5. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1977/78

Unsere Französisch-Lehrerin Anne Granet Ich habe jetzt ein Schuljahr in Steyr, um meine Kenntnisse der deutschen Sprache zu verbessern, verbracht. Ich muß zugeben, daß mich am Anfang das „Steyrer Deutsch" etwas verwirrt hat. Ich habe mir die Frage gestellt, ob es richtig von mir gewesen war, daß ich mir, im Gegensatz zu meinen Studienkollegen für dieses Praktikum einen im Ausland relativ unbekannten Ort ausgewählt hatte. Wider Erwarten jedoch habe ich mich an den ober österreichischen Dialekt schneller gewöhnt, als ich dachte, und vor allem haben sich die Leute rund um mich sehr bemüht, mit mir verständlich zu sprechen. Das hat mir sehr geholfen. Für ein paar Tage war ich in Wien, einer Stadt mit einem sehr umfangreichen kulturellen Angebot. Das habe ich besonders bei der Wienwoche dank der Freundlidikeit von Herrn Profes sor Grandy erlebt. Nach Österreich bin ich zufällig durch die Lektüre von Adalbert Stifter gekommen: seine Werke haben mich teils gelangweilt, teils fasziniert durch die wunderschönen Beschreibungen der Natur. Ich bin nicht enttäuscht worden. Ich durfte an einem Schulskikurs teilnehmen, und ich wurde in Hinterglemm mit dem „Nationalsport" der Österreicher bekannt gemacht, was am Anfang nicht ohne Probleme ging. Abends habe ich in der Gaststube beobachten können, wie sich die Skifahrer nach dem schweren Tag entspannen. Meine größte Erinnerung an Österreich wird Steyr bleiben, wo ich trotz zahlreicher Ausflüge die meiste Zeit verbracht habe. Ich habe mich in dieser reizenden Stadt relativ schnell eingelebt und bei den Aufgaben, dir mir in der Schule zugeteilt waren, haben mich die Kolleginnen unterstützt, was meine ersten pädagogischen Erfahrungen ziemlich erleichtert hat. Was die Schüler betrifft muß ich sagen, daß sie im allgemeinen brav und ruhig waren. Ich habe natürlich manche widerspenstige Klasse erlebt, die mir aber ziemlich harmlos vorkamen, wenn ich an meine Schulzeit in Frankreich zurüdcdenke; denn dort sind häufig wahllose Kritik und Ablehnung üblich, was mich an meinem zukünftigen Beruf ein bißchen abschreckt. Dies sind allgemeine Probleme, die mit meinem Aufenthalt nichts mehr zu tun haben. Es ist trotzdem interessant zu bemerken, daß durch die Nivellierung der Lebensweisen in Europa noch nicht alle Linterschiede zwischen den Ländern abgeschafft worden sind.

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