5. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1977/78

diese Art wird das Kind zu einem selbständig denkenden und bändelnden Menschen, der fähig ist, auf eigenen Füßen zu stehen, was schließlich der Sinn und Zweck der Erziehung ist. Da steht es nun vor uns, das vollkommene Wesen, das dank seiner hervorragerrden Erziehung durch und durdi menschlich geworden ist, fähig zur Verantwortung; ein Wesen, das sich nicht auf eine überstürzte Frühehe einlassen wird und sich auch nicht der „freien Liebe" verschreibt; ein Wesen, das einmal einen idealen Ehepartner, Freund, einen idealen Erzieher abgeben wird. Und wo sind die glücklichen Eitern dieses Wunderwesens? Das sind wir, wir alle! Sie genausogut wie ich haben die Chance, es zu werden, einen Bei trag zur Regeneration unserer Gesellschaft zu leisten. Sie meinen, Sie schaf fen es nidit, Ihr Kind in diesem Sinn zu erziehen? Geben Sie ihm Geschwi ster! Geschwister erhöhen die Erfolgschancen der Erziehung ungemein. Auf diese Art und Weise werden wir uns vielleicht irgendwann einmal die Berechtigung erwerben, jenes Gespenst der mißverstandenen Freiheit um zubenennen in den Geist der Verantwortlichkeit, der echten Freiheit. UNSERE WIENWOCHE Die Reise nach Wien sollte uns Eindrücke vermitteln von einer Stadt, die einst Residenz eines bedeutenden Vielvölkerreiches war, heute nur noch kul turelles und politisches Zentrum eines kleinen Staates ist. Dodi zahlreiche Erinnerungsstücke, beispielsweise viele Bauwerke, sind Wien als Andenken an die großartige Vergangenheit geblieben. Einen Hauch Vergangenheit spürten wir sofort, als wir nach einer herr lichen Fahrt über Melk, Klosterneuburg und den Leopoldsberg in Neuwaldegg ankamen, wo wir unser Quartier in einem richtigen kleinen Barockschlößchen hatten. Leider blieb uns keine Zeit, das Gebäude und den dazugehörenden Park lange genug zu bewundern, da das Konzert im Musikvereinshaus bereits um 19.30 Uhr begann. Wir alle genossen es so riditig, die Musik von Beet hoven, Berlioz, Reger und Rapf im Großen, goldverzierten, von den sechs prachtvollen Kristallustern hellerleuchteten, Saal zu hören. Am nächsten Morgen waren wir alle schon sehr gespannt auf unsere Führerin, Frau Dr. Klimesch, die uns am Heldenplatz erwartete. Entgegen allen vorsichtigen Warnungen seitens der S.B-Klasse verstanden wir uns aus gezeichnet mit ihr, da wir, dank unserer geschichtlidien Bildung, fast alle ihre Fragen beantworten konnten, die sie uns, oft ganz plötzlich, auf dem Helden platz, im Stephansdom, und in der Midiaelerkirche stellte. Am Nachmittag wurden wir auf der Rundfahrt „Modernes Wien" über die Bautätigkeit der letzten 60 Jahre informiert. Das wichtigste Ereignis des Tages aber war der Besuch in der Staatsoper, für die meisten von uns der erste in ihrem Leben. So schritten wir in der Pause von „Hoffmann's Erzählungen" durch die Prome nadesalons, bewunderten die Figuren, Mosaike und Deckenbilder, tranken Sekt im Marmorsaal und warfen unserem Klassenvorstand, der sich mit Frucht saft begnügte, mißbilligende Blicke zu. Den Vormittag des nächsten Tages verbrachten wir in der Modeschule Hetzendorf, wo wir Entwurf und Fertigung verschiedener Kleidungsstücke und

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