8. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1980/81

Anders war es jedoch, wenn man bereits die sechste Klasse des Gymnasiums vollendet hatte: Man bekam eine sogenannte ,, Reifeklausel " und war damit zum Hochschulstudium zugelassen. Nach Schulbeginn gab Frau Professor Bilek in einer Klasse das Schularbeitsthema „ Ein Erlebnis" . In der nächsten Stunde kam sie äußerst deprimiert in ihre Klasse, teilte die Hefte aus und befahl , die erste Schularbeit wieder herauszureißen . - Alle Schüler schrieben bei „ ihrem" Erlebnis ein schreckliches, furchtbares Er lebnis; der Krieg und die schlechte Zeit saßen den Men- schen damals zu tief in ihren Gedanken ... Ein Schüler schrieb zum Beispiel: Er sah in der Redtenbacherstraße eine ganze Kolonne von KZ-lern den Berg hinaufgehen. Alle Augenblicke brach jemand zusammen. So ein lebendes Gerippe wurde dann getreten und geschlagen , bis es ganz liegenblieb und sich nicht mehr rührte. Dann wurde es auf einen Leiterwagen mit Halbtoten geworfen ... Frau Professor Bilek ließ die Schularbeit wiederholen mit dem Thema „Ein schönes Erlebnis" . .. Die Spiele der Kinder Ein beliebtes Spiel unter den Kindern war damals das Anschleichen in den sogenannten „ Splittergräben " - labyrinthisch verzweigten Gän- gen, die mit einer Betonschicht überdeckt waren . Niemand ging jedoch in solche Gänge, da sie überhaupt keinen Schutz vor Bomben boten, ja nicht einmal vor Blindgängern . So ein Splittergraben befand sich auch beim heutigen Elektro Berger. Es war sehr lustig, sich von den verschiedenen Eingängen aus in zwei Gruppen anzuschleichen, denn man sah auch in den Gängen nichts. Ein anderes Spiel war das mit Kriegsmaterial: Entdeckte jemand Leuchtspurmunition, so gab es wieder ein „Feuerwerk". Des öfteren wur- den auch auf der Ennsleite bei den Flakgeschützen die Geschosse her- ausgenommen und das Pulver entleert , das dann wiederum angezündet wurde. VERÄNDERUNGEN IM STADTBILD Meine Mutter (1875 geboren) konnte sich noch erinnern, daß in dem Bereich der heutigen Bahnhofstraße Getreidefelder waren . Die Häu- ser dürften also erst knapp vor der Jahrhundertwende gebaut worden sein.... Auf er Ennsleite wurde überhaupt erst 1913 zu bauen begonnen. In der Neulust (Standplatz der heutigen Handelskammer) war der Som, mersitz der Steyrer Bürger.... In der Stelzhamerstraße, die damals nach einer Kronprinzessin Maria-Valerie-Straße geheißen hatte, standen nur vereinzelt Häuser. 35

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2