8. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1980/81
VON DER SCHWIERIGKREIT, SICH 'S LEICHT ZU MACHEN Jutta Schutting las und sprach in der Aula des BG Steyr Eine knabenhaft schlanke, herb anmutende Frau, stark und zer- brechlich zugleich. Man möchte sie ansprechen, scheut sich aber, sie aufzuschrecken oder gar zu belästigen. Ihre anstrengende Feinnervigkeit breitet sich zwingend aus, ihrer sensiblen Aufmerksamkeit entgeht nichts, man fühlt sich ständig aufgefordert mitzutun und zu reagieren: ei - ne belebende Dusche, kein wohliges Vollbad . Sie macht uns den Einst ieg leicht, und auch in der Folge verzichtet sie auf ih re bekannt verschachtel- ten Satzperioden, wo sie versucht, durch Haupt- und Nebensätze, zu- wachsende Zwischensätze, Klammern und Einschübe die Gleichzeitig- keit einer erlebten Situation anzudeuten. ,, Ich hab heut nicht die Courage ghabt" sagt sie entwaffnend ehrlich, und man ist ganz erleichtert , keiner literarischen Brunhild gegenüberzusitzen. - In „Winterspiele" werden die Auswüchse des Schirennsports in einer Art Litanei ins Absurde über- dreht, wenn z. B. olympisches Gold dadurch verhindert wird, daß sich die Mutter eines Konkurrenten als Tanne verkleidet auf die Rennstrecke stellt, oder wenn der Papst , um die Osterbotschaft zu verkünden , von der Vatikanischen Schanze springt. Aus dem Erzählband „ Sistiana" hören wir einen Katalog der Angstbewältigung . Man kommt in eine fremde Stadt und bricht in Panik aus, denn: die Hoteladresse ist fingiert, das Te- lephon eine Attrappe, der Blick aufs Meer ist an die Wand gemalt. Sparsa- me Kostproben aus ihrem „Vater"-Buch, das sie von den gegenwärtigen Vaterbüchern unterschieden wissen will , worum aber auch sie nicht her- umgekommen ist. Aus „Am Morgen vor der Reise" (ins Erwachsensein) dem Schmunzeln entgegenkommende Passagen: die Verwandlung des lateinischen laudabam, laudabas, laudabat in ein laudabim-laudabam und schließlich in ein laudabimbambimbam ... Frau Schutting liest trocken , berichterstattend, erlaubt sich kein Lächeln in die eigene Ta- sche, keine Ermunterung oder mimische Hinweise auf Schlüsselstellen. Das Lachen zum richtigen Zeitpunkt ist unsere eigene Erfindung. Wiege- sagt, sie wollte es uns leicht machen; aber selbst wenn sie es wollte, ganz leicht könnte sie sich's und uns nie machen. Ihre Schreibweise hat über moralisch-ehrgeizige Ambitionen hinaus mit ihrer ureigenen Wesensart zu tun, ihrer unerbittlichen Treue zu sich selbst. Eine Dichterin (Autorin, Literatin, freie Schriftstellerin), die ihre unverwechselbare Spra- che gefunden hat, um sie zu verteidigen. Prof. Marlene Krisper MUNDARTPFLEGE Seit mehreren Jahren hat sich eine Gruppe von Steyrer Gymnasia- sten dfe Pflege der heimatlichen Mundart zur Aufgabe gesetzt. Beat Mun- genast und Andreas Mutschlechner (6. A), Margot Schwarz und Ulrike Staufer (5. A), Elisabeth Mayer (4. D), sowie Peter Antensteiner, Udo Schwarz, Peter Wiesinger, Barbara Mungenast und Petra Mutschlechner (alle 4. A) sind unter dem Namen. ,,Der Junge Kreis" sowohl in Linz als auch in Steyr erfolgreich an die Offentlichkeit getreten. 81
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