nicht funktion ieren kann: 10 ------------------ ---

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