9. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1981/82
„Was wir hier brauchen, sind gut ausgebildete Techniker , die neben ihrer Fachausbildung eine möglichst umfassende Schulbildung besitzen . Am liebsten sind uns Diplomingenieure, die eine AHS-Matura haben ." Das aus dem Munde eines Technikers zu hören erstaunte uns sehr. Für die an der vordersten Front stehenden Fachleute der Industrie scheint somit der AHS-Abgänger mit Fachstudium die opt imale Ausbildung zu besitzen. Ein schwerer Schlag für die eingangs erwähnten Kritiker dieses Schul • typs. Was macht aber den AHS-Maturanten für die Techniker so interes- sant? Auch auf diese Frage bekamen wir eine Antwort: Durch gediegene Allgemeinbildung und durch sprachliche Schu lung sei der Abgänger eines Gymnasiums wesentlich vielseitiger einsetzbar als ein reiner Tech- niker, hieß es. Die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen mit dem Aus- land, die Sicherung von Absatzmärkten und die Pflege internationaler Geschäftsbeziehungen verlangen auch von Technikern in immer stärke· rem Maße die Kenntnisse von Fremdsprachen . So verlangt man heute von einem Techniker , der seine Firma im Ausland vertreten soll , nicht nur Englischkenntnisse, sondern sehr oft auch den Gebrauch der französi- schen, italienischen , spanischen und russischen Sprache. So kommt es heute nicht selten vor, daß ein bestens ausgebi ldeter Techniker seinen ,,Traumposten " nur dann bekommt , wenn er neben seinen Fachkenntnis- sen auch Englisch und Spanisch kann , oder zumindest in .. der Lage ist , Spanisch in kürzester Zeit zu lernen . Hier wird sich die Uberlegenheit eines Maturanten unseres Schultyps besonders deutlich zeigen. Seine erworbenen Kenntnisse in Latein ermöglichen es ihm, Sprachen in kurzer Zeit zu erlernen. Dem Maturanten einer berufsbildenden Schule würde dieses Kunststück entweder gar nicht, oder nur in wesentlich längerer Zeit unter ungleich größeren Anstrengungen gelingen . Obwohl oberfläch- liches Nützlichkeitsdenken den Lateinunterr icht sehr gerne aus unserem Schultyp verbannt wissen möchte, ze igt dieses Beispiel sehr deutlich , wie auch der Lateinunterricht der Forderung nach mehr Mobilität und Flexib ilität im Beruf gerecht wird. Daß Industriebetriebe von Mitarbeitern in verantwortungsvollen Positionen neben ausgezeichneten fachlichen Qualitäten auch ein ent- sprechendes Maß an Allgemeinbildung verlangen, hat durchaus realisti· sehe Gründe. So gehen wichtigen Geschäftsabschlüssen mit ausländi· sehen Firmen stets zwanglose Kontaktgespräche der beauftragten Hand· lungsbevollmächtigten voraus. Die Gabe, auf die Interessen und Eigen- heiten des möglichen Vertragspartners geschickt einzugehen, stellt oft ein wichtiges Geheimnis so manchen erfolgreichen Geschäftsmannes dar. Als Vertreter eines Industriebetriebes kann daher ein Diplom- ingenieur durchaus in die Verlegenheit kommen , sich mit seinem japani• sehen Verhandlungspartner über Mozart, indische Kunst oder Ornitholo- gie - und das in Englisch - unterhalten zu müssen. Erst wenn er die- sen Test besteht, wird er als gleichwertiger Verhandlungspartner akzep· tiert. Große Betriebe wissen da sehr gut Bescheid und messen daher einer guten Allgemeinbildung ihres Führungspersonals eine nicht zu unterschätzende Bedeutung bei. Der Absolvent einer AHS hat daher gegenüber seinen rein technisch . ausgebildeten Kollegen nicht zu unterschätzende Vorteile. Zu frühe 105
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