8. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1980/81

UNBEMERKTES WÄCHST NICHT AUF BETON Schüler des BG Steyr zeigen verborgene Schätze unserer Stadt in der Fotogalerie 7-Stern Amtsblatt der Stadt Steyr, März 1981. Käme man als unwissender Beschauer in diese Ausstel lung , könnte man meinen , ein Meister sei auf Motiv- suche gegangen und präsentiere hier die besten seiner Arbeiten. Nun si nd es aber Schüler, die wohl unter der An leitung hervorragender Lehrer, letztlich jedoch allein auszogen , um schaµen und sehen zu rernen. Das Ergebnis läßt in vieler Hinsicht staunen. Die Jugend bewies einen unbeirrbaren Blick für das gültig Schöne, für wesentliche Dinge in Architektur und Handwerk, die uns berühren und betroffen machen ; die unseren eigenen Blick schärfen für eine Umwelt , die für unser Wohl- empfinden entscheidend ist. Türen und Fenster aus Holz oder Eisen , un tertei lt und gegliedert , so daß unser Auge nicht abrutschen kann ; man findet überall Halt: an Türklinken , -klopfern , -k nöpfen, an vorgewö lbten Erkern, muschelförmigen Becken, an ausladenden Schi ldern , gebauchten Nummerntafeln. Drei Regentonnen aus un- gewöhn li che r Perspektive, ein gußeiserner Badeofen mit einer ema illi erten Wasch- schüssel in einer Art Stil leben vereint und der Müllabfuhr trotzend , eine bunt- beschmierte Wand , ein einsamer Haken auf weißem Mauerwerk. - Man sollte die- se Fotos nicht als nostalgische Impressionen sehen , vielmehr als deutliches Ja zu den lebensnotwendigen Werten der Vergangenheit, als dringenden Appell an eine äquivalente moderne Architektur, neben Zweck und Funktion auch dem mensch- li chen Urbedürfnis nach ästhetischem Wohlbefinden nachzugeben. Dir. Dr. Karl Mayer begrüßte freudig die zah lreichen Besucher (darunter viel Prominenz) und verwies mit Stolz auf seine Schüler und se ine beiden Kunsterzieher Prof. Her ibert Mader und Prof. Wolfgang Kodada. Landesrat Winetzhammer, Baureferent der oberösterre ichi schen Landesregierung , betonte das Verdienst der Schü ler, die die Finanzierung dieser Fotoaktion mit dem Ertrag eines hauseigenen Schulfestes ermöglicht haben. Prof. Mader sprach vom materialistischen Denken unserer Zeit , in der alles mit Zahlen ausgedrückt werde; um so wichtiger sei es für den jungen Menschen , sich erhöhter Erlebniswerte bewußt zu werden, die nicht mit Geld zu kaufen sind . - Die Besucher aus Steyr und anderswo zeigten großes Interesse an den großformatigen Fotos, und einige wechselten den Besitzer. Vie le Steyrer rät- se lten über den Standort einzelner Ausschnitte und Details; so llten sie jahr(zehnt)elang an diesen schönen Dingen b li ck los vorbeigegangen sein? M. Kr. FOTOGRAFIERTER DENKMALSCHUTZ Ungewöhnliches Experiment in Steyr hatte großen Erfolg ,, Neues Volksblatt ", 21. Februar 1981. - Ein eher ungewöhnlicher Versuch , Schülern die Augen für denkmalpflegerische Probleme zu öffnen , ist zwei Profes- soren des Bundesgymnasiums Steyr-Werndlpark geglückt. Anläßlich des 1000- Jahr-Jubiläums der Stadt im Vorjahr haben sie im Rahmen der bildnerischen Erzie- hung die Schüler der fünften bis achten Klassen aufgefordert, ,,Unbeme rkt es " in der auf Hochglanz gebrachten Stadt zu fotografieren. Die 57 besten Fotos werden nun in ei ner Ausstellung in der Ga lerie 7-Stern in Steyr präsentiert , die dieser Tage von Landes rat Johann Winetzhammer (Präsident des Osterreichischen Komitees für Altstadterha ltung und Revitalisierung) eröffnet wurde. - ,,Unsere Absicht war , die Schü ler auf ih re unmittelbare Umwelt aufmerksam und ihnen die Probleme der Altstadterhaltung bewußt zu machen ", erklärte Prof. Wolfgang Kodada, der zu- sammen mit Prof. Mag . Heribert Mader den „ Fotounterricht " initiiert hat. ,,Das ist uns voll geglückt , die Schüler waren begeistert , insgesamt haben sie rund 3500 Fotos geschossen. Dabei wurden Details wie Türschnallen , Glocken oder Brief- schlitze abgebildet , von denen sogar Einheimische nicht wußten, wo sie sich befinden. " 23

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